Software bildete den Interessenschwerpunkt:

Systems tritt aus dem CeBIT-Schatten heraus

08.11.1985

MÜNCHEN (CW) - Mit 126 000 Besuchern aus 51 Ländern hat die Systems '85, die am vergangenen Freitag in München zu Ende ging, die Erwartungen von Veranstaltern und Ausstellern mehr als erfüllt.

Die Zahl der Aussteller lag nach Angaben der Messeleitung mit 1204 um 27 Prozent über der vorangegangenen Systems im Jahre 1983. Damals war die Computerfachmesse von 84 000 Fachleuten aus 49 Ländern besucht worden.

Daß die Aussteller mit der Messe zufrieden sind, zeigt sich nach Meinung der Messeleitung an den Planungen für die nächste Systems: 80

Prozent der diesjährigen Teilnehmer Aasen schon jetzt eine Option für 1987 abgegeben. Bei den Kongressen, die zeitgleich mit der Systems '85 stattfanden, zählte der Veranstalter mehr als 5000 Teilnehmer. Damit seien diese Kongresse die weltweit größten ihrer Art gewesen.

Nach einer Befragung der Münchener Messe- und Ausstellungsgesellschaft lag der Schwerpunkt des Besucherinteresses mit 52 Prozent im Bereich Software und Dienstleistungen. Mit weitem Abstand folgten Systeme für Entwicklung und Fertigung mit 27 Prozent, Systeme für das Büro mit 21 Prozent und der OEM-Sektor mit 19 Prozent. Das "universelle Systemangebot" war nur für 18 Prozent der Besucher Anlaß, nach München zu kommen.

Fast durchweg zufriedene Gesichter bei den Ausstellern: Der diesjährige Andrang qualifizierter Fachbesucher auf den Systems-Ständen läßt ein gutes Nachmessegeschäft erhoffen. Dies ergab eine Blitzumfrage der COMPUTERWOCHE während der Systems '85.

"Für den Großanwender ist die Systems eine Informationsplattform für den Jobhopper ein Personalkarussell, für den Mikro-Freak eine Spielwiese." So charakterisiert beispielsweise Marga Lange, Geschäftsführerin der S.A.S. GmbH, München, die jetzt zu Ende gegangene Computer-Show. Das Erfreuliche für die S.A.S.-Chefin an der Messe: "Die Fachgespräche verliefen für uns diesmal konkreter als noch vor zwei Jahren. "

Etwa zwei Drittel der 22 befragten Aussteller fanden im Laufe der Messe bestätigt, was sich bereits am ersten Tag des Hard- und Software-Spektakels abzeichnete: Die Anzahl der qualifizierten Fachbesucher ist gestiegen. "In diesem Jahr beobachte ich gegenüber dem Besucherstrom vor zwei Jahren nochmals eine Steigerung", konstatierte etwa der Geschäftsführer des Aachener Systemhauses GEI, Wolfgang Schönfeld. "Mir fällt dabei positiv auf, daß es sich fast durchweg um ein gutinformiertes Fachpublikum handelt.

Bei Wolfgang Sponer, Technischer Leiter der F&O Electronic Systems GmbH & Co, zeigte denn auch die "Be-prepared"-Welle unter den Besuchern erste Ergebnisse auf seiner Liste für die Messekontakte: "Bisher haben wir 80 ernsthafte Fachgespräche geführt", freute sich der Manager aus Neckarsteinach, "das sind 40 Prozent mehr als auf der Systems vor zwei Jahren."

Am Stand der Applied Data Research Deutschland GmbH, Neuss, verzeichnete ADR-Geschäftsführer Wolfgang Pierskalla in den ersten beiden Tagen eine 50prozentige Steigerung an qualifizierten Verkaufsgesprächen, und Horst Emmerich, Geschäftsführer der OrgaSoft Corporation, Neuried, mußte gar am dritten Tag wegen "unerwartet vielem Fachpublikum" seine Standbesetzung aufstocken.

Im allgemeinen Freudentaumel der Aussteller über die hohe Quote an Besuchern, die "wissen, was sie wollen", bekam auch die zurückliegende CeBIT als "Seh-Messe" zum Teil ihr Fett weg: "Auf der Systems ist es nicht so wie in Hannover, wo auch schon mal ein Kranbauer am Stand vorbeikommt", witzelte Prime-Pressesprecher Helmut Thronicker, "hier kommen die Besucher gezielt zur Messe."

Für Waltraud Schneiders, zuständig für Public Relations und Marketing bei der Kölner Tektronix, entwickelt sich die CeBIT gar in Richtung einer Regionalmesse, und die MSP Manager Software Products GmbH, Pinneberg, ist in Hannover überhaupt nicht vertreten, weil - wie MSP-Geschäftsführer Ernst Kelting bei der Umfrage der COMPUTERWOCHE kritisierte - "es dort an Fachbesuchern mangelt" .

Die andere Frage nach dem Orderstau hatten wir indes nicht ohne Hintersinn gestellt: Allgemein war in den vergangenen Monaten von der Industrie beklagt worden, die Interessenten hielten sich mit Bestellungen merklich zurück.

Von der Systems erhofften sich deshalb viele Anbieter eine Geschäftsbelebung. Hier ließen nun die Antworten keine eindeutige Aussage zu: Einerseits wurde zwar das starke Besucherinteresse von den Ausstellern hervorgehoben, doch auf der anderen Seite vermochte sich auch keiner darauf festzulegen, daß die Münchner DV-Messe bereits spürbare Impulse in Richtung mehr Aufträge gebracht habe.

Tenor der Statements aus dem Ausstellerlager: Die Systems ist keine Ordermesse.

