Jobs für die Atari-Generation

Technische IT-Dienstleister können mehr als nur Schrauben befestigen

09.07.1999
Das Münchner IT-Dienstleistungsunternehmen Tecops unterstützt große Hard- und Software-Unternehmen bei der technischen Projektarbeit. Mittlerweile arbeiten mehr als 500 Mitarbeiter vor Ort bei Kunden. Tecops-Geschäftsführer Michael Ballmann erklärt in einem CW-Gespräch*, wie er auf den Mangel auf IT-Spezialisten reagiert.

CW: Welche Leute bewerben sich für einen Job im IT-Service?

Ballmann: Neben Spezialisten bewerben sich auch DV-Begeisterte, die kein Studium oder eine ganz andere Ausbildung haben. Viele der klassischen Quereinsteiger wenden sich mit guten Kenntnissen an uns, haben aber meistens Hemmungen, sich bei einem namhaften Unternehmen zu bewerben. Zusätzlich kommt die Atari- und Commodore-Generation zum Zug. Diese Leute sind heute zwischen 20 und 30 Jahre alt und haben mit den ersten Computern experimentiert. Sie besitzen großes autodidaktisches Know-how, nur eben ohne Zertifikat. Wir beschäftigen auch einige Bäcker und Kfz-Mechaniker. Bei uns bekommen sie die Chance, professionell in den IT-Arbeitsmarkt einzusteigen.

CW: Suchen Sie gezielt Quereinsteiger, oder gibt es auch Bewerber mit einer abgeschlossenen IT-Ausbildung?

Ballmann: Wir suchen natürlich auch Spezialisten. Von unseren Mitarbeitern besitzen zirka 40 Prozent einen DV-Berufsabschluß, weitere 40 Prozent verfügen über gute Kenntnisse, 20 Prozent haben Grundkenntnisse. Oft sind es Umschüler ohne Praxiserfahrung. Das theoretische Wissen dieser Leute ist gut, es reicht aber oft nicht für den Berufseinstieg.

CW: Wie wählen Sie Ihr Personal aus?

Ballmann: Wichtig ist uns vor allem das Interesse an der IT-Branche. Manche Kandidaten sind vom Arbeitsamt zu einer Umschulung gedrängt worden, weil die Chancen auf einen Arbeitsplatz gut sind, interessieren sich aber überhaupt nicht für die Arbeit. Hier müssen wir in Gesprächen intensiv nachfragen. Und es gibt Leute, die können sich in einem Bewerbungsgespräch unwahrscheinlich schlecht verkaufen, selbst beim Test sind sie noch nervös. Kaum sind sie im Arbeitsalltag, dann starten sie durch.

CW: In welchen Projekten können Sie Leute ohne DV-Berufserfahrung einsetzen?

Ballmann: Seit vier Monaten besitzen wir ein eigenes Trainingscenter, dort schulen wir unsere neuen Mitarbeiter. Das dauert zwischen zwei und vier Wochen. Anschließend gehen sie in das erste leichtere Projekt. Ein erfahrener Teamleiter aus unserem Haus betreut sie vor Ort.

CW: In welchen Abständen finden die Schulungen statt?

Ballmann: Wir haben einen Trainingsplan entwickelt, bei dem jeder Mitarbeiter kontinuierlich geschult wird. Der Trainingspaß ist gleichzeitig die Grundlage unserer Gehaltsstruktur. Da fast niemand mehr einen Überblick über Zertifikate hat, haben wir mit diesem Paß unsere eigenen Maßstäbe gesetzt. Wir unterscheiden zwischen Anwender- und Technikerwissen. Die Einteilung kennen auch unsere Kunden.

CW: Wie finanzieren Sie die Schulungen?

Ballmann: Es existiert kaum öffentliche Förderung. In München gibt es keine Arbeitslosen im IT-Bereich, denn alles, was das Wort Computer aussprechen kann, ist vom Markt gesogen. Fortbildung ist ein gewisser Luxus, doch ohne geht es nicht. Wir haben als Dienstleister nur mit der entsprechenden Qualität eine Chance.

CW: Zahlen Sie Ihren Leuten weniger, um die Weiterbildung zu finanzieren?

Ballmann: Wir als Dienstleister können nicht soviel zahlen wie ein Hersteller, aber um in München zu überleben, ist ein gewisses Gehalt notwendig. Außerdem müssen wir uns an den Vergütungsstrukturen anderer Dienstleister orientieren, sonst würden die Mitarbeiter wechseln. Ein Anfänger verdient mindestens 3800 Mark. Der Verdienst steigt rasch mit der Berufserfahrung und Qualifikation.

