So finden Sie den "richtigen Draht"

Tipps zur Gesprächsführung

01.08.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Die Botschaft kommt nicht an

Anders erlebt der Mitarbeiter die Situation. Er denkt: "Jetzt spricht mein Chef endlich mal mit mir unter vier Augen und was macht er: Er fragt mich nicht mal, wie es mir geht. Stattdessen haut er mir Zahlen um die Ohren und fordert von mir, dass ich mehr arbeite - gerade so, als hätte ich bisher auf der faulen Haut gelegen." Das, was der Bereichsleiter seinem Mitarbeiter eigentlich sagen möchte, kommt bei diesem also entweder gar nicht an, oder er bekommt die Info, bildhaft gesprochen, in den falschen Hals.

Alle Aussagen werden im Gehirn bewertet

Dass der Mitarbeiter auf das Verhalten und die Aussagen seines Chefs so reagiert, liegt nicht daran, dass er eine Mimose ist - das unterstellen Führungskräfte ihren Mitarbeitern gern. Nein, der Mitarbeiter kann nicht anders reagieren - zumindest wenn er nicht weiß, was für ein Typ sein Vorgesetzter ist, um dessen Worte sowie Verhalten folglich adäquat einordnen kann.

Aus folgendem Grund: Wenn eine andere Person etwas zu uns sagt, dann bewertet das limbische System in unserem Gehirn zunächst einmal diese Aussage. Aufgrund unseres Wertesystems entscheidet es, ob die Aussage zum Beispiel eher wichtig oder unwichtig, gut oder schlecht, spannend oder langweilig ist. Erst danach leitet das limbische System die Information verknüpft mit der betreffenden Emotion an das Großhirn weiter, und entsprechend reagieren wir anschließend auch.

Verarbeitung von Außenreizen

Führungskräfte sollten deshalb, damit ihre Botschaften ankommen, diese so verpacken, dass sie vom limbischen System des jeweiligen Mitarbeiters als bedeutsam empfunden werden; des Weiteren, dass sie möglichst viele positive Assoziationen sowie Emotionen auslösen. Zum Beispiel: Mein Chef vertraut mir, deshalb informiert er mich so detailliert. Oder: Mein Chef traut mir zu, dass ich einen positiven Beitrag zum Bewältigen der Krise leisten kann.

Dies ist leichter gesagt als getan. Denn um unsere Botschaften so zu verpacken, müssen wir zunächst wissen: Welchen Kommunikations- und Denkstil und welches Wertesystem hat mein Gegenüber? Dies lässt sich mit Persönlichkeitstests ermitteln, wie sie häufig im Rahmen von Personalauswahlverfahren eingesetzt werden. Solche Tests kann man aber nicht immer durchführen.

Ein Produktentwickler kann zum Beispiel zu seinem Vorgesetzten, bevor er ihm seine Ideen präsentiert, nicht sagen: "Chef, fülle erst mal den Test aus, bevor ich …" Ebenso verhält es sich bei Verkäufern vor Verkaufsgesprächen und Vertragsverhandlungen. Also brauchen wir andere Instrumente, um zu ermitteln: Auf diesen Kommunikationsstil sollte ich setzen, weil ...