Portale, Instant-Messaging und Sicherheits-Features

T-Online will Inhalte und Services runderneuern

09.02.2001
BERLIN (fn) - Nach dem Wechsel an der Führungsspitze stellt sich die Frage, wie Europas größter Internet-Service-Provider (ISP) sich neu ausrichten will. Auf dem Internationalen Pressekolloquium der Deutschen Telekom in Berlin waren eineinhalb Monate vor der offiziellen Präsentation schon Einzelheiten über geplante Inhalte und Services zu erfahren.

Seit Anfang 2001 hat Thomas Holtrop als Vorstandsvorsitzender die Fäden beim Netzdienstleister in der Hand. Er soll vor allem das Content-Geschäft von T-Online ausbauen. Bisher dient der Provider seinen rund acht Millionen Kunden in erster Linie als Zugangsanbieter: 85 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftet die Telekom-Tochter mit Verbindungsminuten, die sie beim Mutterhaus einkauft. Zwar liegt das Portal www.t-online.de in Sachen Besucherzahlen in Deutschland an der Spitze, doch im Durchschnitt verweilen die Surfer auf anderen Sites länger.

Im Gegensatz zum Hauptkonkurrenten AOL, der gerade mit dem Medienkonzern Time Warner fusionierte, verfügt T-Online kaum über eigene Inhalte. Übernahmen oder Merger mit Firmen aus der Medienbranche sind nicht geplant und wären wegen des niedrigen Börsenkurses kaum machbar. Nach den Worten von Vorstandsmitglied Eric Danke würde ein solcher Zusammenschluss, wie ihn die beiden US-Firmen praktizieren, die Möglichkeiten zu sehr einschränken, mit anderen Partnern Kooperationen zu schließen. Der Provider hat dies bereits zu spüren bekommen: "Als wir bei Comdirect einstiegen, wurden Gespräche mit anderen Banken schwieriger", so Danke im Gespräch mit der CW auf dem Internationalen Pressekolloquium der Deutschen Telekom in Berlin. Durch den Merger von AOL und Time Warner gibt sich für den deutschen ISP eventuell eine neue Chance: Da Bertelsmann seine engen Geschäftsbeziehungen zu AOL lockern und sich aus AOL Europe zurückziehen musste, könnte nun T-Online "wieder freier auf Bertelsmann zugehen".

Seine neue europaweite Content-Strategie will der Provider am 13. März der Öffentlichkeit vorstellen und lässt sich bis dahin lieber nicht in die Karten schauen. Telekom-Chef Ron Sommer betrachtet T-Online.de als eine Art Mutterportal, unter dem mehrere Portale gemeinsam mit Partnern betrieben werden, und zwar für Themensparten wie etwa Finanzen, Gesundheit und Wellness.

Eine weitreichende Portalkooperation schloss der Provider bereits im Dezember letzten Jahres. Daimler-Chrysler und T-Online wollen Autofahrern über eine gemeinsame Website Informationen über Fahrzeuge, Kundendienstleistungen sowie eine Reihe von Online-Diensten bieten. Dazu zählen beispielsweise Terminplaner, Event-Kalender, Reiseservices oder Stauinformationen. Die Nutzer können sich über die Telematiksysteme in ihrem Wagen mit Daten versorgen lassen. Der Zugang via WAP und später UMTS ist ebenfalls geplant. Auf diesem Weg sollen Anwender auch lokalisierte Inhaltsangebote beziehen können, beispielsweise Veranstaltungen in der Stadt, in der sie sich befinden.

Das Portal www.t-info.de liefert einen weiteren Mosaikstein der Neuausrichtung. Noch läuft die Site nur in einem geschlossenen Netz im Testbetrieb. Auf T-Info soll der Surfer die bereits jetzt unter T-Online.de präsentierten Auskunftsdienste wie etwa "Gelbe Seiten" und "Telefonauskunft" finden. Darüber hinaus kann der Besucher gezielt nach Online-Anbietern suchen, indem er auf eine der "Themenwelten" "Essen & Trinken", "Heim & Garten" oder "Reise & Verkehr" klickt. Darüber hinaus wird es unter "Brockhaus & Co" ein Online-Lexikon geben. Die Inhalte erzeugt T-Online nicht selbst, sondern kooperiert mit Verlagen wie Burda Garten, Brockhaus sowie Duden.

Unified-Messaging inklusiveZudem integriert T-Online ein Web-Office ins neue Portal, mit dem registrierte Benutzer eine E-Mail-Adresse erhalten sowie Unified-Messaging-Services (UMS) in Anspruch nehmen können. Über das Online-Postfach lassen sich neben elektronischer Post auch Voice-Mails und Faxe empfangen beziehungsweise versenden. Realisiert wird dieser Service vom Hamburger Unternehmen Daybyday, an dem der Provider beteiligt ist.

T-Info soll nicht nur Browser-Anwender bedienen. T-Online will das Portal auch für Handy- oder PDA-Nutzer zugänglich machen und möchte darüber hinaus eine sprachgesteuerte Bedienung ermöglichen. Das WAP-Interface soll auf der diesjährigen CeBIT gezeigt werden.

