Taiwans IT-Produzenten schuetteln das Image des Billiganbieters ab Power-PC und Pentium waren die Attraktionen der Computex

24.06.1994

TAIPEH (ade) - Der Ruf der taiwanischen IT-Industrie, lediglich als Billiganbieter zweitklassiger Hardware zu fungieren, gehoert der Vergangenheit an. Man will in den kommenden Jahren dem Wirtschaftsrivalen Japan Paroli bieten und anschliessend amerikanische Anbieter das Fuerchten lehren. Dennoch dominierten die US-Kolosse IBM und Intel mit ihren aktuellen Prozessoren auf Asiens groesster Computermesse "Computex '94" in Taipeh.

Trotz eines grossen Produktangebots von taiwanischer Seite waren es zwei renommierte US-Hersteller, denen das Hauptaugenmerk der Interessenten auf der Computex galt: IBM und Intel. So sorgten hauptsaechlich Intels Pentium-Prozessoren und die IBM-Motorola- Apple-Koalition mit ihrem Power-PC fuer zeitweise 30 Meter lange Warteschlangen an den Eingaengen. Die Publikumsmagneten IBM und Intel hatten zudem Pentium-Notebooks, Dual-Prozessor-Pentium- Boards und 486-DX4-Prozessoren bis hin zum Power-PC im Gepaeck.

Gleich am ersten Tag der Veranstaltung eroeffneten Big Blue und Motorola das weltweit erste "Power PC Technical Center" in der Hauptstadt Taiwans, um eine "globale Nachfrage und Unterstuetung fuer Power-PC-Produkte zu gewaehrleisten". Die zehn Mann starke Einrichtung soll vor allem den Support fuer Hardware-, Software- und Chiphersteller aus dem ganzen asiatisch-pazifischen Raum bereitstellen. Weitere solche Support-Center sollen folgen.

Recht zufrieden mit dem Ablauf der Computex zeigte sich die Miro Computer AG aus Braunschweig, einer der vier deutschen Messeaussteller. Der Grafikkartenhersteller ging hauptsaechlich mit seinen neuen Platinen der "Crystel-PV"-Serie auf Kundenfang. "Fuer uns ist diese Messe wesentlich interessanter als die CeBIT", erklaerte Rolf Gaertner, Vice-President Marketing. Im Gegensatz zur Hannover-Messe koennten auf der Computex "wirklich rentable Geschaefte" abgewikkelt werden. Die Teilnahme an der kommenden CeBIT sei schon aus diesem Grund unwahrscheinlich. Ein kuenftiger Besuch der Computex stehe indes ausser Frage.

Marktforscher auf der vom China External Trade Development Council (Cetra) gemeinsam mit der Taipei Computer Association (TCA) veranstalteten Verkaufsmesse waren sich einig: Taiwan ist laengst nicht mehr ein Anbieter von billigen, minderwertigen Produkten. Auch die IBM sparte nicht mit Lob: "Taipeh hat sich den Respekt als PC-Hauptstadt des Ostens verdient", so Bill Larosa, Director of Microelectronics Division bei Big Blue. Hersteller wie Mitac, Asustek Computer, Eligegroup Computer Systems und nicht zuletzt Acer zeigten Hardware vom State of the art, wie beispielsweise Motherboards mit Pentium-Dual-Prozessoren.

Den Aufschwung von Taiwans IT-Industrie belegten das von der Regierung gegruendete Market Intelligence Center (MIC) und das Institute for Information Industry (III) mit Zahlen. So steigerte Taiwan seine Bildschirmproduktion um 33 Prozent und sicherte sich einen Weltmarktanteil von 51 Prozent. Scannerproduzenten verbuchten im gleichen Zeitraum ein Plus von 25 Prozent, womit sie sich einen globalen Anteil von 55 Prozent sicherten. Gute Geschaefte machten auch die Anbieter tragbarer Rechner. Mit einem Zuwachs von 76 Prozent konnten sie die groesste Steigerung erzielen. Nach wie vor weltweit fuehrend sind die Hersteller von Hauptplatinen. Zwar produzierten sie 1993 13 Prozent weniger Mainboards als im Jahr zuvor, sind mit 83 Prozent Marktanteil allerdings nach wie vor weltweiter Spitzenreiter der IT-Anbieter.

Colley Hwang, Deputy Director bei MIC, erwartet fuer 1994 eine Zunahme der Hauptplatinenherstellung um rund 2,7 Millionen auf 11,7 Millionen Stueck. Alles in allem rechnet er in diesem Jahr mit ueber elf Milliarden Dollar Exporteinnahmen aus dem IT-Geschaeft. Unterstuetzt, so das MIC, wurde Taiwans IT-Industrie durch eine Finanzspritze der Regierung. Etwa 6,5 Prozent des Forschungs- und Entwicklungsbudgets machte der Staat zuletzt fuer diesen Bereich locker.