Telearbeiter, habt Acht!

05.09.2006

Schlagzeilen wie diese dürften Ihnen bekannt vorkommen: "Geruchsbelästigung: Kinderloses Paar verklagt mumifizierte Leiche" oder "Rentner vertelefoniert 70 000 Euro - mit der Auskunft".

Bislang konnten wir solche Dinge an uns abperlen lassen. Die Vereinsamung von Teilen der Gesellschaft nahmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, doch betraf sie letztlich Randgruppen, zu denen wir uns (noch) nicht zählen mussten. Seit gestern ist das anders. Das "Wall Street Journal" porträtierte Tony Bono aus New Jersey, einen Telearbeiter, dem die Zeit daheim vor dem Bildschirm so lang wurde, das er jeden Morgen sozial völlig ausgehungert den Postboten in die Arme schloss. Bono wurde so überschwänglich, dass der Mann in Gelb seine Zustellpflichten schon bald vernachlässigte und einen großen Bogen um die Wohnung machte.

Die gravierendsten Folgen von Telearbeit sind also nicht Selbstausbeutung und Verarmung - immerhin wälzen die Arbeitgeber allerlei fixe Kosten auf den Betroffenen ab - , sondern Vereinsamung und in der Folge vorzeitige Demenz. Achten Sie einmal in Ihrem Bekanntenkreis darauf: Gibt es Menschen, die pausenlos darauf los plappern? Die ständig in umständlichster Länge Dinge zwei-, drei- oder viermal erzählen? Geschichten, bei denen sogar die Parkuhr einknicken würde? Es handelt sich ganz sicher um Telearbeiter!

Sie werden nun bestimmt sagen: So ein Blödsinn, ich kenne einige Telearbeiter, die sich völlig unauffällig verhalten und meistens gut drauf sind. Richtig. Diese Menschen haben ein Ventil für ihre soziale Schieflage gefunden. Mit Sicherheit führen sie ein Weblog, dem sie Tag und Nacht all die kleinen Geheimnisse anvertrauen, die sonst niemand hören will. In den USA gibt es übrigens viel mehr Telearbeit als bei uns. Und viel mehr Blogs. Muss man dazu noch etwas sagen?