Bis alles funktioniert, vergeht viel Zeit

Teamarbeit - Wundermittel oder Wunschtraum?

07.07.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Warum die Arbeit im Team häufig glorifiziert wird und warum die Realität anders aussieht, sagt Bernhard Kuntz.

Keine andere Arbeitsform wurde in den vergangenen Jahren so stark propagiert und glorifiziert wie die Teamarbeit. Doch inzwischen ist in den meisten Unternehmen eine gewisse Ernüchterung eingekehrt. Unter anderem weil die betriebliche Praxis zeigt: Teamarbeit ist kein Allheilmittel. Und: Bis ein Team funktioniert vergeht Zeit.

Foto: Fotolia, Goldblick

Welche Mitarbeiter der Unternehmen müssen "teamfähig" sein? Fast alle - wenn man den Stellenanzeigen glaubt. Ganz gleich, ob in ihnen ein Polier für einen Bautrupp, ein Art-Direktor für eine Werbeagentur oder ein Controller für ein Produktionsunternehmen gesucht wird, meist lautet eine Anforderung an den neuen Mitarbeiter: Er sollte teamfähig sein.

Dass der Begriff Team so inflationär gebraucht wird, hat laut Elisabeth Heinemann, Professorin für Schlüsselqualifikationen an der Fachhochschule Worms, unter anderem folgenden Grund: Die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Unternehmen haben sich gewandelt. "Heute wird in den meisten Betrieben viel bereichs- und funktionsübergreifender gearbeitet als noch vor zehn Jahren", konstatiert sie. "Die einzelnen Aufgaben werden nicht mehr in so viele Teilaufgaben zerlegt, die Einzelpersonen zugewiesen werden. Vielmehr sollen mehrere Mitarbeiter diese gemeinsam lösen. Hierfür sind Mitarbeiter mit anderen Denk- und Verhaltensstrukturen nötig."

Ähnlich sieht dies Professor Dr. Karl Müller-Siebers, Präsident der Fachhochschule für die Wirtschaft, Hannover. "Gefragt sind heute Mitarbeiter, die über ihre Schreibtischkante hinausblicken und begreifen, dass sie einen wichtigen Beitrag innerhalb eines Gesamtprozesses leisten. Das müssen sie beim Erfüllen ihrer Aufgaben vor Augen haben. Sonst produzieren sie Insellösungen, die nicht zusammen passen."