Telekommunikation schafft das betriebsinterne Problem der Aus- und Weiterbildung:

Technik allein bringt noch keine Vorteile

19.03.1982

DÜSSELDORF - Neue Bürokommunikationstechnologien sollen in erster Linie die Produktivität von Unternehmen, Verwaltungen und Behörden steigern. Da die Einführung dieser Systeme aber zunächst einmal Investition bedeutet, kann eine erhöhte Produktivität nur dann erzielt werden, wenn sich einerseits Gewinn und/oder andererseits ein erhöhter Output ergeben. Dies wiederum ist nur dann möglich, wenn die Verwaltungskosten im Bürobereich sinken beziehungsweise dort effektiver gearbeitet werden kann.

Gewinne im Bürobereich zu erwirtschaften, gleicht einem Kampf mit Windmühlenflügeln: In der Regel bringen mehr die dort verwalteten Produkte oder der rationell verwaltete Einsatz von Manpower Profite -abzüglich eben der Verwaltungskosten.

Je kleiner diese also gehalten werden können, um so größer ist logischerweise der Gewinnanteil. Die andere Variante beinhaltet, daß die Büros effektiver arbeiten, also in kürzerer Zeit mehr bewältigen müssen.

Wenn die neuen Telekommunikationssysteme dies zu leisten in der Lage sind - die technischen Möglichkeiten lassen kaum noch Zweifel daran zu -, dann müssen sie bei mindestens gleichen Gesamtkosten (einschließlich der Investitionen) den Output pro Zeiteinheit vergrößern.

Das Problem läßt sich also reduzieren auf die Frage, wie sich die Produktivität der Mitarbeiter steigern läßt, ohne daß zu den bestehenden Schwierigkeiten (Arbeitsplatzverknappung, Mißtrauen und Ängste gegenüber Innovationen etc.) weitere hinzukommen.

Schulung ist Investition

Je qualifizierter die technischen Systeme genutzt werden, um so günstiger ist der Effekt für das Unternehmen. Andererseits zeigen die Statistiken der Arbeitsämter, daß nach wie vor große Nachfrage nach Spezialisten, also qualifiziert geschulten Arbeitskräften, besteht.

Natürlich trennt sich jedes Unternehmen leichter von ungelernten oder mangelhaft ausgebildeten Arbeitskräften als von solchen, in deren Schulung bereits investiert worden ist. Der Output stellt also gewissermaßen eine Funktion der Investition dar, so daß sich aus dieser Sicht eine Art Kreislauf ergeben kann:

Der erste Schritt der innerbetrieblichen Ausbildung beispielsweise besteht darin, sich zunächst einmal Klarheit über die Ausbildungsziele zu verschaffen.

Die Hersteller von Geräten und Systemen bieten im allgemeinen Schulung in der Systembedienung an.

Wer jedoch im Büro der Zukunft die Übersicht gewinnen und behalten will, muß (zumindest im Management) neuartige Kenntnisse und Fähigkeiten aufweisen oder erwerben: Software-Kenntnisse, Kenntnisse über öffentliche Datennetze mit ihren Bestimmungen und Tarifen Kenntnisse über Terminalfunktionen in den verschiedenen Anwendungsbereichen (hier zunehmend auch Textverarbeitung und Textkommunikation) und schließlich über Störungsbehebung in Kommunikationsnetzen (Servicetools).

Daraus ergeben sich eine Reihe von Umstrukturierungen im gesamten Bürobereich. Hinsichtlich der Schulung von Mitarbeitern heißt das auf der Ebene von Managern und Sachbearbeitern: Kapazitätsausgleich, andersartige Aufgabendelegation, neue Arbeitsplanung (eventuell auch für andere involvierte Bereiche wie die Produktion), Kommunikations- und Terminmanagement können rationeller gestaltet werden und halten das Unternehmen und die Abteilungen grundsätzlich flexibler - der Lösung muß die Problemkenntnise folgen, den technischen Möglichkeiten muß die personelle Nutzung zugewiesen werden.

Nach dem Gesamtkonzept, entsprechend den Anforderungen des Unternehmens, hat eine Systemschulung einzusetzen, weil sich beispielsweise eine Investition in ein integriertes Sprach-, Daten- und Textnetz etwa als recht unrentabel erweisen muß, wenn die Mitarbeiter an einem kombinierten Text-/Datenterminal nur entweder Texte oder Daten verarbeiten.

Planungsschritte

Die Kosten für anspruchsvolle Systemkomponenten sind heute noch so hoch, daß zum Beispiel die Anschaffung von intelligenten Laserdruckern mit Fernkopierfähigkeit nur sinnvoll sein kann, wenn die Kommunikationspartner mit einem vergleichbaren Gerät ausgerüstet sind und wenn solche Geräte allein schon als "normale" Bürokopierer ausgelastet werden könnten. Wo dies allerdings ausschließlich geschieht, erweisen sie sich ebenfalls als Fehlinvestitionen.

Je besser nun Mitarbeiter in verantwortlichen Funktionen geschult sind, desto relevanter wird auch bereits die Planung ausfallen. Die einzelnen Planungsschritte können so aussehen:

- Information über technische Möglichkeiten;

- Vergleich der Herstellerangebote mit den verfügbaren Diensten der Deutschen Bundespost

- Analyse der benötigten Anwendungen und Kapazitäten, System- und Organisationsplanung,

- Systemschulung und -implementation (gleichzeitig),

- (Um-)schulung der Anwender und Endbenutzer im Hard- und Softwarebereich.

Zeitlich gesehen erscheint es sinnvoll, einige Schritte parallel durchzuführen, damit das Gesamtkonzept bereits stufenweise funktioniert und die teuren Geräte nicht ungenutzt nur als Kostenfaktoren herumstehen.

Die Schulung der Endbenutzer nach "unten" aufgefächert, erfolgt dann in speziellen Bereichen wie der Identifikation und Nutzung von abrufbaren Textbausteinen, Aufbau und Verwaltung von Dateien (Standardtexte, Ablagen, Dokumentationssystemen) sowie der Arbeitsweise in Servicepool-Organisationen.

Je weiter man der Unternehmenshierarchie nach unten folgt, desto stärker tritt das Akzeptanzproblem wieder in den Vordergrund. Aus psychologischer Sicht ist "Sicherheit" als etwas Gewohntes zu verstehen; man "weiß, was man hat" - auch wenn die Unzufriedenheit mit dem bestehenden Arbeitsplatz noch so groß ist. Dem ausschließlich durch gezielte unternehmensinterne Schulung zu begegnen, ist nicht möglich. Die öffentliche Meinung - wesentlich gepägt durch die Massenmedien - bestärkt diese so verstandene Sicherheit vorläufig noch, solange nur vermeintliche Nachteile im "Büro der Zukunft" gesehen werden.

Presse, Rundfunk und Fernsehen haben allerdings in Ansätzen auch positivere Seiten der Telekommunikation erkannt und publiziert - so blieben noch Schulungsangebote von Institutionen mit ebenfalls größerer Breitenwirkung (Verbände, Gewerkschaften, Volkshochschulen) abzuwarten. Auch die Deutsche Bundespost hält sich in der Verbreitung ihres Dienstleistungsangebotes noch sehr zurück; Möglichkeiten wie Bildschirmtext sind selbst dort, wo Pilotprojekte laufen, nicht immer bekannt, und der "Telebrief" (Fernkopie von Postamt zu Postamt oder Telefax-Teilnehmer) ist zum potentiellen Nutzer noch nicht vorgedrungen.

*Knut Lanzke ist bei Advanced Systems GmbH, Düsseldorf, als Redakteur tätig.