Expertenwissen nicht nötig

Tools für Machine Learning im Überblick

26.10.2015
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Machine Learning-Algorithmen muss man laut Forrester nicht mehr selbst programmieren. Es gibt genügend Tools, die problemlos in Apps eingebettet werden können.
  • Forrester unterscheidet zwei grundsätzliche Herangehensweisen
  • Besonders hilfreich ist die Technologie in sich verändernden Szenarien
  • Big Data liefert den Treibstoff für die weitere Entwicklung
  • Entwickler können vom Wettrennen der Cloud-Riesen profitieren
In dieser Grafik skizziert Forrester, wie Machine Learning funktioniert.
In dieser Grafik skizziert Forrester, wie Machine Learning funktioniert.
Foto: Forrester Research

Auch IT-Analysten machen manchmal recht lustige Dinge. Mike Gualtieri von Forrester Research zum Beispiel sägt an Wassermelonen herum und schnippelt in einen Schutzanzug gehüllt Äpfel und Orangen. Er tut dies in einem Video-Blog-Eintrag, der die sechs zentralen Schritte zum Aufbau vorausschauender Modelle erläutert, die auf Machine Learning basieren. Das Video erinnert ein bisschen an die "Sendung mit der Maus" - und tatsächlich will Forrester den Anwendern vor allem die Scheu vor dem Thema nehmen. "Keine Angst", heißt es in einer Studie von Gualtieri und seinem Kollegen Rowan Curran. "Man braucht keinen Doktortitel in Computerwissenschaften, um Machine Learning in eigene Apps einzubauen."

Neue Daten machen Apps beständig schlauer

Anwendungsentwickler könnten demnach Apps viel smarter als bisher machen, in dem kontinuierlich das Nutzererlebnis eingespeist wird, Ergebnisse prognostiziert werden und beständig neue Erkenntnisse erhoben werden. Dafür müsse man gar nicht selbst Machine Learning-Algorithmen programmieren. Denn es gebe auf dem Markt Tools - sowohl kommerzielle als auch solche auf Open Source-Basis - für die Gestaltung von Modellen, die problemlos in Apps einbettet werden können.

"Früher war Machine Learning der Forschung und großen Unternehmen mit enormen Speicherkapazitäten und Processing-Budgets vorbehalten", heißt es in der Studie. "Heute profitieren die Anwender von einem großen Markt von kommerziellen Tool-Anbietern, Machine-Learning-Services und Open Source-Tools, die Zugang zu den Erkenntnissen ermöglichen."

Defintion von Machine Learning

Forrester definiert Machine Learning als Feld der Informatik, in dem neue Algorithmen entwickelt und ständig verbessert werden. Und zwar mit dem Ziel der automatischen Datenanalyse, um Muster zu identifizieren und Ergebnisse vorauszusagen. Es gebe dabei Dutzende spezieller Algorithmus-Arten, bis hin zur Analyse von Gesichtsausdrücken auf Fotos und in Videos.

Das Besondere dabei ist, dass mit der Analyse neuer Daten alles immer schlauer wird. Dazu ein Beispiel: Eine Kaufempfehlungs-Software, die Machine Learning nutzt, nimmt die Geschmacksvorlieben von "Game of Thrones"-Zuschauern unter die Lupe und identifiziert dabei wiederkehrende Muster. Sobald die Daten einer neuen Testperson hinzukommen, wird antizipiert, ob diese die Serie ebenfalls mag. Entpuppt sich die Vorhersage als falsch, wird der Machine Learning-Algorithmus mit der neuen Information gefüttert und auf diese Weise beständig angepasst.

Grundsätzlich zu unterscheiden sind nach Forrester zwei Ansätze:

  • Erstens beaufsichtigtes Machine Learning, bei dem Algorithmen mit korrekten Antworten trainiert werden, so dass sie Zielvariablen identifizieren oder prognostizieren können. Diesen Ansatz kann man sich etwa bei der Gestaltung von Predictive Models zu Nutze machen.

  • Zweitens unbeaufsichtigtes Machine Learning, das Muster und Antworten in unbekannten, auch unstrukturierten Datensätzen erkennt. Dadurch lassen sich zum Beispiel Informationen aus Social Media-Posts gewinnen.

Digitaler "Butler" antizipiert Kundenwünsche

Apps werden laut Studie durch Machine Learning in hohem Maße anpassungsfähig. Sie mutieren gleichsam zu einem "digitalen Butler", der den Kunden bei Bedarf dient und im Lauf der Zeit immer besser lernt, ihre Wünsche vorauszuahnen. Machine Learning-Apps müssen dafür User-Bedürfnisse antizipieren und auf veränderte Umstände reagieren können. "Machine Learning brilliert in Szenarien, in denen die bestmögliche Empfehlung, das ideale Verhalten oder das optimale Ergebnis sich wahrscheinlich verändern", so Gualtieri und Curran.

Die Analysten veranschaulichen das an einer Reihe von Use Cases. Machine Learning kann etwa Menüs und Monitor-Funktionalitäten an persönliches Verhalten anpassen. Man logt sich zum Beispiel in seine mobile Banking-App ein - und weil man dabei als erstes eine Überweisung zu tätigen pflegt, erscheint sogleich die dafür richtige Maske.

Höchst hilfreich können auch antizipierende Informationen sein, etwa bei der Betrugserkennung. Eine Fraud Identification-Apps kann via Machine Learning selbständig neue Datenebenen erkennen und die Compliance-Verantwortlichen über die neu auftauchenden Muster informieren.