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Suns Open-Source-Lizenz hat Tücken

03.12.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems hat der Open Source Initiative (OSI) den Entwurf einer eigenen Variante einer Open-Source-Lizenz vorgeschlagen. Die "Common Development and Distribution Licence" (CDDL) wird nun von der OSI begutachtet, einer Organisation die für die Zulassung von Open-Source-Lizenzen zuständig ist.

Die CDDL baut auf die "Mozilla Public Licence" (MPL), Version 1.1, aus dem Jahre 1998 auf. Sie gestattet es Entwicklern, Sourcecode einzusehen, zu verändern und weiter zu verbreiten. Modifikationen des Codes müssen als Open Source wieder unter der CDDL öffentlich gemacht werden. Doch der umfangreiche Lizenzvertrag birgt einen Haken, wenn es um die Vermengung von CDDL-geschützten Code mit Programmteilen unter anderen Lizenzen geht.

Kein Problem besteht bei der Kombination mit Code unter der MPL oder davon abgeleiteten Lizenzformen. Hingegen gibt es eine Barriere zu Linux unter anderen Open-Source-Programmen, die unter der General Public Licence (GPL) stehen. "Die CDDL ist voraussichtlich nicht verträglich mit der GPL, denn sie enthält Anforderungen, die in der GPL nicht bestehen", schreibt Claire Giordano, ein Mitglied von Suns CDDL-Team, in einer Erläuterung zu Entwurf. "Daher ist es wahrscheinlich, dass Files, die unter der CDDL erschienen sind, mit Files unter der GPL kombiniert werden können, um ein größeres Programm zu erstellen." Damit wäre beispielsweise ausgeschlossen, dass Linux von den Multiprozessor-Fähigkeiten von Solaris profitieren könnte.

Der OSI-Vorsitzende Eric Raymond lehnt momentan jede Stellungnahme zum CDDL-Entwurf ab. Allerdings hat sich der auf Urheberrecht spezialisierte Anwalt und OSI-Berater Larry Rosen skeptisch geäußert: "Am Ende stehen wir vor einem Haufen kleiner Softwareteile, die nicht kombiniert werden können. Es ist in der Tat ein Problem, dass Softwaregruppen entstehen, wenn jede Firma ihre eigene Umgebung hat." Auch der Anwalt Mitchell Baker, Autor der MPL, äußerte Bedenken vor Fallen in den verstrickten Formulierungen der CDDL.

Der Sun-Vorschlag könnte eine Debatte über den Sinn der verwirrend zahlreichen unterschiedlichen Open-Source-Lizenzen auslösen. Die Schutzklauseln könnten die Gefahr des "Forking", der Entstehung letztlich inkompatibler Entwicklungslinien, heraufbeschwören. Erinnerungen an die Fraktionierung von Unix werden wach. Die Linux-Community dürfte von den zu GPL-Software aufgebauten Barrieren ohnehin nicht begeistert sein.

Es ist nicht auszuschließen, dass sich die geplante Freistellung des Sun-Betriebssystems Solaris 10 weiter verzögert. Das war ursprünglich für Ende dieses Jahres geplant, doch inzwischen von Sun auf den 17. Januar 2005 verschoben. Ein Firmensprecher wollte nun nicht einmal bestätigen, dass die CDDL für Solaris oder ein anderes Sun-Produkt vorgesehen sei. (ls)