Eunetcom zielt auf internationale Großkunden

Telekom wittert ein Geschäft bei den Enterprise Networks

27.11.1992

FRANKFURT (pg) - Die Telekom drängt weiter ins internationale Geschäft: Neben der Übernahme von 80 Prozent der Infonet Network Service Deutschland GmbH forciert der deutsche Carrier nach den gescheiterten Syncordia-Verhandlungen mit British Telecom jetzt den Aufbau von Eunetcom, einem Joint-venture mit France Telecom. Ziel ist, in Ergänzung zu Infonet Großkunden Dienste für die Daten- und Sprachkommunikation anzubieten.

"Für die Telekom ist die Internationalisierung zu einer Frage des Überlebens geworden", erklärte Jürgen Bohm, in der Generaldirektion der Telekom für Projekte und Consulting verantwortlich, das verstärkte internationale Engagement des Unternehmens bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Nach Ansicht Bohms ist die Telekom gezwungen, global aktiv zu werden, weil aufgrund der Liberalisierung immer mehr ausländische Netzbetreiber den lukrativen deutschen Markt für sich entdecken.

Bei der Realisierung der weltweiten Value-added-Network-Pläne versucht die Telekom, mehrgleisig zu fahren. Schon seit Jahren ist das Unternehmen mit 16,3 Prozent an der aus elf Gesellschaftern bestehenden und global auftretenden Datennetz-Gruppe Infonet Services Corp. beteiligt. Von der deutschen Tochter, der Infonet Network Services Deutschland GmbH, die bisher zu 100 Prozent der Muttergesellschaft gehörte, übernehmen die Bonner jetzt 80 Prozent der Kapitaleinlage.

Hintergrund des jüngsten Deals ist, das weltweite Angebot von Mehrwertdiensten der Infonet in Kombination mit den Services der Telekom als maßgeschneiderte Systemlösungen insbesondere für international operierende Großkunden der Telekom anzubieten. Bisher bestand zwischen der deutschen Infonet und der Telekom nur ein Sales Agreement, das es der Deutschen Bundespost Interpak erlaubte, Infonet-Dienstleistungen national zu vertreiben.

Die Initiative der Telekom ist verständlich, droht dem deutschen Carrier doch die Zeit davonzulaufen. Nach dem Scheitern der langwierigen Verhandlungen mit British Telecom über den Einstieg der Deutschen in die Outsourcing-Tochter Syncordia sind die Bonner im Wettlauf der Netzbetreiber um die Sicherung vielversprechender Marktanteile ins Hintertreffen geraten. "So etwas wie mit British Telecom wollen wir nicht mehr erleben", sagte Bohm zu dem Negativerlebnis. Es sei nicht gelungen, so der Telekom-Manager, sich auf eine gemeinsame Unternehmenskultur zu verständigen.

Die Lücke soll nun durch einen zügigen Aufbau von Eunetcom, einem Gemeinschaftsunternehmen mit France Telecom, das zur CeBIT '92 angekündigt wurde, geschlossen werden. "Wir müssen uns jetzt auf Eunetcom konzentrieren und das Projekt gemeinsam mit den Franzosen durchziehen", dokumentierte der Projektverantwortliche gegenüber der COMPUTERWOCHE die Entschlossenheit der Telekom, sich ein weiteres Standbein im internationalen TK-Markt zu schaffen.

Mit dem Joint-venture verfolgen die beiden Telecom-Unternehmen laut Bohm das Ziel, "Megakunden auf internationaler Basis zu versorgen". Die Strategen in Bonn und Paris hoffen, von dem Trend zu Corporate Networks in Unternehmen zu profitieren, und wollen damit eine Zielgruppe ansprechen, an der auch British Telecom und AT&T stark interessiert sind.

Zunächst wird Eunetcom Bohm zufolge nur in Europa auftreten, mittelfristig aber international agieren. Eine Kooperation mit weiteren Netzbetreibern schließt der Telekom Direktor nicht aus, weil man beispielsweise in Asien und Amerika "lokale Kompetenzzentren" etablieren müsse. Gegenwärtig seien die Angebotsstrukturen zwischen der Infonet und Eunetcom noch gleich, später jedoch soll die Infonet Corp., deren Netz 135 Länder umfaßt, als Subcontraktor unter der Regie des Generalanbieters Eunetcom Systemlösungen realisieren. International wird die Telekom ab Februar 1993 außerdem in Sachen Global European Network (GEN) aktiv. GEN soll, so Bohm, ein reines Übertragungsnetz mit hoher Leitungskapazität sein. Carrier können dann kurzfristig Leitungen mieten.