CW: Werden Mitarbeiter von Anwendern abgeworben, oder gibt es in diesem Fall Vertragsstrafen?

Ballmann: Es besteht schon eine gewisse Fluktuation, aber das sind eher Einzelfälle, so ein bis zwei Mitarbeiter pro Quartal. Wenn ein Auftraggeber einen unserer Leute zu sich holen möchte, dann reden wir offen darüber. Ich kann und will niemanden zum Bleiben zwingen.

CW: Stellen sich Ihre Leute als Tecops-Mitarbeiter beim Kunden vor?

Ballmann: Gegenüber dem Kunden treten sie unter dem Namen unseres Auftraggebers auf. Die Haltung dazu ändert sich allerdings. Wir haben Projekte, bei denen bekannt ist, daß die Mitarbeiter von uns kommen. Anfangs waren viele Kunden skeptisch, aber mittlerweile ist ihnen klar, daß große Projekte nur mit mehreren Dienstleistern zu schaffen sind. Insgesamt ist die Akzeptanz gestiegen, was wir machen, ist kein Geheimnis mehr. Die Kunden legen großen Wert auf eine reibungslose Abwicklung, und wer dann ganz unten den Schraubenzieher hält, ist egal.

CW: Bringen Sie Ihren Mitarbeiter gute Umgangsformen und soziale Kompetenz bei?

Ballmann: Wir schulen bei unseren Mitarbeitern den Dienstleistungsgedanken, da es bei vielen Technikern nicht unbedingt üblich ist, in diesen Kategorien zu denken. Andere Themen sind selbstsicheres Auftreten und Kleidung, denn damit gibt es immer wieder Probleme. Unsere Mitarbeiter müssen immer mit Hemd, Krawatte und Sakko zum Kunden gehen.

CW: Wie schätzen Sie diesen Markt ein?

Ballmann: Regional gibt es viele Anbieter, bundesweit wenige. Die klassischen Personalagenturen sind kaum in der IT-Welt vertreten. Bei uns sind alle Mitarbeiter fest angestellt. Wir arbeiten nur für die großen Hersteller, und die möchten gern alles aus einer Hand haben. Wir setzen unsere Leute mittlerweile in kleinen Projekten weltweit ein.

CW: Weichen IT-Firmen inzwischen auf Dienstleistungsangebote aus?

Ballmann: Die Hard- und Softwarebranche konzentriert sich auf ihr Kerngeschäft: Vertrieb, Marketing und Entwicklung. Technische Dienstleistungen geben sie außer Haus. Hier macht sich der amerikanische Einfluß bemerkbar. Unsere Projekte laufen meistens zwischen drei und 18 Monaten. Wir sind nicht günstiger, sondern flexibler. Den Firmen entstehen keine Kosten bei der Personalsuche, das ist ein entscheidender Vorteil.

CW: Wie sind Sie auf die Geschäftsidee gekommen?

Ballmann: Ich habe mich schon immer als Dienstleister verstanden, obwohl das Wort in Deutschland verpönt ist. Wir sind seit 1991 in der Branche, bisher sehr stark im technischen Call-Center-Bereich. Inzwischen arbeiten viele Call-Center zentralisiert von England, Schottland und Irland aus, und wir haben uns ein neues Tätigkeitsfeld gesucht. Der Service vor Ort läßt sich nicht zentralisieren, hier sehen wir unsere Chance.

CW: Kann man diesen Job über längere Zeit ausüben?

Ballmann: Es ist nicht jedermanns Sache. Viele Leute leben ab Montag aus dem Koffer und kommen erst am Freitag wieder nach Hause. Die meisten Techniker mögen es, wenn sie eigenverantwortlich und ohne Abteilungsleiter arbeiten können. Wenn es statt acht elf Stunden dauert, dann ist das auch kein Thema. Eigenkündigungen gibt es nur, wenn der Job zu stressig ist, denn der Außendienst ist ein hartes Geschäft.

Tecops...

... will in diesem Jahr 25 Millionen Mark Umsatz erwirtschaften. Das Unternehmen startete am 1. Januar 1999 in München, ein weiteres Büro existiert in Berlin. Geplant sind Niederlassungen in Frankfurt am Main, Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart und Warschau. Schwerpunkt sind IT-Personal- und Projekt- sowie Call-Center-Dienstleistungen. Weitere Informationen sind unter www.tecops.de erhältlich.

*Das Interview führte Ingrid Weidner, freie Journalistin in München.