Strukturelle Probleme

TK-Riesen sind nicht immun gegen die Krise

20.05.2009
Die Krise trifft die TK-Branche nicht so hart wie andere Sektoren. Dennoch geraten selbst die großen Anbieter unter Druck, und die Konsolidierung dürfte unvermindert weitergehen.

"Telefoniert wird immer!", riefen die Chefs der großen Telekomunternehmen zu Beginn des Jahres noch zuversichtlich auf den großen Branchentreffen, wenn die Sprache auf die Wirtschaftskrise kam. Doch inzwischen ist die Stimmung in der Branche etwas kleinlauter geworden. Nach der Gewinnwarnung der Deutschen Telekom und gekappten Prognosen anderer europäischer Wettbewerber geben selbst die Platzhirsche Telefónica und Vodafone zu, dass sie die Wirtschaftsflaute in einigen Bereichen und Märkten spüren. Insgesamt stehen die Telekomunternehmen aber immer noch weitaus stabiler da, als andere Brachen, sagen Experten. In Zeiten der Krise treten allerdings die strukturellen Probleme des Telekommarktes stärker hervor.

"Es wäre falsch zu sagen, die Krise geht spurlos an den Telekomfirmen vorbei", sagt Sal.Oppenheim-Analyst Frank Rothauge. Im Vergleich zu anderen Branchen fielen die Auswirkungen aber weitaus weniger verheerend aus. Weltweit sieht Rothauge für die Telekombranche ein Umsatzrisiko von ein bis drei Prozent. Absatzeinbrüche wie in der Autobranche hätten die Telekomunternehmen nicht zu befürchten.

Doch in einigen Bereichen gibt es bereits deutliche Anzeichen der Krise: So fallen vor allem die Mobilfunk-Einnahmen mit Geschäftskunden schmaler aus als bisher. Weil Firmen ihre Geschäftsreisen streichen, sinken zum Beispiel die Roaming-Einnahmen von Mobilfunkanbietern. "Geografisch gesehen schlägt die Krise vor allem in den USA und Osteuropa durch", erklärt Telekomexperte Roman Friedrich von der Unternehmensberatung Booz & Co. Grundsätzlich leide die Telekombranche in den Ländern stärker, wo das Bruttosozialprodukt schrumpfe.

Da die Telekomunternehmen allerdings mit ihren Netzen hohe Fixkosten stemmen müssen, tut auch ein verhältnismäßig moderater Umsatzdruck durch die Krise weh. Schon seit Jahren kämpfen Telekom, Vodafone & Co. auf den gesättigten Märkten in Westeuropa mit sinkenden Preisen im Mobilfunk- und Festnetzgeschäft. Im Mobilfunk komme zu dem ohnehin wettbewerbsintensiven Umfeld noch regulatorische gewollte Preissenkungen hinzu, sagt Analyst Rothauge und verweist auf Entscheidungen zu Terminierungsentgelten und Roaming. Selbst zweistellige Wachstumsraten bei den Datendiensten konnten die Rückgänge nicht ausgleichen, räumte Vodafone-Chef Vittorio Colao am Dienstag bei Vorlage der Jahreszahlen ein.

"Das wirtschaftliche Umfeld verstärkt die strukturellen Probleme des Telekommarktes", erklärt Ray Dogra von der Unternehmensberatung Accenture. Sparprogramme laufen bereits. Vodafone will nun versuchen, noch schneller die Sparziele zu erreichen. Auch der Chef der niederländischen KPN kündigte erst kürzlich an, noch stärker an der Kostenschraube drehen zu wollen.

Nach Meinung des Booz-Experten Friedrich dürfte die Krise trotz aller Widerstandskraft der Telekomunternehmen ihre Spuren in der Branche hinterlassen. "Die Krise wird zu einer stärkeren Spreizung zwischen Starken und Schwachen führen." Die großen, finanziell gut ausgestatteten Spieler hätten noch die Möglichkeit, zu investieren. Dabei gehe es nicht nur um Innovationsthemen wie Internet auf dem Handy oder die steigende Nachfrage von Geschäftskunden nach Video-Konferenzen, sondern auch um Akquisitionen. In Deutschland scheint die langerwartete Konsolidierung auf dem DSL-Markt mit dem Verkaufsprozess für die Telecom-Italia-Tochter HanseNet in Gang zu kommen. Vodafone und Telefónica haben bereits unverbindliche Angebote abgegeben. "Nur wer über die finanziellen Mittel und die finanzielle Stärke verfügt, kann die Krise als Chance nutzen", sagt Friedrich. (dpa/ajf)