Fotos: 1) Ron Sommer Gemeinsames Unterhaltungsportal soll Privatkunden locken

T-Online und Springer verbünden sich

13.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Im Rahmen einer weit reichenden Partnerschaft mit dem Axel Springer Verlag plant T-Online ein Unterhaltungsportal mit der Internet-Redaktion der "Bildzeitung". Wegen der Anteilsmehrheit des Bundes am Mutterkonzern Telekom könnte sich die Kooperation nicht nur kartellrechtlich, sondern auch politisch als problematisch erweisen.

Es geht wieder aufwärts mit T-Online. Zwei Wochen nach Bekanntgabe der Kooperation mit dem ZDF präsentierte Telekom-Chef Ron Sommer einen weiteren Content-Partner für seine herb kritisierte Online-Tochter. Die Zusammenarbeit mit dem Axel Springer Verlag treibe den Wandel des ISP zum Internet-Medienhaus voran, frohlockte der Manager.

Die T-Online International AG und der Axel Springer Verlag gründen das Gemeinschaftsunternehmen Bild.de/T-Online.de mit Sitz in Berlin. Der Verlag hält mit 63 Prozent die Mehrheit. Die Telekom, zu 61 Prozent im Besitz des Bundes, beteiligt sich damit erstmals an einem mächtigen Medienunternehmen.

Exklusive Vereinbarung mit BildZiel ist es zunächst, ein Nachrichten- und Unterhaltungsportal (bild.t-online.de) unter Leitung des ehemaligen Bild-Chefs Udo Röbel (51) aufzubauen. Röbel ist seit Januar Chefredakteur von Bild.de. Er zeichnet künftig für die inhaltliche Gestaltung verantwortlich. Roland Tetzlaff (39), bisher Managing Director von Bild.de, soll eine vergleichbare Position im neuen Unternehmen erhalten. Der Springer Verlag bringt alle Internet-Aktivitäten von "Bild" und seinen Schwesterblättern in das Joint Venture ein. Dazu gehört unter anderem auch "Autobild". Die Vereinbarung ist exklusiv, das heißt, die "Bild"-Inhalte werden im Web ausschließlich über das gemeinsame T-Online-Portal zugänglich sein. Für den 37-prozentigen Anteil an dem Joint Venture legen die Bonner rund 80 Millionen Mark auf den Tisch.

Die Dimension der Partnerschaft wird an den Kundenzahlen deutlich: Die Print-Ausgabe von "Bild" erreicht laut Springer-Vorstand Mathias Döpfner täglich elf Millionen Leser, davon seien rund 20 Prozent Internet-Nutzer. T-Online ist mit etwa 8,5 Millionen Kunden der größte europäische Internet-Provider.

Für die Telekom-Tochter bringt der Deal insbesondere steigende Besucherzahlen. Nutzer von Bild.de werden automatisch auf das gemeinsame Portal weitergeleitet. Künftig sollen die Surfer aber auch neue Dienste abonnieren und dafür bezahlen. Der Darmstädter ISP verspricht sich davon noch engere Kundenbeziehungen, da man die Rechnungen im Haus abwickle. Dazu sollen bis Ende des Jahres Payment-Systeme installiert sein.

Telekom-Chef Sommer gab einmal mehr die künftige Stoßrichtung für den defizitären Online-Ableger vor: "Wir werden einen Schritt tun, von dem jeder in der Branche weiß, dass er unumgänglich ist. Die Internet-Provider müssen damit beginnen, nicht nur mit Access, Werbung und E-Commerce-Angeboten Umsatz zu machen, sondern auch mit den eigentlichen Contents." Döpfner, designierter Vorstandschef des Axel Springer Verlags, legte nach: "Wir wollen mit neuen Erlösmodellen zeigen, wie man im Internet Geld verdienen kann." Ziel sei es, dass möglichst viele Kunden zu der Erkenntnis gelangten: "Bild - mehr braucht man nicht."

Die Exklusivität in der Zusammenarbeit mit dem ZDF werde von der Bild-Kooperation nicht berührt, erklärte Sommer. Beide Medien hätten unterschiedliche Schwerpunkte und sprächen verschiedene Zielgruppen an. Das Portal "heute.t-online.de" werde aktuelle Nachrichten auf hohem journalistischem Niveau präsentierten. Dagegen konzentriere sich das geplante Portal mit Bild.de auf Entertainment-Angebote.

Das Unterhaltungsportal ist den Angaben zufolge erst der Anfang einer umfassenden strategischen Partnerschaft der Unternehmen. Denkbar sei etwa eine Ausweitung auf das mobile Portal von T-Motion, das vor allem mit Blick auf künftige UMTS-Dienste interessant werden könnte. T-Motion, ein Gemeinschaftsunternehmen von T-Mobile und T-Online, könne bereits auf 1,5 Millionen Kunden verweisen, sagte Sommer.

Neben dem Unterhaltungs- planen die T-Online-Strategen auch ein Finanzportal. Dazu will Unternehmenschef Thomas Holtrop weitere Partner ins Boot holen. Unklar ist in diesem Zusammenhang, wie sich die 1998 geschlossene Partnerschaft mit der Comdirect Bank AG weiterentwickeln wird. Comdirect-Vorstand Bernt Weber soll sich in einem Interview enttäuscht über die bisherige Zusammenarbeit geäußert haben.

Offen ist zudem, wie die Kartellbehörden auf den Deal reagieren werden. Exklusive Bindungen seien grundsätzlich problematisch, weil Konkurrenten ausgeschlossen werden, kommentierte ein Sprecher des Bundeskartellamtes, ohne konkreter zu werden. Als problematisch könnte sich auch der 40-prozentige Anteil der Kirch-Gruppe am Axel Springer Verlag erweisen. Der Medienmogul ist zweitgrößter Anteilseigner von Springer. Die Telekom will im Fernsehgeschäft stärker mit Kirch zusammenarbeiten. Angesichts der Dominanz der Telekom bei den TV-Netzen und der Marktmacht Kirchs bei Programmrechten sind die Kartellwächter hier besonders wachsam.

Welche politischen Auswirkungen die Kooperationen der mehrheitlich im Bundesbesitz befindlichen Telekom mit einem Tendenzbetrieb wie Springer haben könnte, ist ebenfalls noch nicht absehbar. Bundeskanzler Gerhard Schröder kann mit dem Bündnis kaum zufrieden sein. Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Vergangenheit von Außenminister Joschka Fischer hatte er dem Springer Verlag eine geplante Kampagne gegen die Bundesregierung vorgeworfen.

Spannend könnte es werden, wenn bild.t-online.de etwa regierungskritische Texte aus der "Bildzeitung" im Web veröffentlicht. Medienbeobachter fragen, ob der Bund in so einem Fall Einfluss nehmen würde. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye versucht einstweilen, solche Überlegungen klein zu halten: "Es ist nicht Sache der Bundesregierung, sich in die Geschäftspolitik der Deutschen Telekom einzumischen."