Telefon-Seelsorge

25.01.1980

"Hier ist die Firma Databyte. Unser Computer ist kaputt. Was soll ich tun?" meldete sich eine junge Dame telefonisch beim neuen Ferndiagnose-Zentrum von Digital Equipment in Basinstoke bei London. Auskunft gab der Diagnose-Spezialist am dort installierten Diagnose-Rechner: "Beschreiben Sie bitte, welche Probleme aufgetreten sind. Wir lassen dann das Testprogramm laufen."

Die junge Dame ist DEC-Mitarbeiterin, die Firma "Databyte" gibt es nicht - das ganze war eine simulierte Ferndiagnose-Demo für die internationale DV-Fachpresse.

So wie bei dieser Präsentation sollen freilich künftig die DEC-Kunden-Computer verarztet werden. Läßt sich der Fehler "online" beheben, und das ist nach DEC-Angaben bei nahezu einem Drittel aller Calls möglich, dann braucht der örtliche Wartungstechniker nicht auszurücken - der Kundendienst des Herstellers wird entlastet.

Die Kostenvorteile der automatisierten Systemwartung von einer entfernten Diagnose-Zentrale aus, nutzen mittlerweile nahezu alle namhaften Computerhersteller. Zwar sind beträchtliche Investitionen in Diagnoseprogramme erforderlich, doch wird die Methode der Fernwartung für die Hersteller immer wichtiger (siehe Kostenvorteil). Den Anfang machte vor vier Jahren die mittlerweile aus dem Mainframegeschäft ausgeschiedene Xerox Corporation, als sie für das "Data Business System" DBS 530 die Online-Systemdiagnose einführte. Aber erst in den vergangenen zwölf Monaten wurde "Fernwartung" zur Standard-Vokabel der Marketing-Strategen. So stellten nacheinander Nixdorf (im Februar 1979), Honeywell Bull (zur Hannover Messe) und Siemens (kurz vor dem Jahreswechsel) "Remote Maintenance-Konzepte" vor, die den Kunden höhere Systemverfügbarkeit versprechen. Fernwartungs-Erfahrung haben auch die Universalrechner-Giganten IBM und Univac sowie der IBM-Nachahmer Amdahl. So wurde das IBM-System 4341 standardmäßig mit den Voraussetzungen zum Anschluß an die "Fernunterstützte Wartung" (IBM-Terminus) ausgestattet, wie sie für die 303X-Rechner des Marktführers bereits bekannt war.

Die Univac-Klinik "TRACE" (Total Remote Assistence Center) steht in Roseville, Minnesota. Und Amdahl hat sein "ADAC" (Amdahl Diagnostic Assistance Center). Nun macht also auch Mini-Marktführer Digitat Equipment in "Telefon-Seelsorge".

Fazit: Die Fernwartung wird immer mehr das Normale. Das Ende des Vollblut-Technikers zeichnet sich ab - er wird zum Ersatzteilfahrer. Aus Anwendersicht: Höhere Verfügbarkeit ist eine gute Sache. Noch weiß man allerdings nicht, um wieviel Prozentpunkte sie durch Ferndiagnose und Fernwartung angehoben werden kann - und welcher Preis letztlich für diese Verbesserung gezahlt werden muß.