Laufende DV ist noch kein Garant für die Zukunft:

Systemerweiterung wichtiger als Ausfallschutz

02.03.1984

Ausfallgeschützte Systeme erfüllen anspruchsvolle aber alltägliche Aufgaben wie Buchungen und Reservierungen, Zahlungs- und Geldverkehr. bei betrieblicher Datenerfassung und in der Materialwirtschaft. Sie sind aber auch in auf den ersten Blick kritischen Bereichen. wie in Krankenhäusern, bei Verkehrssteuerungen oder Kernkraftwerken im Einsatz.

In der Hierarchie der Computersysteme finden sich ausfallgeschützte Systeme von Tandem besonders im Bereich der mittleren Ebene, nämlich der Betriebsrechner. Die Systeme verbinden damit große und größte Stapelverarbeitungsrechner mit der Welt der Terminals, Personal Computer, Büroautomation, mit Maschinen- oder Hochregalsteuerungen.

In dieser mittleren Ebene ist der Ausfallschutz am wichtigsten: Einerseits werden diese Systeme online betrieben und müssen, wie etwa Arbeitsplatzcomputer auch, ihre Daten und ihre Rechnerleistung jederzeit hergeben können. Andererseits sind aber wegen der Vielfalt von angeschlossenen Funktionen und Stationen auch immer rund 40 bis 4000 Arbeitsplätze vom System abhängig. Und wenn all diese Leute beim Ausfall eines ihrer primären Arbeitshilfsmittel, des Terminals, nicht wissen, ob die Unterbrechung nach wenigen Minuten oder erst nach Stunden behoben sein wird, so ist der Geschäftsausfall offensichtlich.

Bei der Echtzeitverarbeitung von Geschäftsdaten treten aber - wenn die Verarbeitung erfolgreich und benutzerfreundlich sein soll - generell andere Probleme auf als die bloße Daten- und Betriebssicherheit: Das Problem der Ausweitung der Anwendung.

Werden Geschäftsvorgänge "aufs Terminal" gebracht, so ist der eigentliche Ablauf des neuen Vorgangs in seiner Häufigkeit, in seiner Dauer und in seiner Komplexität nur schwer vorherzusehen. Wer weiß schon, wie oft ein Geldausgabeautomat benutzt werden wird, wie häufig alternative Reiseziele über den Bildschirm gesucht werden, wenn erst einmal dazu die Möglichkeit gegeben ist. Oder welche spontanen Anfragen an die Menge der Geschäftsdaten von Seiten der Geschäftsleitung zukommen, wenn neue Berichte nicht mehr Wochen und Monate brauchen bis sie zur Verfügung stehen. Und wer bestimmt vor allem welche Antwortzeiten toleriert, welche erwartet werden müssen für den "terminalisierten" Geschäftsvorgang.

Diese Varianten können den Bedarf an Computerleistung um Faktoren verändern. Soll zum Beispiel die Antwortzeit von vier Sekunden auf zwei Sekunden verringert werden so ist schon nach Adam Riese mindestens die doppelte Rechnerleistung vorzusehen. Wenn nun diese Leistungsveränderung gleich ein komplettes neues Computersystem bedeutet, das angeschafft und installiert werden muß, das vielleicht noch ein anderes Betriebssystem, eine andere Datenbankstruktur oder Umprogrammierung erfordert, so sind die gespeicherten Geschäftsdaten zwar a jour, aber "en bouteille".

Zeitlich gesehen steigen die Leistungsanforderungen in drei Schritten: In der Entwicklungsphase nutzen die Programmierer die Anlage zum Erstellen der Software Testen. Die zweite Phase ist Ersteinsatz: Das wichtigste Projekt läuft an, und die Anlage wird um die entsprechenden Anwendungsprozessoren erweitert, etwa von zwei auf fünf Prozessoren. Waren die Leistungsbedarfsschätzungen richtig so tritt jetzt eine Stabilisierung der Anwendungssoftware ein.

In der dritten Phase treten neue Wünsche auf: Mit den vorhandenen, bereits vorliegenden Geschäftsdaten sollen weitere Auswertungen gemacht werden, wie etwa eine Ausweitung der Materialwirtschaft in das Bestellwesen oder ins Qualitätswesen.

Der klassische Systemverantwortliche wird sich nun hüten, diesen neuen Forderungen stattzugeben, weil er Angst hat, sein gutlaufendes System in die Krise zu fahren. Gerade bei Online-Systemen ist ja bekannt, daß zum Teil kleine Leistungserhöhungen zu starken Performanceeinbußen führen können, und daß man eben nicht weiß, wann diese kritische Phase einsetzt.

Wenn das System ausbaufähig ist, und zwar nicht nur, was externe und zentrale Speicher anbelangt, sondern bezüglich der eigentlichen Rechen- und Ein-/Ausgabeleistung, so können jetzt neue Wünsche befriedigt werden. Finanziell bedeutet das, daß nur genau die Leistung angeschafft wird, die notwendig ist - also Leistung nicht auf Vorrat gekauft wird. Und für manche Projekte bedeutet es auch das ureigentliche Überleben, denn Fehleinschätzungen des Leistungsbedarfs bei neuen Anwendungen kommen leider öfter vor.

Aber nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich ist Ausbaubarkeit wichtig: Sollen Softwareinvestitionen erhalten werden, so müssen Anwendungen praktisch sowohl in kleinen als auch in großen, in stagnierenden und in expandierenden Betriebsstätten verwendet werden können. Wenn noch dazu die Systeme untereinander durch Glasfaser oder Fernleitungen verbunden werden können, so ergeben sich noch weitere Vorteile: Etwa daß jede Betriebsstätte einem Betriebsrechner zugeordnet werden kann, oder daß man einen Teil des Systems zur Sicherheit in den Keller stellt. Bei Tandem können zum Beispiel bis zu 224 Prozessoren über Glasfaser, also jeweils mit vier MByte pro Sekunde und über Dynabus, also mit zwei mal 13 MByte pro Sekunde verbunden werden.

Ausfallgeschützte Systeme sind eine Untermenge von ausbaubaren Systemen: In sogenannten "lose gekoppelten Systemen" arbeiten stets mehrere Prozessoren parallel - fällt einer aus oder kommt einer hinzu, muß eben die Arbeit neu verteilt werden.

Seit die Wirtschaftlichkeit von Mammutrechnern durch die Minis, jedenfalls im Bereich der Verarbeitung von Geschäftsdaten, aufgehoben wurde, lassen sich hohe Rechnerleistungen finanziell preiswerter, im Ausbau flexibler und im Betrieb sicherer durch lose gekoppelte Systeme darstellen. Die Leistung dieser Systeme geht dann über die von Minis weit hinaus.

Der Beweis dieser erfolgreich Ausbaubarkeit muß aber erbracht werden: Genauso wie die realistische Zahl an einen Computer praktisch anschließbarer Terminals oft nicht in den Datenblättern steht, genauso beweisen erst große Installationen im praktischen Einsatz die Wirtschaftlichkeit dieser neuen Systeme.

* Fritz Jörn ist Marketingmanager bei der Tandem Computer GmbH, Frankfurt