BVBBVIT-Studie "Quo vadis IuK-Branche?" vorgestellt

Time-to-market: IT-Firmen sehen Handlungsbedarf

12.06.1998

Grundsätzliches Anliegen der vom Mannheimer Beratungsunternehmen Wietler + Partner erstellten Studie "Quo vadis IuK-Branche?" ist die Klärung der Frage: Haben sich die Unternehmen der IuK-Branche vorwiegend marktorientiert weiterentwickelt oder sind sie in ihrer Geschäftsausrichtung nach wie vor weitgehend Technologie-getrieben?

Die Antworten darauf fallen zum Teil recht deutlich aus. 43 Prozent der Firmen sind demnach unzufrieden mit ihrer Umsatzrendite, allerdings nimmt der Grad der Zufriedenheit mit der Größe des Unternehmens zu.

78 Prozent bemängeln intern den entschieden zu langen Produktentwicklungsprozeß. Mit anderen Worten: Man sieht durchaus Defizite beim vielzitierten "Time-to-market", der Zeitspanne von der Produkt- beziehungsweise Projektidee bis zur Markteinführung. Darüber hinaus gaben 75 Prozent der Teilnehmer an, 60 Prozent ihres Umsatzes mit Bestandskunden zu generieren. Dies mache, so die Autoren der Studie, die "Bedeutung des Faktors Kundenentwicklungsmaßnahmen deutlich". Vor allem im systematischen Messen der Kundenzufriedenheit zur Erstellung eines "Kundenbarometers" sowie beim Einsatz von Reklamationssystemen, die dazu geignet sind, Mängelhäufigkeiten schnell zu erkennen und zu beheben, lägen noch "große Reserven".

Daß innerhalb der deutschen I+K-Branche in Sachen Kundenorientierung noch einiges im argen liegt, läßt sich auch noch mit anderen Ergebnissen der Untersuchung belegen. Nur rund ein Drittel der Unternehmen hat zeitgemäße Vertriebs- und Marketing-Steuerungsysteme sowie Lösungen zur Kundenverwaltung im Einsatz, also Techniken wie Call Center oder Software, mit der sich ein Customer Asset Management realisieren läßt. Allerdings gibt es hier bereits einen hohen Anteil an Insellösungen.

Zudem wollen über 80 Prozent der befragten Firmen wollen diesem Thema in Zukunft eine deutlich höhere Priorität einräumen. Vor allem größere Firmen geben der Kundenbindung einen höheren Stellenwert als dem Neukundengeschäft, stellt die Studie in diesem Zusammenhang fest.

Überdies sehen die befragten Unternehmenslenker die zu hohe Belastung weniger, hochqualifizierter Mitarbeiter als nachteilig für die Termineinhaltung an. Denn obwohl vielfach die Mitarbeiterqualität als Erfolgsfaktor zur Kundenbindung höher bewertet wird als Produkt- und Preisqualität, werden andererseits Schwierigkeiten eingeräumt, kompetente Mitarbeiter zu finden beziehungsweise intern zu fördern. Dennoch nehme, wie es in der Untersuchung weiter heißt, die "Führungskultur" mit der Unternehmensgröße zu. Dies zeige sich unter anderem in der Förderung von Mitarbeitern beziehungsweise der Einbeziehung deren Meinungen sowie Zielvereinbarungen und transparenten Leistungsbeurteilungen.

Diesem zeitgemäßen Führungsanspruch stünde allerdings eine "bemerkenswert hohe Anzahl" an Hierarchieebenen, insbesondere bei den kleinen und mittleren Unternehmen, im Verhältnis zur Mitarbeiterzahl gegenüber. So verfügen rund acht Prozent der befragten Firmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern und etwa 13 Prozent der Unternehmen mit 100 bis 250 Mitarbeitern über mindestens vier Management-Stufen. Dies lasse, wie die Autoren vorsichtig andeuten, "Reserven in Richtung Delegation und Geschäftsprozeßoptimierung vermuten".

Welche Konsequenzen lassen sich für die deutsche IuK-Branche aus diesen (Selbst-)Erkenntnissen ziehen? Prinzipiell sei, wie es im Schlußkapitel der Untersuchung heißt, die Veränderung der ursprünglich rein technischen Ausrichtung der Hersteller und Anbieter zugunsten einer stärker marktorientierten Ausprägung der Geschäftsstrategie zu erkennen. Dennoch ist insgesamt noch eine überwiegende Techniklastigkeit spürbar. Dies betreffe hauptsächlich die Bereiche Vertrieb und Beratung, gelte aber in angepaßter Form für alle Funktionen mit Kunden- und Interessentenkontakt. Dabei gehe es weniger um Tricks und Tips im Verkauf, sondern um die Fähigkeit, sich auf Gesprächspartner einzustellen und unter Berücksichtigung der jeweils unterschiedlichen Interessenlagen langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Zunehmend werde jedoch erkannt, daß das Erhalten von Kunden ebenso wichtig ist wie das Gewinnen von Neukunden. Zumindest bei einer detaillierten Kostenbetrachtung werde deutlich, wie aufwendig es ist, einen verlorenen Kunden durch einen neuen zu kompensieren.

Insgesamt gaben im Rahmen der Studie die Vorstände von 78 deutschen IT-Unternehmen, zwei Drittel davon Mitglieder im BVB oder BVIT, zu Untersuchungskriterien wie "Kundenorientierung", "Qualität der Marktbearbeitung", "Produktivität", "Ziel- und Ergebnisorientierung" sowie "Führungskultur" Selbstauskunft.

Methodik der Studie hebt den Mittelstand hervor

Der mit 33 Prozent größte Anteil ist im Software-Geschäft tätig, gefolgt von Beratungs- und Schulungsunternehmen (20 Prozent) sowie Anbietern von TK-Diensten (elf Prozent). Mit 47 Prozent ist dabei die Gruppe von Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 50 und 250 am stärksten repräsentiert - die, wie es in der Studie heißt, typische Größenordnung mittelständischer Software- und Systemhäuser. 40 Prozent der Firmen gaben an, weniger als 50 Angstellte zu beschäftigen; drei Prozent sind Großkonzerne mit mehr als 2500 Mitarbeitern. Auch bei der Teilnehmerstruktur nach Umsatzgrößen spiegelt sich in der Untersuchung der Mannheimer Consultants die Bedeutung des Mittelstands für die hiesige IuK-Branche wider: Nur sieben Prozent der befragten Vorstände deklarierten für ihr Unternehmen einen Umsatz, der 500 Millionen Mark übersteigt. 67 Prozent der Firmen weisen indes jährliche Einnahmen von weniger als 50 Millionen Mark aus.