Internet-gestützte Fernüberwachung auf hoher See

Telematik an Bord der Gorch Fock

22.02.2002
Um ein neu installiertes Abwassersystem auf der Gorch Fock aus der Ferne warten zu können, nutzt die Bundesmarine einen Internet-basierenden Dienst. Der Betrieb des Leitsystems wurde an einen externen Anbieter vergeben. Von Ingrid Seidel*

Im Rahmen einer einjährigen Generalüberholung erhielt das Segelschulschiff der Bundesmarine "Gorch Fock" eine neue Abwasseraufbereitungsanlage, die bedeutend weniger Platz an Bord benötigt und unter besonderen Bedingungen wie etwa schwerem Seegang stabiler arbeitet. Um die nationalen und internationalen Richtlinien über sauberes Wasser an Bord einzuhalten, müssen die Werte wie Sauerstoffgehalt, PH-Wert oder Temperatur gemessen, analysiert und bei Bedarf reguliert werden. Die Auswertung der Messdaten nehmen Experten auf dem Festland vor, so dass speziell ausgebildetes Personal an Bord nicht mehr notwendig ist, was zu einer kostengünstigen Mannschaftsbelegung verhilft.

Verbindung über SatellitLiegt das Segelschiff im Hafen, so wird für die Übertragung der Abwassermessdaten an den zentralen Server am Festland eine direkte ISDN-Verbindung aufgebaut. Auf hoher See schickt ein Datenkonzentrator an Bord der Gorch Fock die Messwerte über das Satellitensystem "Inmarsat" nach Deutschland. Dieses Satellitensystem dient auf der Gorch Fock unter anderem zur Internet-Anbindung. Mit Hilfe des Internet-Leitsystems "Witos" (Web Integrated Telematik Online System) der Bonner Itenos GmbH, die auch das System betreibt, können diese Daten an Land abgefragt werden.

Das System sammelt die Informationen, verwaltet sie in einer zentralen Datenbank und leitet Meldungen gezielt weiter. Im Falle eines Fehlers, zum Beispiel des Überschreitens der zulässigen Grenzwerte schiffstypischer Abwässer, werden die relevanten Daten archiviert, und eine Störmeldung wird an das zentrale Leitsystem abgesetzt.

Web-basierender ZugriffUm an die Daten zu kommen, können die Wartungstechniker der Marine über eine normale Internet-Verbindung standortunabhängig auf den Witos-Server zugreifen. Zur Reaktion auf die vom Windjammer übertragenen Daten und Störungsmeldungen stehen den Fachleuten an Land drei Softwaremodule zur Verfügung: Mit dem Standardinformationspaket "Infoscreen" ist nur der Lesezugriff auf den Status der aktuellen und historischen Messwerte möglich. Zusätzlich lässt sich eine eingehende Störmeldung aus dem Abwassersystem quittieren und auf den Status "bearbeitet" setzen.

Mit der Erweiterung "Activescreen" kann ein Techniker bei Bedarf über den Web-Browser Änderungen am Abwassersystem vornehmen, um für die Soll-Qualität des Wassers zu sorgen. Sind für den Fachmann an Land grafische Auswertungen wichtig, erhält er diese über ein weiteres Zusatzpaket.

Die Marine mietet das System vom Betreiber. Zur Auswahl einer geeigneten Lösung nahm die Bundesmarine umfangreiche Tests an Bord des Tenders "Meersburg" vor. Speziell für den Einsatz auf hoher See musste der Anbieter, um die Anforderungen der Seefahrt zu erfüllen, eine Anbindung via Satellit entwickeln.

Wie jede militärische Einrichtung hat auch die Bundesmarine strenge Sicherheits- und Verfügbarkeitsvorgaben. Das Witos-System läuft deswegen an Land in einem Rechenzentrum der Telekom auf hochverfügbaren, gespiegelten Unix-Servern von Hewlett-Packard.

An Bord der Gorch Fock konnten durch das Fernwartungssystem die IT-Kosten gesenkt werden. Statt eines kompletten Leitrechners ist dort nur der Datenkonzentrator notwendig. Diese Investition beträgt nur rund 15 Prozent von dem, was für ein komplettes Leitsystem an Board fällig würde. (js)

*Ingrid Seidel ist freie Journalistin in Bonn.