IBM-Entwickler sind in der Nähe des absoluten Nullpunktes angelangt:

Suprastrom durchtunnelt schwache Verbindung

29.05.1981

STUTTGART (pi) - Die Grenzen der Physik erreichte IBM im Watson-Forschungszentrum. Bei Forschungsarbeiten am Prototyp eines Computers mit Squid-(Superconducting Quantum Interference Device-)Elementen gelang nach IBM-Angaben, gleichsam als Nebenprodukt, die Herstellung supraleitender Magnetometer aus Josephson-Elementen. Diese Meßelemente seien in der Lage, Magnetfeldänderungen in der Größe eines Billionstel des Erdfeldes bei Frequenzen über 10 Kilohertz zu messen. Die Computerentwickler denken auch über die Nutzung des Josephson-Effektes Intensiv nach.

Die Herstellung von Squids mit "Josephson-Tunnel-Kontakten" basiert zu einem großen Teil auf einer Technologie, die bei IBM entwickelt wurde, um den Prototyp eines supraleitenden Computers mit Squid-Elementen in Speicher- und Logik-Schaltungen herzustellen. Weiter heißt es in der hier verkürzt wiedergegebenen IBM-Information über die Squid-Technologie, daß diese aus Bleilegierungen bestehenden Tunnel-Kontakt-Squids ein um den Faktor 30 geringeres Rauschen als früher die beste Ausführung eines solchen Elementes zeigen. Mit einem Tunnel-Kontakt-Squid, das auf supraleitendem Niobium basiert, konnte diese Leistung ebenfalls erreicht werden. Supraleitendes Niobium weist darüber hinaus eine außergewöhnliche Beständigkeit auf.

Eine andere Squid-Technologie verwendet die von IBM erst vor kurzem entwickelte Möglichkeit, Metallstreifen von acht Nanometer Breite mit hochauflösender Elektronenstrahl-Lithographie herzustellen. Die darauf basierenden ultrafeinen "Nanobrücken"-Squids aus supraleitendem Niobium zeigen eine Verbesserung um den Faktor 2 gegenüber den Tunnel-Kontakt-Squids, wenn man bei einer Temperatur von 4,2 Kelvin (etwa minus 269 Grad Celsius) mißt.

Die hier beschriebenen Squids bestehen aus zwei Josephson-Elementen, die mit einem Dünnfilm-Ring aus supraleitendem Metall verbunden sind. Jedes Josephson-Element hat zwei supraleitende Elektroden, die durch eine "schwache Verbindung" getrennt sind. Diese "schwache Verbindung" kann entweder eine sehr dünne Isolierschicht sein, die sich sandwichartig zwischen den Elektroden befindet, um einen Tunnel-Kontakt herzustellen (Tunnel-Kontakt-Squids), oder ein ultrafeiner schwach supraleitender Streifen zwischen in der gleichen Ebene liegenden Elektroden, um eine Nanobrücke zu bilden (Nanobrücken-Squids). Die "schwachen Verbindungen" geben den Anstoß für die sogenannten Josephson-Koppel-Effekte, indem sie es den Supraströmen von Elektronenpaaren ermöglichen, bis zu einem maximalen Suprastrom von einer Elektrode zur anderen zu "tunneln".

Die Arbeitsweise von Squids basiert auf diesen Josephson-"Tunneln" und der Quantisierung des magnetischen Flusses. Befindet sich der supraleitende Ring in einem externen Magnetfeld, so entstehen in dem Ring Supraströme, wobei der Netto-Magnetfluß (Magnetfeld mal Fläche) durch die Ebene des Ringes Werte annimmt, die nur ganzzahlige Vielfache einer fundamentalen Einheit des Magnetflusses sein können. Man nennt diese Einheit "Flußquant". Wesentlich ist nun, daß außerhalb der Squids liegende Felder den Suprastrom beeinflussen können: Sie ändern den Maximalwert des Suprastroms, der in den Squids existieren kann. Größere Ströme als dieser kritische Suprastrom veranlassen die Squids, wieder in den nichtsupraleitenden oder Spannungszustand zurückzufallen.