Telebox-400 als Kommunikations-Drehscheibe Verbund der Eisenhaendler hat mit EDI neues Eisen im Feuer

25.06.1995

Die EDI-Bewegung wurde in Deutschland kraft ihrer Marktmacht und finanziellen Moeglichkeiten von den Grossunternehmen in Gang gesetzt. Unterdessen erkennt aber auch der Mittelstand die Vorteile, die ein Einsatz des elektronischen Datenaustausches bietet. Am Beispiel des Wuppertaler Einkaufsbueros Deutscher Eisenhaendler (EDE) erlaeutern Bettina Kurrek* und Heinz-Helmut Maerz* Schritte, die zur Realisierung des elektronischen Datenaustausches notwendig sind.

Die Einkaufs- und Marketing-Kooperation EDE versteht sich als Bindeglied zwischen Industrie und Fachhandel. Ihr Hauptanliegen ist die Staerkung der Wettbewerbsfaehigkeit von fast 1300 Mitgliedsfirmen im regionalen Markt. Als Verbundgruppe bietet sie ihren Mitgliedern eine Reihe von Vorteilen: Neben guenstigem Einkauf bei renommierten Herstellern wird das Dienstleistungsangebot von Jahr zu Jahr erweitert und auf schlagkraeftige Gruppen im Markt zugeschnitten.

Im einzelnen bedeutet das den Anschluss und die Auftragsabwicklung ueber mobile Datenerfassung, die laufende Pflege der Stammdaten und branchenspezifische Warenwirtschaftssysteme. Ergaenzt wird dieser Service durch verkaufsfoerdernde Marketing- und Werbestrategien, professionelle Unterstuetzung bei Lagerplanung und Logistik sowie umfassende Weiterbildungsangebote.

Die dem EDE angeschlossenen Gross- und Einzelhaendler koennen aus einem Angebot von rund 2000 Lieferanten waehlen. Diese schicken taeglich bis zu 14000 Rechnungen zwecks Regulierung an das EDE. 20 von rund 600 Mitarbeitern sind allein mit der taeglichen Erfassung der Rechnungen und der Belegverarbeitung beschaeftigt.

Bei diesem Belegaufkommen ist es kein Wunder, dass das EDE den maschinellen Rechnungsdatenaustausch mit ausgewaehlten Lieferanten bereits seit 15 Jahren betreibt. Gemeinsam mit dem Partner Metabo wurde 1979 ein Rechnungsdatensatz entwickelt. Die elektronischen Rechnungsdaten werden heute mit einigen Lieferanten ueber Telefonwaehlverbindungen mit 2400 Bit/s oder per Magnetband ausgetauscht. Bis Mitte 1995 soll dieses Verfahren jedoch durch EDI unter Einsatz des Standards Edifact abgeloest werden.

Der Handel bestellt in der Regel direkt beim Lieferanten, hat jedoch darueber hinaus auch die Moeglichkeit, ueber die EDE-Zentrale beim Lieferanten zu ordern oder sich aus dem EDE-Lager beliefern zu lassen. Die Industrie uebermittelt die fuer die EDE-Mitglieder bestimmten Rechnungen an die EDE-Zentrale und erhaelt von dort die sogenannten Regulierungspapiere sowie die Zahlung. Die EDE erfasst die Eingangsrechnungen und reicht diese an seine Mitglieder weiter. Jedes Mitglied erhaelt zweimal monatlich von der Zentrale eine Liste ueber noch nicht regulierte Rechnungen. Die Zahlung durch die Mitglieder an die Zentrale erfolgt mittels Scheck oder per Ueberweisung. Allein im ersten Halbjahr 1994 erzielte das EDE einen Gesamtumsatz von fast 1,9 Milliarden Mark. Mit diesem Umsatz ist die Erfassung und Verwaltung unzaehliger Formulare und Dokumente zwangslaeufig verbunden.

Die Vorteile der EDI-Einfuehrung

Es waren die klassischen EDI-Argumente, welche die EDE- Geschaeftsfuehrung im Jahre 1992 veranlassten, die fuer die EDI- Implementierung erforderlichen Massnahmen einzuleiten. Von der EDI- Einfuehrung versprach sich der Verbund unter anderem folgende Vorteile:

- Die Datenaustausch-Strukturen sollten harmonisiert,

- der Erfassungsaufwand minimiert,

- die Fehlertraechtigkeit sowie

- der Handling-Aufwand reduziert werden.

