Telekom-Chef Höttges fordert beim MWC offene Standards

Telekom startet Europa-Netz

02.03.2015
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Auf dem MWC in Barcelona gab die Telekom den Startschuss zu ihrem Europa-Netz bekannt. In drei Ländern bietet sie nun Services über eine standardisierte Plattform an.

Die Deutsche Telekom hat die ersten drei von zehn Ländern für ihr entstehendes Europa-Netz verbunden. Kroatien, Ungarn und die Slowakei können ab heute über eine Plattform standardisierte Produkte beziehen. "Wir brauchen mehr Europa und dafür legen wir heute einen entscheidenden technischen Grundstein. Mit unserem Europa-Netz und der länderübergreifenden Infrastruktur schaffen wir es, den Ton anzugeben und nicht nur der Musik aus den USA und Asien hinterher zu laufen", erklärte Konzernchef Timotheus Höttges auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Gleichzeitig las Höttgens den Europäern die Leviten. So könne es nicht angehen, dass weltweit lediglich 10 Prozent des Umsatzes auf EU-Unternehmen entfalle und der Rest an amerikanische und asiatische Companies gehe.

Auf dem MWC in Barcelona gab die Telekom den Startschuss zu ihrem Europa-Netz bekannt.
Auf dem MWC in Barcelona gab die Telekom den Startschuss zu ihrem Europa-Netz bekannt.

Gleichzeitig appellierte er, endlich gerade in Europa offene gemeinsame Standards zu kreieren, "denn die großen US-Cloud-Plattformen sind geschlossene Systeme, die die Verwendung der dort gespeicherten Daten einschränken". So sollten laut Höttgens die Telcos etwa Standards für die Bereiche Payment, ID-Management, IoT oder Cybersecurity schaffen, um nur ein paar Beispiele zu nennen, wo der Telekom-Chef Handlungsbedarf sieht. Für alle Services sei "IP dabei die lingua franca". Ferner stellte Höttgens die Frage, warum 28 Länder in Europa 28 unterschiedlich Netze brauchen, "warum liefern wir diese Services nicht aus der Cloud?". Dies sei nicht nur effizienter, sondern für den Kunden auch günstiger.

Services im EU-Netz

Im Telekom-EU-Netz macht ein Geschäftskundenservice für Virtuelle Private Netzwerke "Cloud VPN" den Anfang. Für Privatkunden sollen Fernsehdienste und Videospiel-Angebote im Jahresverlauf folgen. "Statt etwa zehn Fabriken in zehn Ländern für zehn Lösungen zu betreiben, nutzen wir künftig zentrale Produktionsstätten für alle", erklärte Claudia Nemat, Vorstand Europa und Technik, die Strategie der Telekom.

Bullshit: Connectivity ist nicht Commodity

Die Voraussetzungen für diese Infrastruktur erfüllt die Deutsche Telekom bis 2018 durch Ausbau und Transformation ihrer Infrastruktur. Bis 2018 sollen mehr als 6 Milliarden Euro in die Weiterentwicklung der Netze in Europa investieren. 2014 hat das Unternehmen bereits 9,6 Milliarden Euro investiert, davon allein 4 Milliarden in Deutschland. Angesichts dieser Zahlen gerät Nemat in Rage, wenn sie hört, "Connectivity is Commodity - so ein bullshit".

Wenn Lichtgeschwindigkeit zur Bremse wird

Bis 2020 sollen alle Funkmasten der Telekom in Europa mit LTE Technik ausgerüstet sein. Gleichzeitig arbeitet die Telekom am Mobilfunk der nächsten Generation - 5G - mit und hat den Vorsitz bei der Mobilfunkallianz NGMN (Next Generation Mobile Networks). Doch selbst 5G werde nicht schnell genug sein, um etwa connected cars, die mit Geschwindigkeiten von 200 bis 300 Kilometern reisen, zu vernetzen. "Lichtgeschwindigkeit wird zu einer Begrenzung", skizzierte Höttgens auf dem MWC den steigenden Kommunikationsbedarf der Zukunft.