Gleichwohl war das geschäftige Treiben auf den Ständen so groß, daß der überwiegende Teil der Befragten zur Messe-Halbzeit selbst keine Gelegenheit zu einer "Sightseeing-Tour" durch die Hallen fand. Wer sich dennoch die Zeit zu einem Messe-Spurt abzwackte, stolperte auch bei den Mitbewerbern über "nichts bemerkenswert Neues". Indes gingen die Meinungen über das "Konzept der Schwerpunktbildung nach Hallen" zum Teil heftig auseinander: So hat sich beispielsweise nach Ansicht von Folkert Hedlefs, Geschäftsführer der Systor GmbH, Filderstadt, die gesamte Übersicht der Systems durch die Sektionsbildung deutlich verbessert, während die Strukturierung der Messe etwa für den Leiter der Organisationsberatung der Würzburger Firma Weigang, Dr. Gerhard Sauerbrey, ein "ziemliches Durcheinander" darstellte. Und Ericsson-Geschäftsführer Harro Welzel ließ anläßlich einer Pressekonferenz des schwedischen Unternehmens an seiner Meinung über die Messegestaltung keinen Zweifel aufkommen: "So etwas mag auf Wochenmärkten das richtige sein, daß Obst und Gemüse in der einen Ecke zu finden sind und Wäsche in der anderen."

Waltraud Schneiders

Public Relations und Marketing, Tektronix

Zu Frage 1: Eine reine Ordermesse ist die Systems nicht geworden, dennoch verzeichnen wir rund 70 Prozent neuer Kontakte.

Zu Frage 2: Wir stellen eine zunehmende Qualifikation der Besucher fest; auch von den Universitäten kommen immer mehr qualifizierte Interessenten. Hannover wird sich in Richtung einer Regionalmesse entwickeln, so daß CeBIT nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Wir konzentrieren uns auf die neue CAD-Messe "Systec" in München.

Dr. Klaus Neugebauer

Geschäftsführer der Softlab GmbH, München

Zu Frage 1: Die Produkt- und Dienstleistungsstruktur unseres Unternehmens schließt Spontankäufe auf Messen nahezu aus. Die Systems hat uns bislang jedoch zahlreiche neue Interessenten gebracht und bietet eine hervorragende Möglichkeit, bestehende Kontakte auszubauen. Sicherlich werden wir auch einige lange vorbereitete Großverträge, vor allem mit unseren ausländischen Kunden, anläßlich der Systems abschließen.

Zu Frage 2: Die ersten beiden Messetage haben uns einen Besucherzuwachs von 70 Prozent gegenüber der letzten Systems gebracht.

Wolfgang Pierskalla

Vorsitzender der Geschäftsführung der ADR Deutschland GmbH

Zu Frage 1: Für Anbieter von hochqualifizierten Investitionsgütern wie Systemsoftware gestaltet sich keine Messe zu einer reinen Ordermesse. Die Investitionen für Software-Produkte wie Datenbank-Systeme, Data-Dictionaries oder 4GL-Systemen liegen bei Größenordnungen, die einen "Sofort"-Kauf ausschließen.

Zu Frage 2: Nach einem schleppenden Beginn am Montag zeigte sich bereits am Dienstag die immer weiter wachsende Akzeptanz der Systems als Fachmesse für alle Spektren von DV-Dienstleistung. Schon in den ersten zwei Tagen wurden am ADR-Stand über 50 Prozent qualifizierter Verkaufsgespräche mehr geführt als auf der letzten Systems. Dies ist nicht allein auf den vermehrten Einsatz von Groß-DV in allen Zweigen der Wirtschaft und Industrie zurückzuführen. Natürlich wird auch ADR als Systemsoftware-Haus die Möglichkeiten und Angebote einer Repräsentanz auf entsprechenden Ausstellungen nutzen. Gleichzeitig aber werden wir genau prüfen, ob sich diese Messen auch in unserem Sinne und für unsere Zielgruppe entwikkeln.

Jörg-Michael Pläsker, Siegfried Kleinselbeck

Presseabteilung, Honeywell Bull AG, Köln

Zu Frage 1: Die Honeywell Bull AG ist auf der Systems neben dem Hauptstand erstmals mit einem weiteren Stand vertreten, auf dem die Bull-Vertriebspartner Lösungen für verschiedene Branchen präsentieren. In den ersten Messetagen konnten wir eine erfreuliche lebhafte Auftragsentwicklung registrieren.

Zu Frage 2: Aus obengenannten Gründen ist ein direkter Vergleich mit der Systems '83 nur bedingt möglich. Bereits nach den beiden ersten Messetagen läßt sich jedoch festellen, daß die Zahl der Fachbesucher auf den Bull-Ständen deutlich zugenommen hat.

Horst W. Henn

Leitung Abt. Kommunikation, Philips Kommunikations Industrie AG

Zu Frage 1: Dies ist weder mit einem eindeutigen Ja noch einem klaren Nein zu beantworten. Wir haben bisher festgestellt, daß ein großes Fachpublikum sowohl aus der mittelständischen Wirtschaft als auch aus den Großunternehmen und Verwaltungen die Systems besucht. Das Hauptinteresse der Großunternehmen liegt in Strategien und Philosophien für die nächsten Jahre. Bei der mittelständischen Wirtschaft war eine -natürliche - Zurückhaltung in der Auftragserteilung, nicht jedoch in der Auftragsvorbereitung (!) im Vorfeld der Systems zu bemerken. Die Verträge wurden und werden jetzt auf der Messe erteilt, und zwar von Mal zu Mal in größerem Maße.

Zu Frage 2: Ein eindeutiges Ja für die Systems. Ein Vergleich zur Hannover-Messe ist allerdings nicht möglich, da beide Messen einen eigenständigen Stellenwert haben.