Neuerlich hohe Verluste und Verlängerung der Kurzarbeit bei der Olivetti-Tochter:

TA kommt um Personalabbau nicht herum

30.01.1987

NÜRNBERG (bk) - Ein Faß ohne Boden scheint die frühere VW-Tochter Triumph-Adler AG (TA) auch für ihren neuen Besitzer Olivetti zu werden. Das Nürnberger Unternehmen wird für das Geschäftsjahr 1986 neuerlich einen dreistelligen Millionenverlust hinnehmen müssen. Deshalb droht dem Unternehmen jetzt ein weiterer Personalabbau.

Schon im Dezember vergangenen Jahres hatten Branchenkenner der seit September 1986 zum italienischen Olivetti-Konzern gehörenden Triumph-Adler AG ein Defizit von 150 bis 200 Millionen Mark prognostiziert. Jetzt verdichten sich die Anzeichen, daß sich der Verlust für das Geschäftsjahr 1986 auf mehr als 200 Millionen Mark beläuft. In der Branche werden derzeit gar 300 Millionen Mark Minus gehandelt. TA-Pressesprecher Peter Dörntlein wollte dies zwar nicht bestätigen, "weil keine genauen Zahlen existieren". Er gab jedoch zu, daß der Verlust in "diese Richtung tendiere".

Dollarkursverfall und Marktverschiebungen sollen die Gründe für das erneut hohe Minus-Ergebnis sein. Dabei habe, so Triumph-Adler, vor allem die Entwicklung des Dollars das Exportgeschäft erheblich belastet. Gesunken sei jedoch auch die Zahl der Fremdaufträge im Schreibmaschinen-Sektor. Noch 1985 konnte dieser Bereich rund 60 Prozent zum TA-Gesamtumsatz von etwa einer Milliarde Mark beisteuern. Die Stückzahlen lagen damals bei 750 400. Sie sollen im abgelaufenen Jahr um zehn Prozent auf 675 900 gesunken sein. Für 1987 erwartet man gar einen Rückgang um 28 Prozent auf 485 000.

Erste Maßnahmen sind bereits getroffen. So wurde jetzt die Kurzarbeit bis einschließlich März verlängert. Im Dezember 1986 hatte Vorstandsvorsitzender Francesco Tato noch von einer nur zweiwöchigen Kurzarbeit im Januar 1987 gesprochen. Innerhalb der Geschäftsleitung schien zu jenem Zeitpunkt allerdings auch schon die Kurzarbeit im Februar und März beschlossen zu sein. Betroffen sind rund 45 Prozent der zur Zeit rund 6810 Beschäftigten in den Werken Nürnberg, Frankfurt, Schwandorf und Berlin.

Vor allem aber sorgen Entlassungsgerüchte bei den TA-Mitarbeitern inzwischen für große Unruhe. Baute das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr die Beschäftigtenzahl kontinuierlich ab, so soll das Personal jetzt erneut um 20 Prozent verringert werden. Dabei handelt es sich laut Peter Dörntlein um "Personalanpassungsmaßnahmen auf freiwilliger Basis". Der TA-Pressesprecher wörtlich: "Konkrete Entlassungen aufgrund der derzeitigen Situation sind bislang nicht vorgenommen worden und sollen nach dem derzeitigen Planungsstand auch vermieden werden." Allerdings, so Dörntlein weiter, seien solche Maßnahmen aus betriebsbedingten Gründen für die Zukunft, wie bei jedem anderen Unternehmen auch, nicht auszuschließen. Bei der derzeitigen Beschäftigtenzahl von 6810 müßten bei einem Personalabbau von 20 Prozent an die 1300 Mitarbeiter das Unternehmen "freiwillig" verlassen.

In Berlin, dem Fertigungsstandort von portablen Schreibmaschinen, sollen die "Personalanpassungen" bereits konkrete Formen angenommen haben. Wie der dortige Betriebsratsvorsitzende und TA-Aufsichtsratsmitglied Günter Kuhles mitteilte, verhandele man zur Zeit mit 250 von 660 Mitarbeitern über einen "freiwilligen Austritt". Auch im TA-Vorstand gibt es eine stete Fluktuation. Nachdem bereits Vorstandsmitglied Klaus Menzel unlängst das Unternehmen verlassen hat, gab nun auch Finanzvorstand Adalbert Sedlmair seinen Weggang bekannt. Damit scheint der italienische Olivetti-Konzern nun seine Bemühungen zu intensivieren, unter anderem durch "Personalveränderungen" die Nürnberger Gesellschaft schnellstmöglich wieder in die Gewinnzone zu hieven.

Darüber hinaus mehren sich bei Marktkennern die Vermutungen daß Triumph-Adler schon bald die Computerfertigung aufgeben beziehungsweise sie Olivetti überlassen müsse. Doch die Gewerkschaft IG Metall fürchtet jetzt, daß es schon bald zu einem Austausch von Investitionsvorhaben und Fertigung, zum Beispiel im Personal-Computer-Bereich, mit italienischen Olivetti-Standorten kommen wird.

Die Nürnberger selbst dementieren zur Zeit noch alle Spekulationen, daß TA die Computerfertigung einstelle. Die Budgets für 1987 seien bereits genehmigt. Und TA werde auch in Zukunft Personal Computer sowie Systemmaschinen vertreiben.