Mehrwertdienste wie Firewall und Abrechnung zählen zum Angebot

Telekom richtet für Internet einen 34-Mbit/s-Backbone ein

24.05.1996

Die langen Antwortzeiten im Netz der Netze werden für deutsche Anwender unter Umständen bald ein Ende haben. Die Telekom könnte mit ihrem angekündigten 34-Mbit/s-Highway den durch die Killerapplikation WWW sowie rasant steigende Benutzerzahlen entstandenen Bandbreitenengpaß beseitigen und wieder für vertretbare Ping-Raten (siehe Lexikothek) sorgen.

"Während T-Online den flächendeckenden Internet-Zugang für Online-Nutzer bietet, ist das Internet-Backbone der Telekom auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Service-Providern zugeschnitten", erklärt Herbert May, im Telekom-Vorstand für den Bereich Geschäftskunden zuständig, den neuen Service des Bonner Carriers. Unternehmen haben laut May die Möglichkeit, das Network zum Beispiel als Medium für die Vernetzung vorhandener LAN-Strukturen, E-Mail, WWW sowie anderer auf TCP/IP basierender Anwendungen zu nutzen.

Die Telekom schafft mit dem Netz für Online-Provider eine Plattform, mit deren Hilfe Anwender eigene Netzinfrastrukturen auf hohem Bandbreitenniveau ausbauen können. Willfried Seibel, Sprecher der Telekom, bestätigte gegenüber der COMPUTERWOCHE, daß Microsoft den Internet-Backbone für MSN nutzen wird. Kapazitäten des Highways könnten jedoch auch von anderen Service-Providern gebucht werden (vgl. Tarifstruktur in der Tabelle). Angaben darüber, ob der Carrier bereits mit weiteren Online-Dienstleistern verhandelt, wollte der Sprecher nicht machen.

Grundlage des deutschen Dienstes, der als Arbeitstitel die Bezeichnung "T-Internet" trägt, bildet ein Kernnetz mit 34-Mbit/s-Verbindungen. Zur Erhöhung der Ausfallsicherheit setzt die Deutsche Telepost Consulting GmbH (Detecon), Bonn, die im Auftrag der Telekom die Netzstruktur entwarf, auf eine vermaschte und damit redundante Wegeführung. Dadurch, daß zu jedem Knoten zwei Leitungen führen, liege die Verfügbarkeit des Netzes bei 99,9 Prozent. Sollte es dennoch zu Störungen kommen, betrage die Instandsetzungszeit Detecon zufolge weniger als vier Stunden.

In der ersten Ausbauphase soll das deutsche Internet, das flächendeckend konzipiert ist, über 42 Zugangsknoten verfügen und damit an allen größeren Wirtschaftsstandorten einen schnellen Anschluß an den globalen Netzverbund ermöglichen.

Später ist eine Erweiterung auf 50 Knoten geplant. Euphorisch sehen die Strategen der Detecon das Netz, für das 1998 eine Steigerung der Transferrate auf 155 Mbit/s im Gespräch ist, bereits als das nationale IP-System.

Anwender, die von den neuen IP-Schnellstraßen der Telekom Gebrauch machen wollen, müssen jedoch einen Nachteil in Kauf nehmen: Die Zufahrt auf den Daten-Highway ist nur über Zubringerdienste der Telekom möglich. Nach dem derzeitigen Planungsstand gibt es keine Dial-in-Möglichkeit via Modem oder ISDN. Direkten Anschluß an das IP-Netz bekommen nur Unternehmen, die bereit sind, in eine Standleitung mit Übertragungsgeschwindigkeiten zwischen 64 Kbit/s und 34 Mbit/s zu investieren oder einen Datex-M-Anschluß bestellen.

User, für die diese Anschlüsse überdimensioniert sind, können allerdings auch über den Telekom-eigenen Dienst T-Online einen Zugang zum T-Internet bekommen. Nutzer des Online-Service der Telekom wählen sich, so Telekom-Sprecher Seibel, weiterhin zum Ortstarif in den Dienst ein und werden dann von der Telekom auf die neue Netzplattform aufgesetzt.

Anwendern, die das Geld für die angebotenen Zugangsoptionen zum nationalen Internet ausgeben wollen, bietet der Bonner Carrier ein besonderes Bonbon: Exklusiv für diese Kunden richtet die Telekom die schnellste Transatlantikverbindung für den IP-Verkehr in die USA ein. Zwischen Hamburg und dem Gegenpunkt des Partners Sprint in New York sollen die Daten künftig den Großen Teich mit 34 Mbit/s überqueren.

Um beim nationalen Datenaustausch via Internet zeitintensive Umwege über die USA - leider oft bei Online-Diensten wie Compuserve üblich - zu vermeiden, achtete die Detecon beim Entwurf des Netzes besonders auf Übergabepunkte zu anderen deutschen Service-Providern. Damit der Internet-Verkehr wirklich innerhalb Deutschlands abgewickelt wird, sind Verbindungsknoten zum Wissenschaftsnetz WIN, MAZ, Xlink sowie Eunet vorgesehen. Auf europäischer Ebene streben die Bonner ein Peering, wie der Übergang in andere Netzstrukturen im Internet auch genannt wird, mit den wichtigsten Backbone-Netzen an. Neben Eunet zählen dazu unter anderem Europanet, das Multiprotokoll-Backbone EMPB und EBONE.

Allerdings beschränkt sich der deutsche Carrier nicht nur auf die Vermarktung des Datentransports. Für ihre Klientel will die Telekom auch entsprechende Mehrwertdienste wie Firewall-Systeme sowie Abrechnungsdienste anbieten. Je nach Bedarf lassen sich unsegmentierte Netze mit 64 beziehungsweise 128 Kbit/s sowie komplexe segmentierte Netze zwischen 2 und 34 Mbit/s realisieren.

Dabei stellt der Netzbetreiber für die T-Internet-Nutzer eine feste Teilmenge des globalen IP-Adreßraumes unterhalb der Domain ".de" zur Verfügung. Ebenso gehören Mail-Relay, News-Protokoll-Unterstützung, WWW-Proxy/Cache-Service wie auch die Bereitstellung eines LAN-Interface zum Leistungsspektrum.

Für User, die weniger Wert auf die Paketvermittlung zum beziehungsweise vom globalen Internet legen, wird ein IP-Virtuall Private Network (VPN) angeboten. Auf Basis des IP-Backbones lassen sich so virtuelle Netze realisieren, die über einen abgeschirmten IP-Adreßraum verfügen. Mit diesem Angebot wenden sich die Bonner vor allem an Unternehmen, die nach einer kostengünstigen und sicheren Lösung suchen, um WAN-Intranets in offenen Netzen zu realisieren.