Hinter die Fassade schauen

Tipps für die Stellenbesetzung

07.10.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

"Was würden Sie tun, wenn ...?"

Hat der Bewerber diese Information, sollten Sie ihm erneut Fragen stellen - und zwar zu typischen Situationen und Herausforderungen, mit denen der künftige Stelleninhaber konfrontiert sein wird. Zum Beispiel: "Stellen Sie sich vor, ein Schlüsselkunde beschwert sich darüber, dass ... und droht die Zusammenarbeit zu beenden. Was würden Sie tun?"

Insbesondere wenn es um das Besetzen von Schlüsselpositionen geht, sollten sich Ihre Fragen nicht nur auf die aktuelle Unternehmenssituation beziehen. Schließlich soll der neue Mitarbeiter viele Jahre für Ihr Unternehmen arbeiten und seinen Beitrag zu dessen Weiterentwicklung leisten. Stellen Sie ihm also auch Fragen wie: "Wir möchten unsere Reaktionszeit auf Kundenanfragen verkürzen. Wie würden Sie dieses Thema angehen?" Wenn beim Gespräch auch ein Kollege aus dem betreffenden Fachbereich anwesend ist, können Sie den Bewerber auch kurz mit diesem über die mögliche Lösung diskutieren lassen, um sich anschließend zu fragen:

  • Welche neuen Erkenntnisse habe ich gewonnen?

  • Wie reagierte der Bewerber auf andere Meinungen? Und:

  • Wie verarbeitete er neue Informationen?

Dann wird meist schnell klar, ob der Kandidat der "Richtige" ist.

Wer bei Bewerbern hinter die Fassade blicken möchte, sollte einigermaßen routiniert im Führen von Gesprächen und Interviewen von Personen sein. Sonst reißen eloquente und selbstbewusste Bewerber schnell die Gesprächsführung an sich. Gerade untrainierte Führungskräfte sollten deshalb, wenn Bewerbungsgespräche anstehen, überlegen: Ziehe ich zum Gespräch einen Kollegen hinzu?

Dies hat auch den Vorteil, dass im Gespräch eine Arbeitsteilung möglich ist. Während Sie zum Beispiel primär das Gespräch führen, achtet Ihr Kollege vor allem auf die nonverbalen Aussagen des Bewerbers, die oft aussagekräftiger als die verbalen sind. Außerdem notiert er sich stichwort-artig die wichtigsten Aussagen und Beobachtungen. Sonst ist die Gefahr groß, dass nach dem fünften Interview niemand mehr weiß, was der erste Bewerber sagte und wie er reagiert hat.