Distributed Processing-Lösung fürs Bestellwesen:

Tengelmann läßt nichts verderben

11.07.1980

Die Tengelmann-Gruppe suchte für den regionalen Einkauf von Obst, Gemüse und Blumen eine individuelle Distributed Processing-Lösung, die sich der vorhandenen Organisation und Unternehmensstruktur anpassen sollte. Die "Tengelmänner" entschieden sich für zehn DDP-Systeme von MDS. Zur Lösung der Software-Aufgaben wurde die MDS-Programmiersprache "Mobol" verwendet.

Täglich werden bei Tengelmann von mehr als zehn über die gesamte Bundesrepublik verteilten Obst-Einkaufsstellen (OES) rund 1500 Filialen für die Bestelldatenerfassung abgerufen. Problem: Frischwaren, insbesondere Obst und Gemüse, müssen täglich disponiert und bestellt werden. Dieser Vorgang ist zeitkritisch, da der Großeinkauf der Waren unmittelbar von den Einzelbestellungen der Filiale abhängt.

Die MDS-Systeme vom Typ 21/50 werden zur telefonischen Bestelldatenerfassung in den einzelnen Obst-Einkaufsstellen eingesetzt. Eine typische OES-Systemkonfiguration besteht aus einer programmierbaren Zentraleinheit, zwei Diskettenlaufwerken, einem Festplattenlaufwerk mit 10 MB, vier Bildschirm-Arbeitsplätzen und einem Terminaldrucker mit einer Geschwindigkeit von 90 bis 240 Zeilen pro Minute.

In der Obsteinkaufsstelle müssen Informationen aus verschiedenen Unternehmensbereichen gesammelt, ausgewertet und die Ergebnisse gezielt und schnell weitervermittelt werden. Dieses Ziel kann heute nicht mehr in jedem Fall mit einer zentralen Datenverarbeitung optimal verwirklicht werden. Als Lösung bietet sich hier das Konzept des Distributed Processing an, bei dem Funktionen der Informationsverarbeitung ganz oder teilweise in die Fachabteilungen und Außenstellen verlagert werden.

Mit dem Programmpaket FDOS wurden die sehr umfangreichen und diffizilen Arbeiten gelöst. Dazu zählen:

þStammdatenpflege mit allen dafür notwendigen Funktionen für Artikelstamm, Kostenstellenstamm und Lieferantenstamm,

þErfassen des Wareneingangs und Drucken der Wareneingangsliste,

þErfassen des Wochen-Sortiments und Drucken von Sortimentslisten für die Filialen,

þErstellen der täglichen Bestellstammdatei,

þErfassen der telefonisch abgerufenen Bestell- und Reklamationsdaten,

þDrucken von Lieferscheinen und Fuhrparklisten

þFakturierung und Rechnungsdruck

þBestell- und Reklamationsdatenkorrektur

þBestellübersicht für den Einkauf,

þHochrechnung der Artikelmenge pro Filiale,

þAutomatisches Anlegen von aktuellen Dateien,

þUmfangreiche Datensicherungsprogramme.

Im Bereich des Telefonverkaufs für Obst und Gemüse bietet FDOS die Möglichkeit, telefonisch angenommene Bestellungen für Frischwaren direkt in das Computersystem einzugeben und zu verarbeiten.

Einmal pro Woche werden in der OES für jeden Hauptbetrieb beziehungsweise jede Vertriebsform ein filialtypisches Sortiment der angebotenen Frischwaren sowie die vorläufigen Verkaufspreise festgelegt. Aufgrund dieser Festlegung werden vom MDS-System vertriebsformspezifische Sortimentslisten erzeugt, die an die der OES angeschlossenen Filialen verteilt werden.

In der OES werden täglich die gültigen Verkaufspreise festgelegt. Vor der eigentlichen Bestelldatenerfassung erfaßt die OES den vorläufigen Wareneinkauf und erzeugt eine Dispositionsliste. Zu einer bestimmten Zelt beginnt die Erfassung der Bestelldaten. Hierbei werden zur in einer Abrufdatei festgelegten Zeit alle betreuten Filialen angerufen und die Bestellungen für die am nächsten Tag zu liefernden Waren entgegengenommen. Gleichzeitig werden die Reklamationen von Vortagslieferungen erfaßt. Über Spooldateien wird - parallel zur Bestelldatenerfassung - ein Lieferschein gedruckt. Während der Bestelldatenerfassung kann für jeden Artikel eine Hochrechnung durchgeführt werden, die die wahrscheinlichen Bestellmengen der einzelnen Filialen vorhersagt.

Nachdem die Bestelldatenerfassung abgeschlossen ist, werden eine Bestellübersicht gedruckt, die, Fuhrparkliste erzeugt, sowie die eingegangenen Reklamationen bearbeitet. Zwischenzeitlich wird der Wareneingang erfaßt und verbucht. Nach eventuell notwendiger Korrektur der Bestelldaten und Reklamationen wird die Warenausgangsliste sowie eine Umsatz- und Kalkulationsübersicht erzeugt. Am Tagesende erfolgt die Fakturierung unter Berücksichtigung der korrigierten Bestelldaten auf Diskette, die in den regionalen Rechenzentren weiterverarbeitet werden.

Die Basis des FDOS-Paketes bilden Stammdatenpflegeprogramme für Lieferantenstammdaten, Kostenstellenstammdaten und Artikelstammdaten. Insbesondere ermöglicht das Artikelstammdatenprogramm das Erfassen, Prüfen und Aktualisieren einer komplexen Sortimentsstruktur für jeden einzelnen Artikel.

Zeitunkritische Arbeiten vorgelagert

Einmal wöchentlich, falls erforderlich auch in kürzeren Zeitabständen, wird mit dem Programm "Sortim" ein aktuelles Sortiment erstellt. Dabei ist die Menge der Artikel, die in dieses Wochensortiment aufgenommen werden, eine Teilmenge des Artikelstamms. Als Ausgabe dieses Programms ergeben sich Sortimentslisten, die den Filialen zugesandt werden. Diese dienen den Filialleitern als Unterlage zur telefonischen Bestellaufgabe, da das vom Bestelldatenprogramm erzeugte Filialsortiment dieser Liste entspricht, ausgenommen diejenigen Artikel, die kurzfristig - insbesondere bei den Preisen - geändert werden. Als zusätzliche Liste ergibt sich der Sortimentsaufbau, der organisatorische Hinweise für die OES selbst enthält (Pflege- und Kontrollzwecke).

Der täglichen Bestelldatenerfassung muß der Lauf des Programms "lnit" vorausgehen, das zeitunkritische Arbeiten bewältigt, die der Bestelldatenerfassung vorgelagert worden sind. Von zentraler Bedeutung für die Bestelldatenorganisation ist das Programm "Best", mit dessen Hilfe die Bestelldaten aller Filialen einzeln abgerufen und erfaßt werden. Sofort nach Abschluß der Bestelldatenerfassung wird das Programm "Dispo" geladen. In diesem Programm werden für jeden Artikel die kumulierten Mengen aller Bestellungen ausgedruckt. Sie dienen dem Einkauf zur Disposition.

Als letzte tägliche Verarbeitung werden mit Hilfe des Programms "Faktur" die korrigierten Bestelldaten fakturiert. Hierbei besteht die Möglichkeit, die beim Wareneingang am Abend zuvor erfaßten Einstandspreise auf den aktuellen Stand zu bringen.

*Hans Dieter Urspruch ist Hauptabteilungsleiter Systemplanung und Programmierung bei der Tengelmann-Gruppe in Wiesbaden.