IBM prophezeit neues Computerzeitalter

Superschnelle Halbleiter mit ballistischen Elektronen

02.02.1990

COLLEGE PARK, MARYLAND/STUTTGART (CW) - Eine außergewöhnliche Entdeckung machte jetzt ein Forscherteam der IBM in Yorktown Heights/USA: Ballistische Elektronen lassen sich bei sehr tiefen Temperaturen in Gallium-Arsenid fokussieren und steuern. Damit sei ein neuer Weg für die Entwicklung superschneller Computerelektronik gefunden.

Bei Versuchen im IBM-Forschungszentrum Thomas J. Watson in Yorktown Heights fand man heraus, daß sich ballistische Elektronen durch ultradünne Gallium-Arsenid-Schichten mit einer Geschwindigkeit von größer als 1,6 Millionen Kilometer pro Stunde bewegen lassen.

Dies entspricht mehr als einem Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit. Mittels dieser Technik ist es nach Angaben von IBM denkbar, gerichtete Elektronenstrahlen in Computerschaltkreisen zu nutzen und die heute existierenden Grenzen der Geschwindigkeit von Elektronen in Halbleitern zu überwinden .

Bei Abkühlung des Halbleitermaterials auf eine Temperatur von minus 232 Grad Celsius kann die mittlere freie Weglänge, die Elektronen im Halbleiter zurücklegen, verlängert werden.

Die Bewegung der Atome wird dadurch beträchtlich verringert, und gleichzeitig wird die Wahrscheinlichkeit einer Kollision mit Elektronen vermindert. Bei den Versuchen in der IBM-Forschungsstätte wurde die mittlere freie Weglänge auf einen Mikrometer vergrößert.

Zu ihrer Überraschung stellten die Wissenschaftler fest, daß die ballistischen Elektronen bei der Überwindung dieser relativ großen Distanz unter bestimmten Bedingungen ihre ursprüngliche Geschwindigkeit beibehalten.

Daß sich auch der Weg der ballistischen Elektronen steuern läßt, fanden die Forscher in einer weiteren Versuchsreihe heraus. Dabei wurde eine Differentialspannung zwischen den Metallelektroden eines Halbleiters angelegt. Das Ergebnis: Die Elektronen lassen sich über eine Distanz von zwei Mikrometer bis zu 60 Grad aus ihrer ursprünglichen Bahn lenken. +