Thema verfehlt, Kaeufer vergraetzt

08.09.1995

Multimedia haette eine gelungene Sache werden koennen auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Das Thema ist mittlerweile kein inhaltsfreies Modewort mehr. Die einzelnen Komponenten, die Multimedia zum Leben erwecken, gibt es, sie funktionieren auch - man muss sie nur nutzen. Doch die Computerhersteller, die erstmals massiv auf der Berliner Messe vertreten waren, haben das Thema grandios verschenkt.

Lediglich der Prozessorhersteller Intel zeigte auf der IFA mit einem Technologievortrag, dass Multimedia nicht nur ein schicker Begriff ist, sondern im Alltag genutzt werden kann. Sowohl der Privat- als auch der professionelle Anwender koennte, so der Tenor, aus dem Zusammenschluss der verschiedenen Medien und Technologiekomponenten in einem System wie dem PC grossen Nutzen ziehen. Allerdings war der Beitrag nicht oeffentlich, dem Allgemeinpublikum als Wegweiser fuer zukuenftiges Kaufverhalten somit nicht zugaenglich.

Einige PC-Hersteller duerfen als Negativbeispiel dafuer dienen, wie man einem kaufbereiten Publikum den Verstaendniszugewinn an einer existierenden Technologie vorenthaelt: Tatung etwa stellte seinen "PC-TV" vor, ohne eine klar erkennbare Kaeuferschicht zu adressieren. Fast verschaemt deponierten die Asiaten lediglich kleine Abreisszettel neben dem Geraet, auf denen die wesentlichen Spezifika der Maschine aufgelistet waren.

Vobis schien alles daransetzen zu wollen, seinem Multimedia- Prototypen "Moniputer" nicht allzuviel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Fragen nach Preisen und Verfuegbarkeit des Rechners beantwortete das Standpersonal mit Achselzucken: "Nicht bekannt."

Compaq missverstand die IFA als Plattform fuer eine reine Produktvorstellung. Abgesehen von bereits hundertmal Gehoertem hatten auch die Texaner keine Vorstellung, wie man Konsumenten ein Produkt andienen, wirklich schmackhaft machen koennte. Professionell war das nicht.

Doch damit stand die Eckhard-Pfeiffer-Company nicht allein. Allen PC-Anbietern war ein grosses Versaeumnis gemein: Keiner machte sich die Muehe, den Messebesuchern eine verstaendliche Botschaft zum Thema Multimedia zu vermitteln. Einfallslos stellten sie mehr oder weniger kommentarlos ihr Blech in die Ausstellungshallen und ueberliessen es den Konsumenten, sich einen Reim aus den vielen bunten Bildern zu machen.

Damit verschossen die Computerhersteller einen Elfmeter: Denn dem aufmerksamen Beobachter auf der IFA entging nicht, wie weit der Schulterschluss der digitalen Techniken und Komponenten schon fortgeschritten ist. Video-CD, flache LC-Displays und Digitales Audio Broadcasting (DAB) sind nur einige weitere produktreife Technologien, die das PC-Angebot ergaenzen.

Der PC ist nicht mehr einfach der PC - er ist heute schon ein umfassendes Infoterminal sowohl fuer das Buero als auch fuer zu Hause. Dieses Verkaufsargument haben die Hersteller verschenkt.