Technik-Report BETRIEBSSYSTEM-TRENDS Kommentar Im Dschungel der Systeme

04.03.1994

Die Betriebssystem-Anbieter eilen ihren Anwendern wieder einmal meilenweit voraus. Angeblich steht die Generation der neuen Microkernel-basierten und objektorientierten Betriebssysteme unmittelbar vor der Auslieferung, weil sie angeblich jeder unbedingt braucht. Im Eifer des Gerangels um zukuenftige Marktanteile vergessen die Hersteller allerdings, dass ein neues Betriebssystem fuer den Anwender in der Regel erst einmal wenig Freude bringt.

Microsoft hat den Unwillen der Kunden beim NT-Geschaeft bereits zu spueren bekommen. Die Spekulation auf einen Massenmarkt im Endanwender-Bereich ist nicht aufgangen, weil 32 MB Hauptspeicher eben doch kein Klacks sind. Ausserdem hat es das Unternehmen mit wechselnden Positionierungen geschafft, selbst Spezialisten hilflos im Dschungel der Systemspielarten DOS, Windows, NT, Advanced Server, Chicago, Cairo und Daytona zurueckzulassen.

Dieser Verwirrstrategie bedienen sich nicht nur die Marketiers von Bill Gates. Die IBM und ihr Taligent-Joint-venture mit Apple und HP konfrontieren die Branche ebenfalls mit unausgegorenen Vorstellungen ueber den Einsatz von Workplace OS, AIX, Power OS, Mac OS, OS/2 und sogenannten Betriebssystem-Personalities. Auch DEC faehrt einen ausgesprochenen Zickzack-Kurs zwischen VMS, OSF/1 und Windows NT.

Es draengt sich der Eindruck auf, dass diese und andere Anbieter sich selbst noch nicht so ganz ueber ihre eigene Betriebssystem- Zukunft klar sind. Den Anwendern bleibt in dieser Situation nicht viel mehr als sich zu zurueckzulehnen und vorerst bei MVS, Unix oder DOS/Windows zu bleiben.

Vielleicht ist das der Grund dafuer, dass derzeit das laengst totgesagte DOS-Betriebssystem froehliche Urstaende feiert. Sofern sich Anwender ueberhaupt fuer Betriebssysteme interessieren, diskutieren sie die endlich ausgemerzten Bugs von MS-DOS 6.0 oder stuerzen sich auf das nagelneue multitaskingfaehige Novell DOS 7.