Wallstreet wird vom Patt der Haussiers und Baissiers bestimmt:

Tendenz an Aktienbörsen: uneinheitlich

06.04.1984

LEIMEN (hr) - Die Tendenz an den führenden Aktienmärkten der Welt ist alles andere als einheitlich. Nichts ist mehr von dem Gleichschritt zu bemerken, der im August 1982 mit einer der beispiellosesten Haussebewegungen in der Börsengeschichte einsetzte und bis weit ins Jahr 1983 zu verfolgen war.

Während der japanische Markt anscheinend ungebrochen weiter nach oben strebt und auch der britische Rekordhöhen erreicht, sieht es zum Beispiel in Wallstreet alles andere als erfreulich aus. Dort ist ein Patt zwischen Haussiers und Baissiers entstanden, an das man sich offenbar zu gewöhnen beginnt. Die Bandbreite, in der sich der Dow Jones für Industriewerte und andere führende Indices bewegt, scheint ziemlich genau abgegrenzt zu sein.

Die Wahrscheinlichkeit, daß es am amerikanischen Markt noch einmal kräftig nach unten geht, bevor sich die vermutete langfristige Hausse fortsetzt, ist sehr hoch einzuschätzen. Die Begründungen reichen von anziehenden Zinsen über weiter sinkende Ertragserwartungen und wachsende Inflationsfurcht bis hin zu den zu geringen liquiden Reserven der institutionellen Anleger. Sollte es in Wallstreets Kursgefüge tatsächlich so "krachen", wie es zahlreiche Analytiker für möglich halten, wird dies wohl auf andere Börsen der Welt überspringen.

Die Zeit, in der Technologieaktien Schlagzeilen gemacht haben, scheint vorüber zu sein. Diese Beobachtung gilt nicht nur für amerikanische Aktien dieser Gruppe. Die Liquidationswelle hat hier aber allem Anschein nach ihren Höhepunkt bereits überschritten. Die meisten zukunftsträchtigen Titel sind inzwischen offenbar von schwachen Händen in stärkere übergegangen. Zudem ist die Baisse im Bereich der zweitrangigen Wachstumspapiere aus technischer Sicht überdehnt.

Dies kann bedeuten, daß sie bei schwacher Allgemeintendenz weniger stark fallen als die breite Masse der Aktien. Bei einer allgemeinen Kurserholung durften sie zunächst einmal schnittlich anziehen. Erfahrene Börsianer meinen, daß man hier während der nächsten ausgeprägteren Schwächephase durchaus zugreifen könne. Bei einem folgenden Aufschwung müsse man sich aber nach den ersten größeren Kurssprüngen von diesen Aktien trennen. Auf längere Sicht seien wohl "schwere" Papiere von Unternehmen mit mäßigen, aber beständigen Wachstumsraten attraktiv. Dazu gehören natürlich auch ausgewählte Technologieaktien.