Shareholder-Value-Denkweise läßt kaum Spielraum für Softwarefreaks

TK-Branche sucht den teamfähigen Spezialisten

24.10.1997

Die TK-Branche - in erster Linie die private Konkurrenz der Telekom - steht in den Startlöchern, um für die Zeit nach dem 1. Januar 1998 gerüstet zu sein. Mit dem Wegfall des Telekom-Monopols erwarten Branchenexperten, daß die Unternehmen Personal aufstocken. Zum Teil tun sie das jetzt schon. So hat Otelo angekündigt, jährlich etwa neue 600 Mitarbeiter an Bord zu nehmen, und auch Viag Interkom will noch in diesem Jahr einige hundert Kandidaten einstellen.

Nach Analysen der Eutelis Consult Personalberatung, die regelmäßig Printmedien inklusive der CW auswertet, werden Netzwerkspezialisten, die für den Aufbau, Betrieb, Beratung und Entwicklung von Inhouse-, Fest- und Mobilnetzen verantwortlich zeichnen, am meisten gesucht. Mit Abstand folgen freie Stellen in Vertrieb und Marketing.

Als Netzwerkspezialisten wünschen sich die suchenden Unternehmen laut Eutelis Informatiker und Ingenieure, letztere aus dem Gebiet der Nachrichtentechnik. Vor einiger Zeit erwarteten Unternehmen von ihren Netzwerkexperten noch primär Fach-Know-how, jetzt geht der Trend nach Meinung von Personalprofis auch für diese Berufsgruppe mittlerweile eindeutig in Richtung Kunden- und Serviceorientierung.

Laut dem EMC Medienservice in Hamburg, der die Stellenanzeigen in 40 Tageszeitungen und der CW analysiert hat, sucht die TK-Branche, wenn es um die Besetzung von DV-Positionen geht, in erster Linie Programmierer für die Anwendungsentwicklung und Systemexperten. Dabei favorisieren die TK-Einsteller eindeutig den gelernten Informatiker. In 729 Offerten wurde Informatikstudium verlangt, und in 634 Anzeigen suchten die Unternehmen DV-Spezialisten ohne Angabe der Ausbildung. Erst danach folgen die Ingenieure der Nachrichtentechnik (615) und Elektrotechnik (225) sowie Betriebswirte (140).

Zum gleichen Ergebnis kommt Eutelis. "Durch das Zusammenwachsen von Telekommunikation und Informationstechnik werden die IT-Spezialisten von allen TK-Firmen stark hofiert", so Thomas Küpper, Leiter der Eutelis Con- sult Personalberatung. Von den Bewerbern werde allerdings ein "zügiger Studienverlauf mit guten Abschlußnoten erwartet".

Für Michael Müller-Berg, Regionalleiter West der Viag Interkom GmbH & Co. in Ratingen bei Düsseldorf, sind es vor allem die "fachlichen Fähigkeiten sowie die Persönlichkeit", auf die im Rekrutierungsprozeß geachtet wird. Schul- und Examensnoten seien von sekundärer Bedeutung, aber trotzdem wichtiger Teil des Gesamtbildes.

Besonderen Wert legen Personalentscheider laut Küpper auf kundenfokussiertes, betriebswirtschaftliches sowie lösungsorientiertes Denken und Handeln.

Introvertierte Software-Freaks haben "kaum noch Chancen in einer Arbeitswelt, die vom Shareholder-Value-Denken geprägt ist". Sehr gute Englischkenntnisse seien im Zuge der Globalisierung mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Auslandstätigkeiten gelten daher allgemein als Indikatoren für Mobilität und Flexibilität.

"Telco-Business is People-Business", formuliert es Müller-Berg. Das bedeute, daß neben einer gefestigten Persönlichkeit vor allem die sozialen Kompetenzen immer stärker gefragt seien. Dazu zählten eine ausgeprägte Teamfähigkeit über Abteilungs-, Bereichs- und zum Teil auch über Unternehmensgrenzen hinweg, die aufgrund der zunehmenden Tätigkeit in Projekten immer wichtiger wird. "Denken in Hierarchien ist nicht mehr State of the art", ergänzt Küpper.

Für ihn zählt die Kunden- und Serviceorientierung ebenfalls in die Kategorie der individuellen und überfachlichen Qualifikationen. Dazu gehöre die Bereitschaft, sich ständig, selbst nach Projektabschluß, konstruktiv mit den Kunden auseinanderzusetzen, ihre Wünsche zu antizipieren und just-in-time adäquate Lösungen, die den Nutzen herausstellen, anzubieten. Die Kunden würden es in Form von Folgeaufträgen danken.

Diese Dienstleistungsorientierung sei "bekanntlich den Deutschen nicht in die Wiege gelegt worden". Geeignete Personalentwicklungs-Maßnahmen schafften hier Abhilfe und dem Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, ist der Eutelis-Manager überzeugt.

Ebenso wichtig sei eine anhaltende Lernbereitschaft. "Wer sich nicht auch autodidaktisch ständig weiterbildet, hat sehr schnell den Know-how-Anschluß verloren", so Küpper. Natürlich müßten hier die Personalabteilungen aktiv werden. "Wer mit der rasanten technischen Entwicklung Schritt halten will, sollte entsprechendes Training anbieten", lautet die Forderung des Personalberaters an die Adresse der Arbeitgeber.