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Telekom-Hoffnungsträger VDSL bringt Regierung großen Ärger ein

27.02.2007
Um was es im Telekom-Streit zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission geht, konnten viele Bürger in den vergangenen Monaten vor ihrer eigenen Haustür in Augenschein nehmen.

Mitarbeiter der Deutschen Telekom bauten in mehreren Großstädten auf den Gehwegen große, graue Schaltkästen auf, die für die Aufrüstung der bestehenden Leitungen zum neuen VDSL-Glasfasernetz benötigt werden.

Für den neuen Telekom-Chef René Obermann ist das drei Milliarden Euro teure VDSL-Netz ein wichtiger Baustein, um Europas größten Telekomkonzern auf dem Heimatmarkt zu behaupten. Besonders bedrohlich ist derzeit der dramatische Kundenschwund im Festnetzbereich. In Scharen laufen die Verbraucher zu den Konkurrenten über, die günstigere Pauschalangebote (Flatrates) machen.

Obermann, der zugleich Kosten massiv senken aber auch den Service verbessern muss, braucht attraktive Angebote, um die Erosion an der Kunden- und Ertragsbasis zu stoppen. Das Zauberwort lautet "Triple Play": Bündelangebote aus Internet, Telefonie und Fernsehen.

Die Telekom vermarktet diesen Dienst seit Oktober für monatlich 80 bis 90 Euro unter dem Namen "T-Home". Bislang sind zehn Großstädte mit einem Kundenpotenzial von sechs Millionen Haushalten angeschlossen. Bis Ende 2007 sollen es 50 Städte sein.

Wie aus Branchenkreisen zu hören ist, haben sich die hohen T-Home-Erwartungen der Telekom jedoch noch nicht erfüllt. Neben technischen Kinderkrankheiten schreckt viele Verbraucher offenbar der Preis ab. Weil die VDSL-Kunden ausbleiben, will die Telekom T-Home mit der Fußball-Bundesliga jetzt auch über Standard-DSL-Leitungen mit bis zu 16 Megabit/s anbieten.

Dies führt zu einer paradoxen Situation: Denn die vom Gesetzgeber gewährten "Regulierungsferien" zu Gunsten der Telekom setzen eigentlich neue Leistungen voraus, die mit herkömmlicher Technik nicht zu realisieren wären. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) kritisiert, nun habe die Telekom quasi das Eingeständnis geliefert, dass die Dienste gar keinen neuen Markt und Bandbreiten von 50 Megabit/s benötigten, sondern eben auch per DSL mit Geschwindigkeiten bis zu 16 Megabit/s übermittelt werden könnten.

"Es ging der Telekom immer nur darum, Internet-Fernsehen besser und schneller an den Kunden zu bringen und unter Ausschluss des Wettbewerbs möglichst viele Kunden auf das neue VDSL-Netz zu ziehen", lautet das Verbandsfazit.

Mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission droht ein juristischer Hickhack über die Definition neuer Märkte und den wettbewerbsrechtlichen Umgang mit Ex-Monopolisten wie der Telekom. "Die Entscheidung Deutschlands, die Deutsche Telekom von der Regulierung auszunehmen, wird zahlreiche Rechtsstreitigkeiten sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene nach sich ziehen", prophezeit Kommissarin Viviane Reding.

Die Bundesregierung als Telekom-Großaktionär ist sich ihrer Sache dennoch sicher. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), unter dessen Federführung das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) erarbeitet worden ist, fürchtet die Auseinandersetzung mit Brüssel nicht. Das Gesetzeswerk sei EU-konform und keine "Lex Telekom". (dpa/tc)