Sybase zieht Grossauftrag an Land Oracles Vormachtstellung bei Multimedia ist gefaehrdet

03.02.1995

MUENCHEN (IDG) - Datenbankanbieter Sybase hat den Mitbewerber Oracle bei einem Projekt fuer interaktives Fernsehen in Atlanta ausgestochen und bremst damit zumindest in diesem Bereich den Siegeszug des Datenbank-Marktfuehrers. Als lachender Dritter koennte sich jedoch mittelfristig Microsoft herausstellen.

Bis Ende vergangenen Jahres galt Oracle bei dem Telekommunikationsanbieter Bellsouth als Favorit fuer die Versorgung von 12000 Haushalten in Chamblee, einem Vorort von Atlanta, Georgia, mit interaktivem Fernsehen. Bereits Mitte dieses Jahres sollen 70 TV-Kanaele und 240 digitale Dienste vom Home- Shopping ueber elektronischen Videoverleih bis hin zu Electronic Banking und E-Mail angeboten werden. Doch die Vertragsunterzeichnung zoegerte sich immer mehr hinaus, so dass sich der Auftraggeber schliesslich nach einem anderen Dienstleister umsah.

Die Verhandlungen scheiterten nicht an der Qualitaet von Oracles "Media-Server"-Datenbank, sondern am Preis und am zu eng gesteckten Zeitrahmen. Der Datenbankanbieter sollte seinen Projektteil innerhalb von fuenf Monaten abschliessen. Dazu habe sich das Unternehmen nicht in der Lage gesehen, zumal einige wichtige Spezialisten derzeit wegen eines aehnlichen Projekts mit

British Telecom unabkoemmlich seien.

Als sich Bellsouth in dieser Situation an Sybase wandte, liess sich Cheftechnologe Bob Epstein die Chance nicht entgehen. Probleme bei Timing und Preis sieht er daher nicht. "Schliesslich", so Epstein, "muss man in diesem Markt vorgehen wie die Pioniere im Wilden Westen". Nun liefert Sybase die auf Spezialrechnern von HP laufende "Intermedia Database" sowie die Software fuer die Empfangsgeraete.

Nach der Interpretation des "Wall Street Journal" hat die Entscheidung von Bellsouth nicht nur positive Folgen fuer Sybase. Bisher sei Oracle der dominante Anbieter in diesem neuen Markt gewesen. Nun, so das Argument der Wirtschaftszeitung, zeichne sich ein Konkurrenzkampf ab, bei dem derjenige die besten Chancen habe, der ueber die meisten Ressourcen verfuege. Das sei jedoch weder Sybase noch Oracle, sondern Microsoft mit der Video-Server- Software "Tiger".