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Telekom-Chef Ricke vor schwierigem Jahr - T-Aktie auf Talfahrt

29.12.2005
Telekom-Aktionäre haben keinen Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. Das Jahr 2005 war für die gebeutelten Anleger erneut eine herbe Enttäuschung.

Während der Aktienindex DAX um rund 30 Prozent kletterte, verzeichnete die einst gepriesene "Volksaktie" der Telekom seit Jahresanfang einen Verlust von rund 17 Prozent. Heute steht die T-Aktie wieder schlechter da als beim Börsengang 1996. Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke klingt schon fast verzweifelt: "Gemessen an unserem Wert und unseren Zukunftsaussichten sind wir klar unterbewertet".

Obgleich Ricke bei Europas größtem Telekomkonzern in den vergangenen Jahren ordentlich aufräumte und die Schulden drastisch herunterfuhr, brennt es im Konzern an verschiedenen Stellen. Die bereits beschlossene Eingliederung von T-Online in die Festnetzsparte bleibt wegen Anfechtungsklagen juristisch eine Hängepartie. Und T-Com-Chef Walter Raizner bläst der Wind der Konkurrenz zunehmend ins Gesicht. Pro Monat gehen der Festnetztochter 100.000 Anschlüsse verloren.

Auf dem Vormarsch ist auch die Internettelefonie, der sich die Telekom lange Zeit verschlossen hatte. Im Mobilfunk wollen sich die Wettbewerber Vodafone, E-Plus und O2 vom Festnetzkuchen ein größeres Stück herausschneiden. Und die neuen Discounter setzen die Handypreise unter Druck. "Unser Märkte stehen vor dramatischen Umbrüchen", analysiert Ricke. Kein Stein werde auf dem anderen bleiben.

Und doch wird das Geschäftsjahr 2005 für die Telekom eines der besten der Firmengeschichte sein. Bis auf 21 Milliarden Euro, so die Prognosen, soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ansteigen, im Jahr 2000 waren es knapp 13 Milliarden Euro. Bis Ende September war netto ein Überschuss von 4,4 Milliarden Euro aufgelaufen - wenngleich auch durch starke Sondereffekte beeinflusst. Aber die auf den ersten Blick gute Geschäftslage gereicht Ricke schon wieder zum Nachteil.

Denn mit den geplanten Stellenstreichungen - bis Ende 2008 sollen 32.000 Mitarbeiter vor allem aus der Festnetzsparte den Konzern freiwillig, durch Frühpensionierungen und Abfindungen verlassen - erntet der Vorstand herbe Kritik von Gewerkschaften und Betriebsräten. Sprudelnde Gewinne und Arbeitsplatzabbau - das passt für Franz Treml nicht zusammen. Dem Unternehmen gehe es glänzend. "Jetzt sollen die Beschäftigten wieder die Zeche zahlen", sagt der stellvertretende ver.di-Vorstand.

"Die Gewinne von heute sind eigentlich die Gewinne von gestern", kontert Ricke und betont: "Es geht darum, die Telekom zukunftssicher zu machen". Tatsächlich bleibt ihm kaum eine andere Wahl. Vor allem die Festnetzsparte, in der noch viele Beamte beschäftigt sind, gilt als überbesetzt und zu wenig produktiv. Um im Wettbewerb nicht weiter zurückzufallen, will Ricke im kommenden Jahr sogar auf Ergebnis verzichten und verstärkt in Umsatzwachstum investieren.

Es geht zum Beispiel darum, mit neuen Produkten wie etwa dem dual phone - ein Telefon, das zu Hause über Festnetz und unterwegs als Handy benutzt werden kann - Kunden zu gewinnen. Bis 2007 soll der Konzernumsatz um jährlich fünf Prozent auf dann rund 66 Milliarden Euro steigen. Beim EBITDA, das 2006 niedriger ausfallen könnte, peilt der Vorstand für 2007 mehr als 22 Milliarden Euro an.

Auf den Kapitalmärkten ist diese Botschaft noch nicht angekommen. Dabei steht die Telekom mit fallenden Aktienkursen in der Branche nicht allein da. Keiner der großen europäischen Marktspieler hat sich an den Börsen 2005 hervorgetan. France Télécom verlor 2005 gut 20 Prozent und Telecom Italia kam mit einem Minus von 31 Prozent richtig unter die Räder. Auch Vodafone musste in diesem Jahr mit einem Kursabschlag von 21 Prozent bluten. Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick hat da nur eine Erklärung: "Der Sektor ist zerbombt".

Eine Ausnahme ist die britische BT-Group (plus 14 Prozent). Aber die ist inzwischen völlig anders aufgestellt. "BT ist der Deutschen Telekom 15 Jahre voraus", sagt Wolfgang Essig, Geschäftsführer von Colt Telecom. Und er glaubt, dass sich die Riesen irgendwann entflechten werden, obwohl der Trend derzeit eher in die umgekehrte Richtung läuft. (dpa/tc)