Im ersten Schritt war der elektronische Austausch von Rechnungsdaten mit den Lieferanten geplant, an den sich der von Zahlungsavisen anschliessen sollte. Als unternehmensinternes Ziel wurde angestrebt, bis zur Jahresmitte 1995 60 bis 70 Prozent des Rechnungsvolumens maschinell auszutauschen.

Noch bevor die ersten Lieferanten zum Thema EDI angesprochen wurden, stimmten Vertreter der vier Einkaufsverbaende der Hartwarenbranche ihre gemeinsame Vorgehensweise ab. Im Rahmen einer Resolution verpflichteten sie sich zum elektronischen Datenaustausch auf der Basis der internationalen Norm Edifact und zum Einsatz von EAN.

Da die vier Verbaende zum grossen Teil auf Lieferantenseite die gleichen Klienten haben, schaffte diese Resolution bei der Industrie die erforderliche Akzeptanz. Mit dem bewussten Verzicht auf die Entwicklung weiterer spezifischer Subsets war die Absicht verbunden, die EDI-Einfuehrung deutlich zu forcieren. Ausserdem stand mit der Centrale fuer Coorganisation (CCG) in Koeln ein kompetenter Partner in allen Fragen zum Einsatz der EANCOM- Nachrichten zur Verfuegung.

Die gemeinsame Resolution schuf den Unterbau fuer die beim EDE noetigen technischen Aktivitaeten. Es soll nicht verschwiegen werden, dass das erforderliche EDI-Know-how zu Beginn des Projektes noch sehr gering war und sich erst mit zunehmender Projektdauer aufbaute.

Nach Sichtung des Angebotes an EDI-Systemen im Jahr 1992 entschied sich die EDE-Geschaeftsleitung - auch vor dem Hintergrund des zu erwartenden Datenvolumens und Anzahl von EDI-Partnern - fuer die Anschaffung eines Unix-basierten Systems. Noch im gleichen Jahr wurden die Liefervertraege ueber die EDI-Hard- und Software unterzeichnet.

1993 erfolgte die Installation der Hard- und Software, die Mitarbeiterschulung im Bereich Unix und EDI-System. Als Kommunikations- Plattform wurde die Telebox-400 der Telekom ausgewaehlt. Kriterien, die bei der Auswahl eine wichtige Rolle spielten, waren

- Tarifstruktur,

- Sicherheit,

- Zugangsmoeglichkeiten sowie

- vorhandene Uebergaenge zu anderen X.400-Systemen.

Der Zugang zur Telebox erfolgt ueber einen Datex-P10H-Anschluss mit 9600 Bit/s. Die Anbindung des EDI-Systems an Datex-P war problematisch. Hierdurch verzoegerte sich der Projektterminplan um rund drei Monate. Aufgrund der hoeheren Bandbreite soll Datex-P in Kuerze durch ISDN abgeloest werden.

Das EDE verfuegt fuer den EDI-Testbetrieb sowie fuer den Produktivbetrieb ueber jeweils ein EDI-System sowie jeweils eine Telebox. Dadurch besteht die Moeglichkeit zu ausfuehrlichen Tests mit den Partnern, ohne den laufenden Echtbetrieb zu beeintraechtigen.

Die vier Einkaufsverbaende der Hartwarenbranche haben gemeinsam mit der CCG eine Empfehlung zur Verwendung der EANCOM-Rechnung erarbeitet. Dabei vereinfachte der Verzicht auf den Austausch von Rechnungspositionsdaten die Aufgabe enorm. Das EDE benoetigt im ersten Schritt lediglich die Rechnungskopfdaten und die Rechnungssummen. Die Lieferanten reichen die fuer die EDE- Mitglieder bestimmten Rechnungen nach wir vor auch in Papierform beim EDE ein. Die Rechnungen werden dann von der Verbundorganisation an die Mitglieder weitergereicht.

In der zweiten Stufe, die fuer 1995 geplant ist, soll der Austausch von Rechnungseinzelpositionen realisiert werden. Ab diesem Zeitpunkt kann der Rechnungsdatenaustausch vom Lieferanten zum EDE papierlos erfolgen.

Nachdem der erarbeiteten Empfehlung zunaechst die EANCOM-Rechnung in der Version 92.1 zugrunde lag, wurde erst juengst die Verwendung des Directories D.93A beschlossen. Die entsprechende Dokumentation hierfuer liegt in Form eines "Implementation Guides" bereits seit Anfang 1994 vor. Weiterhin wurde eine Empfehlung bezueglich der Verwendung des Nachrichtentyps Zahlungsavis (Remittance Advice / REMADV) in der Version D.93A entwickelt und den Beteiligten zur Verfuegung gestellt. Die Dokumentationen, die das EDE den Partnern liefert, beziehen sich auf das Zentralregulierungsgeschaeft, ersetzen somit nicht die komplette EANCOM-Invoic beziehungsweise das EANCOM-REMADV. Seit Februar 1995 wird im Zentralregulierungsgeschaeft ebenfalls die EDIKEY-Rechnung unterstuetzt.

