Organisation muß sich an die Logik der Standardpakete anpassen, denn:

SW-Änderungen haben oft verheerende Folgen

09.10.1987

Standardsoftware ist besonders wartungsfreundlich. Durch Änderungen in den Programmen wird dieser Vorteil jedoch oft verschenkt. Denn solche Modifikationen ziehen leicht Konsequenzen nach sich, die überhaupt nicht abzusehen sind; ein erhöhter Wartungsaufwand kann noch als das kleinste der möglichen Übel gelten. Heike Leitner* plädiert deshalb für ein vielfältiges Produktangebot. das SW-Anpassungen weitgehend überflüssig macht.

Standardsoftware wird mit Hilfe moderner Engineering-Methoden und aufgrund langer Erfahrungen konzipiert. Aber häufig erfährt diese ursprüngliche Planung an einigen Stellen Änderungen - meist des halb, weil eine Organisation sich nicht umstellen will. Auf diese Weise ist der SW-Wildwuchs meist schon vorprogrammiert. Standardsoftware bleibt also nur so lange wartungsarm, wie nicht an der Philosophie des Standards vorbeiorganisiert wird.

Kommt beispielsweise ein Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS) als Standardsoftware zum Einsatz, sollten die vorhandenen Artikelstammdaten, Stücklisten und Arbeitspläne möglichst unverändert übernommen werden. Meist ergeben sich jedoch hier schon die ersten Modifikationen. Und dann wird sehr viel Aufwand betrieben, um Bridge-Programme zu schreiben und die Oberfläche der gekauften Standardsoftware dem Betrieb anzupassen.

Man sollte weder ein PPS-Produkt, das eine variantenabhängige Fertigung zuläßt, für eine variantenunabhängige Fertigung einsetzen noch umgekehrt. Im ersten Fall muß nämlich das Softwarehaus viel Arbeit und der Anwender entsprechend viel Geld dafür investieren, die sogenannten goldenen Türklinken wieder zu entgolden. Anschließend weiß der Kunde dann nicht mehr, warum er so viel für ein Produkt bezahlt hat das er bei einem anderen Hersteller sicher billiger bekommen hätte.

Der zweite Fall ist sogar noch zeitund kostenintensiver. Denn die Modifikationen die sich hier ergeben, wirken sich so aus, als wären Fehler aus der Planungsphase erst in der Einführungsphase bemerkt worden.

Solche Änderungen haben oft verheerende Folgen. Im simpelsten Fall bedarf nur eine Datenstruktur der Anpassung, und an einigen Stellen des Gesamtpaktes wird eine entsprechende Änderung erforderlich. Aber auch diese einfachste Möglichkeit zieht eine lange Durchlaufzeit der geänderten Programme nach sich; denn die Logik wurde in den Programmen lediglich angepaßt, jedoch nicht den neuen Datenstrukturen entsprechend modifiziert.

Aus Software-technischen Gründen - es sei nur an das Geheimnisprinzip erinnert, das bei solchen Aktionen verletzt werden muß - führt eine grundlegende Änderung zwangsläufig zu einer Aufwandserhöhung in der Wartungsphase. Gerade in Standardprogrammen sollte darauf geachtet werden, daß nicht schon die einfachsten Anpassungen an Firmengegebenheiten zu einem hohen Wartungsaufwand führen. Der Druck von Rechnungen, die Stellenzahl in Abstimmprogrammen, die Übernahme von Daten aus laufenden Anwendungen - all das sollte durch Parameter gesteuert werden oder durch Kenntnis der Schnittstellen leicht zu realisieren sein.

In naher Zukunft müßte es endlich möglich sein, aufgrund der ständig wachsenden Vielfalt von Standardprodukten ein System auszuwählen das nach der Einführung in der Praxis nicht mehr zahlreiche Änderungen nach sich zieht.

* Heike Leitner ist Geschäftsführerin der Nortech Mess-System GmbH, Hannover.