Wie eine Paella

Theorie und Praxis des perfekten Teams

06.04.2014
Von 
Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.
Schlaue Regeln, wie ein ideales Team auszusehen hat, gibt es viele. Doch wie sieht es in der Realität aus? Wir haben bei CIOs nachgefragt.

Wenn eine gute Fee dem Projektleiter das perfekte Team zusammenstellen könnte, er würde sich nicht fünf Mal die gleiche Sorte Mensch heraussuchen: "In einem gut funktionierenden Team brauche ich unterschiedliche Typen. Zum Beispiel jemanden, der tiefgründig arbeitet, einen analytisch begabten Menschen, einen mit Fachwissen und einer, der das Team zusammenhält", rät Mareike gr. Darrelmann, Trainerin und Potenzialcoach von Karriereservice. Sinnvoll seien auch ein Caretaker, der ein gutes Gefühl für die Gruppe hat, diejenigen, die Dinge abarbeiten, und der Querdenker, der kreativ arbeitet und auch mal andersrum denkt und risikobereiter ist. "Wer solche Menschen gemischt im Team hat, erreicht eine hohe Produktivität", sagt Darrelmann.

Gute Feen sind selten

Keine gute Fee, sondern Karriercoach: Mareike gr. Darrelmann.
Keine gute Fee, sondern Karriercoach: Mareike gr. Darrelmann.
Foto: Karriereservice

Nur sind gute Feen leider Mangelware und dass sich Entscheider die Kandidaten für ein Projektteam immer aussuchen kann, davon können sie nur träumen. "Man muss sich immer überlegen, welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Pool an Talenten ist ja leider nicht unerschöpflich", sagt etwa Bernhard Winkler, CIO der Automotive Lighting Reutlingen GmbH. Von extern endlos Ressourcen zu zukaufen, geht nicht. Wie lässt sich ein gutes Team mit den Mitteln und Mitarbeitern, die vorhanden sind, zusammenstellen?

Lauter Kumpel im Team?

Ein paar klare, "Typen"-unabhängige Regeln gibt es: "Als Führungskraft würde ich darauf achten, dass ich mir Leute ins Team hole, die auch etwas können, was ich selber nicht kann, und dass die Leute sehr unterschiedlich sind", sagt Darrelmann. Zwar verstünden sich Menschen besser, die Gemeinsamkeiten hätten. "Aber eine sehr harmonische Zusammenarbeit ist nicht immer produktiv. Erst durch kontroverse Ansichten und Herangehensweisen entstehen neue Ideen", erklärt die Expertin. Dass es Konflikte gebe, sei normal.

Unterschiedliche Charaktere in einem Projekt sind eine Chance und nicht eine Bedrohung.
Unterschiedliche Charaktere in einem Projekt sind eine Chance und nicht eine Bedrohung.
Foto: Sylwia Novik - Fotolia.com

Dieser Art der Teamzusammenstellung kann CIO Winkler nur zustimmen: "In einem sehr Konsens-orientierten Team kann es sein, dass die Mitarbeiter die Probleme nicht erkennen", sagt er. "Da ist es gut, einen Skeptiker im Team zu haben, der auf die kritischen Punkte achtet." In größeren Projekten sei das kein Problem, denn Kritiker seien automatisch mit dabei. Auf die Schwachpunkte muss dabei nicht immer nur der Fachexperte hinweisen: "Selbst jemand, der fachlich weniger gut ist, kann trotzdem kritische Fragen stellen und ist damit wertvoll", sagt Jürgen Skirde, CIO des Bergbauunternehmens RAG AG.

Von allein kämen die unterschiedlichen Charaktere und damit Konflikte ins Team, wenn die Leute international zusammengesetzt seien, meint CIO Winkler. "Ich denke, dass die unterschiedlichen Mentalitäten unterschiedliche Soft Skills mit hineinbringen. Das kann sehr positiv für ein Team sein", sagt er. Natürlich müsse ein Teamleiter auf die kulturellen Unterschiede acht geben. "Aber diese Kombination kann extrem wertvoll sein."

Guter Umgang mit Konflikten nötig

Internationalität arbeitet es sich besser: Bernhard Winkler, Head of IT Region bei Automotive Lighting Magneti Marelli.
Internationalität arbeitet es sich besser: Bernhard Winkler, Head of IT Region bei Automotive Lighting Magneti Marelli.
Foto: Joachim Wendler

Wo produktive Konflikte hoch kommen, muss der Umgang mit ihnen professionell sein: "Im Team braucht man Wertschätzung füreinander", mein CIO Skirde. "Es kann bei Besprechungen schon mal laut werden - aber zehn Minuten später ist das schon wieder vergessen." Manchmal müsse er da schon den Mediator spielen. "Aber eine gute Streitkultur muss es geben, damit die Teamarbeit erfolgreich ist", sagt Skirde. Nur so können unterschiedliche Charaktere gemeinsam arbeiten, wie etwa er und sein Stellvertreter. "Mein Stellvertreter ergänzt mich", erklärt CIO Skirde. Weil sie so unterschiedlich seien, könnten sie so gut zusammenarbeiten. "Da sind wir wie eine Familie", scherzt er. Die ist auch nicht immer harmonisch - hält aber trotzdem zusammen.

Kommunikation ist alles

Für echtes Teamwork ist eine gute Kommunikationsebene wichtiger als Gemeinsamkeiten: "Die Führungskraft muss eine Ebene schaffen, und Kommunikationsregeln etablieren - am Besten zusammen im Team", sagt Darrelmann. Klare Regeln seien umso wichtiger, je größer das Team sei. "Vor allem, wenn das Team verteilt ist über mehrere Städte, ist regelmäßiger Austausch sehr wichtig. Sonst können aus anfänglich kleinen Streitigkeiten schnell ernsthafte Probleme werden", sagt Darrelmann.

Die Kommunikation kann bei IT-Spezialisten ein Problem sein, meint Darrelmann: IT-Entscheider müssen stark auf das technische Know-How achten. "Die fachliche Kompetenz ist extrem wichtig", sagt CIO Winkler. "Die IT ist so komplex und die Arbeitsteilung so hoch, da braucht man Experten", stimmt CIO Skirde zu. Das kann zu Problemen führen: "Es wird oft weniger darauf geschaut, ob die Menschen im Team auch zusammen passen - und ob sie professionell und konstruktiv miteinander kommunizieren können", sagt Darrelmann. Mitunter hat ein Projektleiter lauter Fachspezialisten, die nicht zusammen arbeiten, weiß sie zu berichten. Das kann ein Team und dessen Arbeit zerstören. Doch CIOs sehen das inzwischen ganz anders.