Bei der Suche nach DV-Verantwortlichen über die Grenzen schauen:

Technik-Know-how wichtiger als Nationalität

21.10.1988

DV-Führungskräfte sind auf dem Personalmarkt Mangelware. Grund: In den Unternehmen ist die Bedeutung der DV-Funktion immer größer geworden. Auch der Nachwuchs kann die Lücken im DV-Bereich nicht füllen, da die Ausbildung den tatsächlichen Erfordernissen hinterherhinkt. Axel Motlik* rät deshalb den Firmen, bei ihrer Suche nach DV-Verantwortlichen internationaler zu denken.

Qualifizierte Manager für Führungspositionen zu finden, ist zu einer äußerst diffizilen Aufgabe für Personalberatungsunternehmen und Personalchefs von Firmen geworden. Der Anforderungskatalog an die Persönlichkeit eines Managers, an sein Wissen, Können und seine Erfahrung ist in den letzten Jahren immer umfangreicher geworden.

Eine Tatsache, die ganz eindeutig mit den komplexer und damit komplizierter werdenden Wirtschaftsstrukturen in Zusammenhang gebracht werden kann. Der Schwierigkeitsgrad, geeignete Manager zu finden, erreicht jedoch einen Höhepunkt, wenn Führungspositionen im DV-Bereich für Wirtschaftsunternehmen gesucht werden. Der Begriff "Engpaß" auf allen Hierarchie-Ebenen beschreibt die gegenwärtige Situation in diesem Bereich am deutlichsten.

Der Grund ist ein mehrfacher. So ist zum Beispiel in den vergangenen Jahren die Bedeutung der DV-Funktion in den Unternehmen wesentlich größer geworden. Sie wurde mehr und mehr als zentrale Planungsstelle innerhalb der Organisationen anerkannt. Man kann sagen, daß DV heute einen Reifegrad erreicht hat, der die Datenverarbeitung in vielen Firmenbereichen zum Dreh- und Angelpunkt strategischer Planung hat werden lassen. Der Einsatz von DV, oder besser gesagt, die Einsicht, Datenver-arbeitung für mehr Funktionen zu benutzen als nur im Kontroll- und Finanzsystem der Firmen, setzte sich jedoch schneller durch, als geeignete Fachkräfte für die entsprechenden Positionen derzeit zur Verfügung stehen. Die neuen Funktionsbereiche provozieren nun einerseits einen hohen Bedarf an bestens ausgebildeten Mitarbeitern, andererseits aber auch an Führungskräften, die sich auf den strategischen Einsatz von DV verstehen und ihn konstruktiv steuern können.

In diesem Zusammenhang ist noch auf einen anderen Umstand hinzuweisen. Er betrifft die Ausbildung derartiger Fachkräfte. Wie auch auf anderen Gebieten, so hängt leider auch hier das gesamte Ausbildungswesen den Erfordernissen der Zeit hinterher. Management-Information-System (MIS)-Ausbildung und Erfahrung haben zum Beispiel nur wenige, verglichen mit den Positionen, die besetzt werden könnten.

MIS verlangt eine hohe Qualifikation, unternehmensganz-heitlich denken und projektieren zu können. Der MIS-Manager muß in der Lage sein, alle Daten aus allen Bereichen der Firma zusammen-fassend zu erkennen, um sie in Informationen für Unternehmens- und marktorientierte Entscheidungsprozesse umwandeln zu können. Der dafür geeignete Manager muß sozusagen ein DV-Verständnis besitzen, das in seiner ganzheitlichen Betrachtung die Arbeitsfelder Strategie, Verkauf, Marketing und Kommunikation umfaßt.

Ausländische Manager mehr in Betracht ziehen

Mit der zunehmenden Bedeutung der DV ging zugleich eine stark wachsende Einschätzung der Führungskräfte dieser Bereiche einher. Sie wiederum beeinflußte natürlich sehr stark die Voraussetzungen, unter denen die Suche nach entsprechend hochqualifizierten Talenten heute zu erfolgen hat. Unabhängig von der Tatsache, daß es schwierig ist, solche Talente zu finden, engen deutsche Unternehmen ihren Suchradius zudem noch ein, da sie fast ausschließlich nur deutsche Manager für diese wichtigen Positionen einstellen wollen. Multinationale Unternehmen dagegen suchen im weitesten Sinn auf internationaler Ebene und scheuen sich nicht, ihr Suchfeld weltweit auszudehnen. Auch im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt ab 1992 ist dies sicher eine Zukunftsplanung, die sich auszahlen wird.

Da in den USA der DV-Manager bereits stärker und häufiger im Unternehmensgeschehen etabliert ist, stützt man sich in Europa zur Zeit noch sehr oft auf die in Amerika gewonnenen Kenntnisse und Erkenntnisse in diesem Bereich. Das MIS-Konzept hat sich eben in den USA schon vor längerer Zeit entwickelt und wird dort als Strategie-Planungshilfe zum Vorteil der Marktkompetenzen der Unternehmen eingesetzt.

Geeigneter Nachwuchs ist noch immer Mangelware

Die Ausbildung der DV-Führungskraft führt am besten über die Studiengänge der Informatik und des Wirtschaft-Ingenieurs, wobei es zur Abrundung des Studiums von Vorteil ist, noch den Master of Business Administration (MBA) zu erwerben. Da der Datenfundus in einem Unternehmen niemals einlinig benutzt werden darf, sondern stets vernetzt angewendet werden muß, um Entscheidungenvorzubereiten, wird eine spezielle Begabung für Überblicks-Analysen gefordert, um auf diesem Gebiet ein qualifizierter Manager zu werden. Für Positionen mit solchen Vorbedingungen ist noch nicht genügend Nachwuchs zu finden. Aus der Sicht einer international arbeitenden Personalberatungsfirma, die täglich mit Suchaufträgen nach Managern dieses Zuschnitts beauftragt wird, ist es daher unumgänglich, sich nicht nur auf die Ressourcen des heimischen Marktes zu verlassen. Den Klienten kann man daher nur raten, gerade für den DV-Bereich internationaler zu denken und zu handeln.

Besonders für deutsche Firmen heißt das, sich zumindest europäischer auszurichten. Im Vordergrund jeder Suche sollte doch stets das Können und Fachwissen eines Managers stehen und nicht die Sprache, die er zufällig als seine Muttersprache gelernt hat, oder das Land, in dem er geboren wurde. Können und Leistungsvermögen sind heute global zu betrachten.

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*Axel Motlik ist Vice President & Partner bei Korn/Ferry International GmbH, Frankfurt.