Technik für Chips der Zukunft

06.12.2007
Von Handelsblatt 
Chipstrukturen mit wenigen Nanometern: Eine Innovation aus dem Schwabenland sichert die Produktion der Computerchips von morgen: Entwickler der Zeiss-Tochter Carl Zeiss SMT haben mehr als zehn Jahre an der Entwicklung der Miniaturtechnik geforscht - jetzt können noch mehr elektronische Bauelemente auf einem Computerchip platziert werden.

Die Carl-Zeiss-Forscher Peter Kürz, Winfried Kaiser und Martin Lowisch haben eine optische Technik entwickelt, mit der die Miniaturisierung der Mikroelektronik über Jahre hinweg gesichert ist. Mit ihr können Chipstrukturen mit wenigen Nanometern (1 Millionstel Millimeter) hergestellt und noch mehr elektronische Bauelemente auf einen Computerchip gepackt werden.

Die Entwickler der hundertprozentigen Zeiss-Tochtergesellschaft Carl Zeiss SMT haben mehr als zehn Jahre an dieser Technik geforscht. Das Unternehmen hat mehr als 100 Mill. Euro in ihre Arbeit investiert. 2005 war es dann soweit: Das erste optische System für die Chipproduktion der Zukunft wurde an den Entwicklungspartner ASML, einen niederländischen Hersteller von Belichtungsmaschinen, so genannten Wafersteppern, ausgeliefert. Dieser hat damit den Prototypen einer neuen Produktionsmaschine gebaut, die mit dem so genannten EUV-Lithographieverfahren Strukturen von 35 Nanometern und weniger auf einem Chip herstellen kann.

Die EUV-Lithographie (EUV: extremes Ultraviolett) funktioniert ähnlich wie die Fotolithographie - das Verfahren, das bis heute zur Fertigung von Mikrochips genutzt wird. Damit werden winzige Strukturen von Transistoren und elektrischen Leiterbahnen erzeugt. Als Rohmaterial dient eine dünne Siliziumscheibe, der so genannte Wafer. Die Chipstrukturen sind auf einer Maske vorgezeichnet und werden von der Optik des Lithographiegeräts verkleinert auf dem Wafer abgebildet. In weiteren Bearbeitungsschritten werden dann die dreidimensionalen Komponenten von Mikroprozessoren und Speicherchips generiert.

Je kürzer die Wellenlänge des Lichts, desto kleinere Strukturen lassen sich erzeugen. Damit passen mehr Bausteine auf einen Computerchip, der dadurch leistungsfähiger wird. Bislang ist es gelungen, die Zahl der Transistoren auf den jeweils modernsten Chips alle zwei Jahre zu verdoppeln - wie es Intel-Mitbegründer Gordon Moore 1965 vorhergesagt hat (Moore's Law). Damit verbunden war eine stetige Senkung der Kosten pro Funktionseinheit. Das ermöglichte den Siegeszug der PCs, von Internet, Mobiltelefonen und digitaler Unterhaltungselektronik.

Bei der Produktion heutiger Chips setzt die Industrie Lithographiegeräte ein, die ultraviolettes Licht mit einer Wellenlänge von 193 Nanometern nutzen. Damit können die Chipfirmen aber nur Strukturen bis zu 45 Nanometern Größe herstellen. "Das reicht bei den heutigen Innovationszyklen nur noch bis Ende dieses Jahrzehnts", sagt der Sprecher des nominierten Projektteams Peter Kürz. Spätestens dann müssten die Hersteller auf die EUV-Lithographie wechseln. Bei der Entwicklung ihrer optischen Komponenten mussten die Carl-Zeiss-Forscher zahlreiche Hürden nehmen. Da Licht der Wellenlänge 13,5 Nanometer von keinem Material oder Gas hindurchgelassen wird, kann ein EUV-System - im Gegensatz zu konventionellen Systemen, die vorwiegend aus Linsen bestehen - nur mit Hilfe von Spiegeln gebaut werden.

Und diese müssen dann höchsten Anforderungen genügen. "Wir haben für unser optisches System die weltweit präzisesten Spiegel gefertigt", sagt Kürz. Die Entwickler haben bei der Oberflächen der Spiegel, die aus rund 100 reflektierenden Schichten aufgebaut sind, Genauigkeiten von unter 150 Pikometern erzielt - ein Pikometer ist ein Milliardstel eines Millimeters. Zum Vergleich: Wenn der Spiegel so groß wäre wie die Fläche von Deutschland, dann dürfte dieser auf der Strecke zwischen Flensburg und München nur eine Unebenheit von maximal 1,5 Millimetern haben.

Außerdem müssen die Spiegel hochgenau in Position gehalten werden. "Sie kennen das: Wenn Sie einen Spiegel verkippen, dann gucken Sie sofort in eine ganz andere Richtung", erläutert Kürz das Problem. Ein solches Verkippen darf bei den Spiegeln in unserem System nicht passieren. Um die Stabilitätsanforderungen zu erfüllen, entwickelte das Team "völlig neue Konzepte".

Zur Verdeutlichung der hohen Präzision hat Kürz auch hier einen Vergleich parat: "Würde ein Laserstrahl über einen unserer EUV-Spiegel umgelenkt und auf den Mond gerichtet, dann hätte der Laserfleck auf dem Mond eine Positionsgenauigkeit von rund zehn Zentimetern - und das bei einem Abstand von etwa 400.000 Kilometern."

Nachdem ASML und Zeiss die Leistungsfähigkeit ihrer neuen Belichtungstechnik unter Beweis gestellt hatten, haben sie Ende vergangenen Jahre zwei Testmaschinen ausgeliefert - eine an das belgische Institut IMEC (Partner sind Intel, Samsung, Matsushita/Panasonic, Philips, Micron, STMicroelectronics, Texas Instruments, TSMC und Qimonda) und eine weitere an das amerikanische Forschungszentrum Albany NanoTech (Partner sind IBM, Qimonda, Micron, AMD, Sony und Toshiba). Die Chiphersteller verwenden diese nun für die Entwicklung ihrer künftigen Fertigungsprozesse.

Experten rechnen mit einer zügigen Etablierung der EUV-Technik, da sie im Gegensatz zu anderen Alternativen eine Chipfertigung mit hoher Produktivität erlaubt und wegen ihrer Ähnlichkeit mit heute verwendeten Produktionstechniken leicht in die Chipfabriken integriert werden kann. Bei ASML liegen daher bereits erste feste Bestellungen für die Serienmaschine vor, die 2009 auf den Markt kommen soll.