Da das EDE bereits ueber praktische Erfahrungen im Bereich DFUe verfuegte, bereitete die Umstellung auf EDI intern keine groesseren Probleme in der Organisation. Darueber hinaus ist aber nicht zu uebersehen, dass zur Zeit mit der Rechnung erst ein Nachrichtentyp ausgetauscht wird.

Dass der Nutzen von EDI mit der Anzahl der EDI-faehigen Geschaeftspartner zunimmt, haben die Verantwortlichen bei der EDE im Rahmen ihrer Planungen bereits von Anfang an beruecksichtigt. Deshalb wurde fuer die Lieferanten eine EDI-Veranstaltung durchgefuehrt. Ziel war, den Teilnehmern einen ersten Einblick in die EDI-Technologie zu vermitteln und sie von dem Nutzen dieses Verfahrens zu ueberzeugen. Der intensive Kontakt zu den Lieferanten fuehrte schnell zu ersten Erfolgen. Seit dem 1. August 1994 werden im Echtbetrieb Edifact-Rechnungen ausgetauscht.

Kurzer Weg von der Bereitschaft zum Betrieb

Hat ein Lieferant erst einmal seine Bereitschaft zur Implementierung von EDI erklaert und sich die erforderlichen Hard- und Softwarekomponenten beschafft, ist es nur noch ein kurzer Weg zum produktiven Betrieb.

Die ersten Uebertragungen erfolgen in der Regel mit nur einigen wenigen Rechnungen ueber eine separate Test-Mailbox der Telebox- 400. Beim EDE findet anschliessend zunaechst ein Syntax-Check statt, bevor das Flat-File zum Host uebertragen wird. Hier werden die eigentlichen Plausibilitaetspruefungen durchlaufen. Die notwendigen Abstimmungsmassnahmen mit den EDI-Partnern gestalten sich erfahrungsgemaess jedoch als nicht sehr aufwendig, so dass nur drei Monate zwischen den ersten Gespraechen und dem elektronischen Austausch echter Rechnungen vergehen.

Es ist allen Beteiligten klar, dass der elektronische Datenaustausch in der Form, wie er heute zwischen EDE und den Lieferanten erfolgt, lediglich einen ersten Schritt zum papierlosen Datenaustausch darstellt. Einwaende, dass die Lieferanten in der derzeitigen Situation in keiner Weise von EDI profitieren wuerden, sind jedoch nicht gerechtfertigt.

Aus Erfahrung kann die Zeit, in der ein paralleler Austausch von Papier- und EDI-Rechnungen stattfindet, dazu genutzt werden, EDI- Know-how aufzubauen, die internen organisatorischen Geschaeftsablaeufe auf deren EDI-Tauglichkeit hin zu untersuchen und Vorbereitungen fuer den zu erwartenden Ausbau der elektronischen Geschaeftsbeziehungen zu treffen. Das elektronische Zahlungsavis steht gemaess Spezifikation der vier Einkaufsverbaende ebenfalls zur Verfuegung. Hierdurch profitiert der Vertragslieferant durch den Wegfall des manuellen Erfassungsaufwandes.

Fazit: Das EDE beschritt bei der Einfuehrung von EDI einen pragmatischen Weg. Akzeptanz stellte sich bei den Geschaeftspartnern durch die konsequente Aufklaerung durch das E/D/E ein. Machbarkeitsstudien groesseren Umfanges sowie ueberaus detaillierte Kosten-Nutzenanalysen waren angesichts der Gewissheit, dass EDI auf dem Weg zur schlanken Unternehmung Mittel zum Zweck ist, nicht erforderlich.

Jedem interessierten Vertragslieferanten bietet das EDE nach wie vor neben Informationen auch die konkrete Unterstuetzung bei der Implementierung von EDI an. Auch in Zukunft verfolgt das EDE das Ziel, unter aktiver Beteiligung der Geschaeftspartner die noch vielfach zu beobachtende EDI-Hemmschwelle abzubauen.

*Bettina Kurrek ist EDI-Projektleiterin beim EDE.

Diplom-Kaufmann Heinz-Helmut Maerz ist Mitglied der EDE-Geschaeftsleitung.