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Tipps für den SAP-Betrieb

12.11.2008
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Wartung optimieren

Seit SAP zunächst für Neukunden und dann auch für seine Bestandsklientel die Wartungsgebühren erhöht hat, formiert sich der Widerstand. "In verschiedenen Unternehmen wird schon darüber diskutiert, ob die Wartung überhaupt noch notwendig ist", berichtet Axel Susen, Geschäftsführer von Susen Software und Initiator des Anwenderkreises Seestern Forum. Gerade die alten R/3-Module liefen seit Jahren stabil, die Fehler seien behoben, und Firmen, die keine Weiterentwicklung benötigten, könnten die entsprechenden Lizenzen eventuell aus der Wartung nehmen.

"Die Entscheidung, ob ein Kunde den neuen Wartungsvertrag der SAP unterschreiben soll, kann ich niemandem abnehmen", beschreibt Michael Sandmeier, Geschäftsführer des Lizenz-Management-Spezialisten Thescon, seinen Standpunkt. Das Risiko müsse jeder Anwender für sich selbst abwägen. Firmen mit SAPs Human-Resources-Lösung (HR) werden sich Sandmeier zufolge beispielsweise mit einer Weigerung schwertun, da sie zum Jahreswechsel die Legal Packages von SAP benötigen, um gesetzliche Änderungen in ihrem System abzubilden. Außerdem sei nicht transparent, was diese Erweiterungspakete einzeln ohne gültige Wartung kosten würden. Wer dagegen nicht auf Erweiterungen von SAP angewiesen ist, könnte es darauf ankommen lassen und die ersten Wochen im neuen Jahr ohne gültigen Wartungsvertrag über die Bühne bringen.

Tipp

Wer neue Lizenzen bei SAP kauft, bekommt automatisch den neuen Wartungssatz von 22 Prozent. Bestandskunden haben von SAP eine Änderungskündigung ihres bestehenden Vertrags erhalten, die eine stufenweise Anhebung der Supportgebühren bis 2012 auf ebenfalls 22 Prozent vorsieht. Die Bedenkzeit, den neuen Wartungsvertrag zu unterzeichnen, läuft bis Ende des Jahres. Bevor Sie den neuen Vertrag unterschreiben, sollten Sie sich einen Überblick über ihren Lizenzbestand verschaffen und verhandeln. Jetzt ist die passende Gelegenheit, Fehler aus der Vergangenheit auf den Verhandlungstisch zu bringen und auszubügeln. Vorsicht: Wenn Sie neue Lizenzen kaufen, achten Sie darauf, dass SAP mit dem neuen Vertrag nicht auch automatisch ihre alten Verträge sofort auf den neuen Wartungssatz umstellt.

Aspera-Geschäftsführer Beaupoil warnt SAP-Kunden vor übereilten Wartungs-Entscheidungen, wenn diese nicht genutzte Lizenzen im System entdecken. Es empfehle sich nicht, sofort die gesamte überzählige Software aus der Wartung zu nehmen. Vielmehr sollten die Anwenderunternehmen zukünftige Bedarfe in die Überlegungen einbeziehen. Stellt ein Kunde fest, dass von seinen 1000 SAP-Usern nur noch die Hälfte das System nutzt, kann er für 500 Lizenzen die Wartung kündigen. Braucht er aber ein Jahr später 100 zusätzliche User, muss er die zuvor entstandene Wartungslücke nachzahlen. "Anwender sollten deshalb nicht zu knapp kalkulieren und nur auf die Kosten schielen", empfiehlt Beaupoil, "sondern auch die weitere Entwicklung ihres SAP-Systems in der Planung berücksichtigen." Die Wartung kündigen sollten Unternehmen nur dann, wenn sie genau wissen, dass die Zahl der SAP-User dauerhaft sinken wird.

Unordnung im Lizenzbestand kann teuer werden. Analysten geben Tipps, wie Sie Ihr Lizenz-Management in den Griff bekommen.
Unordnung im Lizenzbestand kann teuer werden. Analysten geben Tipps, wie Sie Ihr Lizenz-Management in den Griff bekommen.

Gerade angesichts der Erhöhung der Wartungsgebühren durch SAP könnten Supportangebote von Drittanbietern in Zukunft für die Anwender attraktiver werden, glaubt Thescon-Geschäftsführer Sandmeier. Derzeit sei allerdings das Risiko noch zu groß. Er habe eigentlich damit gerechnet, dass Wettbewerber wie beispielsweise Oracle entsprechende Angebote aufbauten. Die Anwender müssten sich jedoch der Folgen bewusst sein, mahnt der Manager. Wenn SAP eine neue Produktgeneration auf den Markt bringt, muss diese neu lizenziert werden. Dabei rechnet der Hersteller den Wert der alten Lizenzen an. Dieses Modell dürfte für Nutzer von Drittwartungsangeboten kaum greifen, vermutet Sandmeier. Kunden, die sich auf alternative Wartungsdienste einließen, frören ihren Release-Stand ein und steuerten damit auf ein Ende ihrer SAP-Anwenderschaft zu.

Anwender müssten in puncto Wartung genauer differenzieren, warnt auch Beaupoil. Die Wartung einer Software beinhaltet das Recht der Anwender auf Fehlerbehebung und neue Versionen der Anwendung. "Das kann ein Drittanbieter logischerweise nicht leisten." Im Servicebereich sehe das jedoch anders aus. Probleme von Anwendern im Applikationsbetrieb könnten genauso gut Experten eines Drittanbieters lösen.

Drittanbieter für Wartung

Bislang gibt es nur wenige Serviceanbieter, die Wartungs- und Supportdienste für Fremdsoftware anbieten:

Rimini Street: Der US-amerikanische Dienstleister hat mit Services für Peoplesoft- und J.D.-Edwards-Software angefangen und bietet seit diesem Jahr auch SAP-Support an (www.riministreet.com).

HTC Inc: Der indische Dienstleister bietet unter anderem auch Wartungsdienste an (www.htcinc.com).

Beide Unternehmen sind bis dato hierzulande noch nicht aktiv. Es gibt jedoch Anzeichen, dass die Wartungsanbieter ihr Geschäft ausweiten und ihre Fühler nach Deutschland ausstrecken.

Oft gibt es Beaupoil zufolge allerdings keinen Sinn, über Alternativanbieter nachzudenken. Viele Softwarehersteller werfen heute Wartung wie Service in einen Topf und bieten ihren Kunden nur noch Komplettpakete an. "Damit machen sie den Drittanbietern im Grunde den Markt kaputt." Nur wenn die Positionen Wartung und Service getrennt buchbar seien, kann es sich lohnen, Drittanbieter in Betracht zu ziehen. Interessant werden Drittangebote, wenn ein Kunde beispielsweise für eine ältere Software keine Wartung mehr benötigt. Fehler sind im langjährigen Betrieb in aller Regel ausgeräumt und die umfassenden Supportangebote der Hersteller damit überdimensioniert. Anwenderunternehmen, die sich nur für Problemfälle im Betrieb absichern wollen, sollten für diese Anwendungen Serviceangebote von anderen Anbietern nachfragen, die deutlich günstiger ausfallen können als die Wartung des Softwareherstellers.