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TechEd 05: SAP-Kunden wollen Enterprise Services Architecture realisiert haben

21.09.2005
Immer mehr Unternehmen begännen damit, ihre IT-Infrastruktur gemäß dem Konzept einer Service-orientierten Architektur (SOA) umzubauen, so SAP-Vorstand Shai Agassi.

WIEN (COMPUTERWOCHE) - SAP steckt weiter mitten im Umbau seiner Softwarearchitektur und steht zunehmend unter dem Druck, die Kunden mit konkreten Anwendungsszenarien von den Vorteilen Service-orientierter IT-Infrastrukturen zu überzeugen. Das drängendste Anliegen der Kunden sei derzeit, wie das Konzept der Enterprise Services Architecture (ESA) in die Realität umzusetzen sei, erläuterte Shai Agassi, President Product and Technology Group und Vorstandsmitglied der SAP, zur Eröffnung der Konferenz "SAP TechED" in Wien.

Der Konzern wähnt sich dabei auf dem richtigen Weg. Immer mehr Unternehmen würden damit beginnen, ihre IT-Infrastruktur entsprechend dem Konzept einer Service-orientierten Architektur (SOA) umbauen. Fast 2800 Kunden würden Agassi zufolge bereits ESA-Komponenten einsetzen. Jeden Tag kämen weitere fünf Netweaver-Anwender hinzu. Einwände, diese Kunden hätten zwar die aktuelle SAP-Technik lizenziert, würden die aber nicht einsetzen, lässt der SAP-Vorstand nicht gelten. Es gebe strikte Richtlinien für die Anerkennung als ESA-Referenzkunde. Diese müssten mindestens zwei Komponenten aus dem Netweaver-Stack aktiv einsetzen sowie SAP-eigene wie Nicht-SAP-Systeme über die Integrationsplattform verknüpfen. "Außerdem müssen sie glücklich sein", ergänzt Agassi augenzwinkernd.

Wie SAP jedoch zwischen den Zeilen selbst einräumt, stehen die meisten Unternehmen noch am Anfang ihres Weges in Richtung SOA. Bei dem Kunststoffspezialisten Veka AG aus Münster, den die Walldorfer als neuen Referenzkunden für ESA präsentierten, sollen die weltweit unterschiedlichen IT-Systeme auf Basis von Netweaver integriert werden. Dabei sollen die Geschäftsprozesse in den 33 Niederlassungen weltweit vereinheitlicht werden, erläutert Thomas Sauerland, Vorstandsvorsitzender von Veka. Allerdings sei erst im folgenden Schritt angedacht, die globalen Daten zu konsolidieren und ein unternehmensweites Berichtswesen einzuführen. Sauerland verfolgt nach eigenen Worten einen pragmatischen Ansatz. Die SAP-Lösungen müssen konkrete Business-Probleme lösen. Nur eine technische Vision reiche nicht aus.

"Mit SAP Netweaver können Unternehmen einen serviceorientierten Ansatz verfolgen, um flexibler auf sich ständig ändernde Geschäftsentwicklungen zu reagieren", wirbt Agassi für die SAP-Architektur. Seit nunmehr über zwei Jahren versuchen die SAP-Verantwortlichen ihre Kunden von den Vorteilen der neuen Architektur zu überzeugen. Die Argumente bleiben die Gleichen. Wie SAP-Chef Henning Kagermann verweist auch Agassi auf die aus seiner Sicht starren und unflexiblen IT-Systeme vieler Kunden, die nur schwer zu integrieren seien, hohe Kosten verursachten und sich angesichts des sich immer schneller verändernden Marktumfelds nur langsam an neue Herausforderungen des immer härter werdenden Wettbewerbs anpassen ließen.

Um die Entwicklung von ESA weiter voranzutreiben, arbeiten SAPs Prozessspezialisten mit Hochdruck an der Definition von Enterprise Services. SOA sei zwar die nächste Stufe der Softwarearchitekturen, erläutert Agassi. "Das ist aber nicht genug." Um diese Idee in die Realität umzusetzen, benötige man eine Geschäftssemantik, mit deren Hilfe Geschäftsprozesse in den Unternehmen definiert werden und anschließend mit den entsprechenden Softwaremodulen unterlegt werden können.

Zu diesem Zweck arbeitet SAP an einem Service-Repository, das Kunden wie Partnern offen stehen soll, erklärt George Paolini, Executive Vice President für das Platform Ecosystem der SAP. Momentan lägen bereits rund 500 dieser Services vor. In dieser ersten Phase sollen vor allem horizontale, branchenübergreifende Abläufe für SAPs Service-Architektur definiert werden. Künftig würden jedoch auch verstärkt vertikale, branchenspezifische Services in das Repository einfließen. Am Ende könnten Partner und Kunden aus einem Reservoir mit bis zu 10 000 Prozessbeschreibungen schöpfen, prognostiziert Paolini. Bedenken wegen der Komplexität, dieses Repository zu verwalten, hat der SAP-Manager nicht. Mit Zertifizierungen werde SAP dafür sorgen, dass dieses Servicelager handhabbar bleibt.

Seit Beginn dieses Jahres verstärkt SAP seine Bemühungen, das Partnernetz um ESA auszubauen. Auf der Kundenveranstaltung Sapphire im Frühjahr dieses Jahres in Kopenhagen kündigte der größte deutsche Softwarehersteller zahlreiche Kooperationen mit verschieden IT-Anbietern an (siehe SAP schmiedet Pakte für seine Enterprise Services Architektur (ESA), unter anderem das "Mendocino"-Projekt mit Microsoft (siehe SAP und Microsoft koppeln Office mit ERP und MS-Office soll Mysap-Frontend ersetzen). Agassi zufolge haben bereits 172 IT-Partner Netweaver-Technik in Lizenz genommen. Bis Ende 2006 soll sich die Zahl der Hersteller, die das Logo "Powered by SAP Netweaver" auf 1000 erhöhen. Der SAP-Vorstand geht jedoch davon aus, diese Marke bereits wesentlich früher zu durchbrechen.

"Wir haben den Kunden den Pfad gezeigt, wie sie zu ESA gelangen", gibt sich Agassi zuversichtlich. Die Geschwindigkeit bestimmen allerdings die Anwender, wie auch der SAP-Vorstand einräumen muss. Nach wie würden einige Kunden mit dem SAP-Release R/2 arbeiten, berichtet der SAP-Manager. "Sie sind zufrieden damit. Es ist das Geschäft der Kunden, nicht das unsere."

Bedenken, die Konkurrenz könnte SAP unter Druck setzen, hat Agassi nicht. Die Zahl derjenigen Anbieter, die ihren Kunden eine solide Applikationsplattform anbieten können schrumpft, erläutert er mit Hinblick auf die jüngsten Akquisitionen seitens Oracle (siehe Mit Siebel kauft Oracle Marktanteile). Den zeitlichen Vorsprung glaubt der jüngste der SAP-Vorstände sicher. Während SAP bereits an der Umsatzung der SOA-Idee arbeite, würden viele andere Anbieter gerade erst beginnen sich damit zu beschäften. "Außerdem wird die Konkurrenz Zeit brauchen, ihren Bauchladen in Ordnung zu bringen", kann sich Agassi einen Seitenhieb auf Wettbewerber Oracle nicht verkneifen (siehe Großbaustelle Oracle). (ba)