Systementwicklung ohne Dokumentationssystem?

28.10.1977

Dipl.-Math. Rainer Bischoff, Projektleiter am Betriebswirtschaftlichen Institut für Organisation und Automation(BIFOA) an der Universität zu Köln.

Die betrieblichen ADV-Systeme werde n größer. Hunderte oder gar Tausende von Programmen, Begriffen, Dateien sind keine Seltenheit mehr. Die Zuwachsraten können enorm sein.

Eine Vielzahl von Methoden und Instrumenten steht zur Unterstützung der Entwicklung neuer Programmsysteme zur Verfügung. Im Bereich der Analyse sind dies die gängigen Methoden der Istaufnahme, wie Interviews, Meß- und Schätzdaten, Flußdiagramme, Entscheidungstabellen; in der Entwurfsphase im Prinzip die gleichen Hilfsmittel, vielleicht ergänzt um spezielle Pseudocode-Entwurfssprachen- in der Implementierung schließlich sind es Verfahren der normierten und strukturierten Programmierung, Entscheidungstabellenübersetzer, die Zurverfügungstellung von Bausteinen in Form von Standardunterprogrammen und der Generierungsmöglichkeit von Datei- und Satzbeschreibungen. Im Rahmen des Testens schließlich stehen auch Hilfsmittel der Fehlerdiagnose und Meß- und Analyseinstrumente in Form von Monitoren zur Verfügung.

Betrachtet man dieses Spektrum von Hilfsmitteln, so muß im Analyse- und Entwurfsbereich von relativ globalen Methoden gesprochen werden, mit denen versucht wird, den Gesamtsystemzusammenhang herzustellen während im Implementierungsbereich Detailunterstützung zur Entwicklung eines Programms gegeben ist.

Den "bit-twiddler" gibt es vielleicht nicht mehr, da man einsehen mußte, daß ein ablaufmäßig und speichermäßig effizientes Programm nicht notwendigerweise zuverlässig ist. Hat man Jedoch eingesehen, daß ein zuverlässiges Programmsystem nicht unbedingt die Realisierung eines im Gesamtsystemzusammenhang optimalen Teilsystems bedeutet? Also nicht nur standardisierte Herstellung einzelner Programme, sondern weitgehende bausteinartige Standardisierung über das Gesamtsystem scheinen sinnvoll. Programme von der Stange, wenn sie ihren Zweck erfüllen und zuverlässig sind warum nicht?

Die heutigen Istanalysen sind unvollständig und f ehrenhaft auch und gerade was das ADV-System angeht. Für Grobentwurf und Detailentwurf bedarf es neben grundsätzlicher Regelungen und Vorgehensweisen eines Instrumentariums, mit dem ständig im Fortschreiten des Gestaltungsprozesses Checks und Vollständigkeitsprüfungen durchgeführt werden können.

Die Vorteile solcher Hilfsmittel liegen auf der Hand: Durchsichtigkeit des Gestaltungsprozesses, leichte Fehlersuche aufgrund der Nachvollziehbarkeit und größere Sicherheit der entstehenden System durch frühzeitige Überprüfbarkeit. Gerade der letzte Punkt erscheint äußerst wichtig, scheint es doch heute so, daß der Versuch, hochkomplexe Systeme zu implementieren, immer wieder auf extreme Schwierigkeiten stößt, da die Fähigkeit sie vor der Implementierung beurteilen zu können, nur unzureichend gegeben ist.

Dokumentationssysteme etwa verstanden als Fact- Retrieval- Systeme für den Systemplaner sind ein Ansatzpunkt zur Kontrolle der fortschreitenden Systementwicklung, indem sie die Kommunikationsbasis und die Ansammlung eines umfangreichen Wissenschatzes darstellen; und dies nicht nur, indem sie zum Entwurf neuer Systeme, sondern auch zur Systemwartung, Systemrationalisierung und Systemsteuerung genutzt werden sollten, jedoch stets in der kritischen Abwägung zwischen der Forderung nach möglichst zeitnaher Dokumentation zwecks laufender, nach Optimalität suchender Gesamtsystemanalyse einerseits und Aufwands und Kostenabschätzungen zwecks Satisfizierung des betrieblichen Gestaltungsziels andererseits.

Größe, Vermaschung und zeitliche Restriktivität betrieblicher Informationssysteme verlangen die Berücksichtigung teilsystemübergreifender Beziehungen und Eigenschaften. Dies muß ein notwendigerweise computergestütztes Dokumentationssystem im Rahmen der Istanalyse ausweisen können. Also nicht nur Datei- und Pogrammdokumentationen sind vonnöten, sondern mehrstufige Querverweise über alle wesentlichen Elemente angefangen von den Dateinheiten, über die Programmeinheiten, den Verarbeitungseinheiten (Run, Job) bis hin zu funktionalen bzw. aufbauorganisatorischen Größen. Doch Ract-Retrieval alleine im Sinne von Data-Dictionaries/-Directories, Programmbibilotheken (Methodenbanken, Bausteinbanken) genügen nicht. Das Dokumentationssystem sollte zwecks Parameterstudien und Organisationssimulationen genutzt werden können: Einspielen der Daten des Konzepts des neuen Teilsystems in das "Modell", Beurteilung oder Bereinigung des Entwurfs durch vorzeitige.

Redundanzabschätzungen, Verhindern von Schwachstellen und Systemstrukturierungen im Prozeß- und Datenbereich.

Das Dokumentationssystem benötigt ergänzende Methoden der Systemplanung!

Eine Projektfortschrittkontrolle machte das Instumentarium schließlich zum ingenieurmäßigen Werkzeug: Ein ! hohes doch notwendiges Anforderungsprofil an ein solches System oder Software Engineering ohne Rahmenkonzept jedes Programm eine ; Insel? Leider gibt es noch ; nicht viele solcher Dokumtationssysteme! Einige Forschungsprojekte versprechen einiges.