T-Online arbeitet auch an Instant-Messaging-Services. Über die Software "T-Online Instant Messenger" (TOM) können Internet-Nutzer mit anderen TOM-Usern Kurznachrichten austauschen. Auch dieses Programm möchte die Telekom-Tochter auf der Computermesse präsentieren.

Die Anwendung gleicht aufs Haar dem "AOL Instant Messenger" (AIM) des Wettbewerbers America Online. Letzterer ist mit Abstand der größte Anbieter von Chat-Services weltweit. Unter anderem wegen der Chat-Möglichkeiten verweilen AOL-Mitglieder lange im Netz. Zudem bindet der Netzanbieter die Kunden so stärker an sich.

In den USA sind solche Instant-Messaging-Clients auch bei Anwendern in Unternehmen gefragt, vor allem bei solchen mit mehreren Standorten. Die User können über das Tool schnell herausfinden, welcher Kollege gerade online ist, und, statt zum Hörer zu greifen, einen Online-Chat beginnen. T-Online arbeitet eigenen Angaben zufolge deshalb an einer TOM-Version, die auch hinter einer Firewall arbeitet - wovon so mancher Netzadministrator allerdings nicht sehr erfreut sein dürfte.

Im Gegensatz zu AOLs AIM ist TOM mit anderen Instant-Messaging-Tools kompatibel. Das Programm soll ohnehin nicht nur T-Online-Kunden, sondern allen Internet-Anwendern zur Verfügung stehen und wird zum kostenlosen Download angeboten. Damit die Nutzer nicht nur schwatzen, blendet TOM auf einer gesonderten Seite ein Schnäppchen das Tages ein. Beim Anklicken des Bildes wird der Browser des Anwenders gestartet und die Shopsite eines Kooperationspartners geladen, auf der das Produkt zu haben ist.

Auch in Sachen Sicherheit legt T-Online nach. Kunden des Providers werden demnächst in der Lage sein, ihre E-Mails zu verschlüsseln und digital zu signieren. Doch auch hier ist der Anbieter nicht Vorreiter, sondern Nachzügler. So bietet die Karlsruher Firma Web.de schon lange eine ähnliche Funktion. In Berlin zeigt die Telekom-Tochtergesellschaft nun eine Betaversion von "Securemail". Die elektronischen Zertifikate liefert die Konzerntochter Telesec, die auch ein Trust-Center betreibt. Voraussetzung für das digitale Unterschreiben von Nachrichten ist ein E-Mail-Programm, das die Secure Multipurpose Internet Mail Extension (S/Mime) unterstützt, wie etwa "Netscape Messenger" oder "Outlook Express" von Microsoft.

Darüber hinaus möchte T-Online seinen Service "Secure VPN" besser als bisher vermarkten. Er richtet sich an Kunden, die sich von unterwegs über das Netz des Providers in ein LAN einwählen wollen. Der Dienst sorgt für eine verschlüsselte Verbindung vom Notebook bis zum Netz des Unternehmens. Voraussetzung ist eine spezielle Software auf dem PC sowie ein Sicherheits-Server in der IT-Umgebung der Firma. Nach Angaben von T-Online-Vorstand Danke lässt sich Secure VPN auch im Ausland nutzen. Der ISP hat mit einer Reihe von Providern weltweit Roaming-Abkommen geschlossen.

Der internationale Zugriff hat auf sich warten lassen. Während AOL- und Compuserve-Nutzer sich in einer Vielzahl von Ländern einwählen können, da die Firmen weltweit ensprechende Netze betreiben, blieb dies T-Online-Surfern lange verwehrt.

Nachholbedarf hat T-Online bei der Internationalisierung ohnehin. Lediglich in der Schweiz und in Österreich unterhält der Provider mit dem deutschen Online-Auftritt vergleichbare Websites. Französische Kunden werden über die Töchter Club Internet bedient, während spanische Surfer das Internet-Portal Ya.com und portugiesische Web-Aktivisten die Site www.terravista.pt nutzen.

In Europa hat die Telekom-Tochter neben AOL Europe den durch eine Reihe von Übernahmen rasch gewachsenen ISP Tiscali als direkte Konkurrenten. Letzterer liegt nach dem Kauf des kränkelnden Anbieters Liberty Surf aus Frankreich nun auf Position zwei hinter T-Online.

Mobile Services für Online-KundenGroß ist die Furcht vor Tiscali indes nicht. "Es dürfte dem Management schwer fallen, die heterogenen Firmen zu integrieren", meint Danke. Zudem sehen sich die Bonner durch das Mobilfunk-Know-how im Konzern gut gewappnet. Der T-Online-Kunde mit Festnetzanschluss - sei es über Modem, ISDN oder T-DSL - soll nach den Planungen der Manager zusätzlich über sein Handy auf seine E-Mails und Nachrichten zugreifen, und zwar via WAP oder indem er sich mit seinem Notebook oder PDA über das jüngst freigeschaltete GPRS ins Netz einwählt. T-Motion, ein Gemeinschaftsunternehmen von T-Mobil (60 Prozent) und T-Online (40 Prozent), entwickelt Services für diese Klientel. GPRS bietet gegenüber der bisherigen Datenübertragung per Handy nicht nur mehr Bandbreite: Darüber hinaus ist der Nutzer dauerhaft am Netz, zahlt aber nur dann Gebühren, wenn er Daten überträgt.