Israelis wollen mit fünfter Software-Generation neue Maßstäbe setzen:

SW-Entwicklung erfolgt ohne Programmierung

13.11.1987

MÜNCHEN/STUTTGART (CW) - AIs ein Produkt der fünften Software-Generation offeriert die Systor GmbH, Stuttgart, ihren Anwendungsgenerator "Sapiens". Durch eine neue Verfahrenstechnik erhalte der Benutzer die Möglichkeit, Prototyping, Entwicklung, Produktion und Wartung von Programmen mit einem einzigen System durchzuführen.

"lnteraktive Anwendungsentwicklungssysteme sind normalerweise nur auf einen Teilbereich des gesamten Entwicklungsprozesses ausgerichtet", erläutert Horst-Dieter Koch, Geschäftsführer der Münchner Systor-Dependance. "Das Expertensystem Sapiens verfügt über Werkzeuge und Funktionen, die diesen Entwieklunqsprozeß ohne Einschränkung abdecken."

Der Entwickler erstelle eine neue Anwendung, so Koch weiter, indem er das erforderliche Wissen über diese Anwendung in das System eingebe. Dies geschehe menügesteuert in Form eines interaktiven Frage-Antwort-Vorgangs. Das Ergebnis seien automatisch parametrisierte Entscheidungstabellen als Definition der gewünschten Anwendung.

Das System läuft Unternehmensangaben zufolge auf IBM-Rechnern ab der 9370 aufwärts und kompatiblen Mainframes unter allen gängigen Betriebssystemen und TP-Monitoren. Es besitzt Schnittstellen zu Non-Sapiens-Dateien, so etwa zu IMS- und VSAM-Files.

Die neuartige Verfahrensweise entwickelt von israelischen Softwerkern im Weizmann-Institut, Tel Aviv - macht eine Programmierung überflüssig, teilt Systor mit. Das erforderliche Programmier-Know-how sei bereits mit dem "Universal Transaction Processor" (UTP) in Sapiens eingebunden: Die anwendungsspezifischen parametrisierten Tabellen steuern den speicherresidenten, reentrant gehaltenen UTP bei der Ausführung der jeweiligen Anwendung. Die Tabellen enthalten auch das Sapiens-Dictionary, in dem die Anwendungs- und die Dictionary-Definitionen registriert sind.

lnformationsregeln ersetzen prozedurale Sprache

Die in den Sapiens-Anwendungen zu definierenden Informationsregeln seien geeignet, komplexe DV-Prozesse ohne den Einsatz einer prozeduralen Sprache ablauffähig zu machen. Bei diesen Regeln handele es sich nur um solche, die über den routinemäßigen Daten-Update in der Datenbank hinausgingen; diese würden automatisch über die Datenbankstruktur und die Transaktionsdefinition erzeugt.

Durch die Verwendung solcher Regeln brauche der Anwender die jeweiligen Umstände und Konsequenzen nicht mehr zu beachten, die normalerweise bei jedem Update notwendig wären; beispielsweise alle Plausibilitätsprüfungen oder die Auswirkungen einer Warenlieferung auf Einkauf, Produktionsplanung und Buchhaltung. Die Regeln sind als "Auslöse-Operationen" im Sapiens-Dictionary implementiert. Geschrieben werden sie in der dem Englischen ähnlichen Sprache TCL (Triggered Operations Language) und unmittelbar bei der Eingabe in Entscheidungstabellen übersetzt, die ebenfalls im Dictionary gespeichert werden.

Das System bietet ferner einen automatischen Bildschirmaufbau, einen Reportgenerator, automatische Dokumentation und Online-Help-Funktionen sowie "Quix", eine nonprozedurale Abfragesprache für den Endbenutzer. Der Preis für Sapiens liegt je nach Konfiguration etwa zwischen 180 000 und 500 000 Mark.

Die Vermarktung des Systems hat für den deutschsprachigen Raum die neugegründete Systor-Sapiens AG, Zürich, übernommen. Hauptaktionäre der neuen Aktiengesellschaft sind das Schweizer System- und Softwarehaus Systor AG und die Londoner Eurosoft Ltd., die auch die Europa-Lizenzen an diesem Produkt hält.