Kommentar

Telekom sucht Minister

08.01.1993

So mancher Chronist der Tagespresse war im Zusammenhang mit dem Ruecktritt Christian Schwarz-Schillings bemueht, dem scheidenden Postminister ein Scheitern in seiner ureigenen Domaene, der Postreform II, zu attestieren. Immerhin galt dessen Name lange Zeit - vor allem in den ersten Jahren der Regierung Kohl - als Garant fuer negative Schlagzeilen und Skandaelchen.

Da gab es nicht nur die Affaere um den von seiner Frau gefuehrten Batterienhersteller "Sonnenschein", sondern auch von vornherein zum Scheitern verurteilte Konzepte wie den Bildschirmtext oder eine von Amts wegen verordnete Verkabelungspolitik, die der Republik zwar eine wie auch immer zu beurteilende "Medienvielfalt" bescherte, der Bundespost-Tochter Telekom gleichzeitig jedoch Verluste in Millionenhoehe einbrachte. Zuletzt geriet "Mister Black-Penny" ins Kreuzfeuer der Kritik, als beim Aufbau einer leistungsfaehigen TK-Infrastruktur in Ostdeutschland vieles daneben und vor allem nicht schnell genug ging.

So beflissen sich Schwarz-Schilling auch in diversen Einzelprojekten vergaloppierte, so unstrittig war sein Gespuer fuer die Erfordernisse einer sich wandelnden internationalen TK- Landschaft. Hier zeigte sich der deutsche Postminister europaweit, mit Ausnahme Grossbritanniens, seiner Zeit immer ein bisschen voraus. Dies gilt fuer die von ihm initiierte Postreform I ebenso wie fuer die Zulassung privater Netzbetreiber im Satelliten- und Mobilfunk sowie fuer sein Draengen als "Regulierer" in Sachen marktorientierter Tarife bei der Datenuebertragung. Die glaubwuerdige Entschlossenheit Schwarz-Schillings, notfalls auch ohne die SPD mit einer Postreform II die Schwachstellen der ersten Reform auszumerzen und dabei insbesondere den Dauerpatienten Telekom auf eigene (privatrechtliche) Beine zu stellen, bietet daher wenig Naehrboden fuer Spekulationen, sein Ruecktritt liege im Parteienzwist um eine Telekom AG begruendet.

Unlaengst malte die Wochenzeitung "Die Zeit" ein, fuer die Jahrtausendwende durchaus denkbares Krisensznenario an die Wand: "Vergeblich hat sich das Management der Telekom gegen die feindliche Uebernahme durch den Erzrivalen AT&T gewehrt. Auch im Bonner Wirtschaftsministerium herrscht Aufregung. Den Wirtschaftsliberalen missfaellt es ganz und gar, dass jetzt nur noch eine Handvoll unabhaengiger Fernmeldegesellschaften weltweit schaltet und waltet. Einen einflussreichen Postminister, der noch etwas richten koennte, gibt es in der Bundesrepublik laengst nicht mehr." Dass es dazu nicht kommt, daran vor allem wird Schwarz- Schillings Nachfolger zu messen sein.