Antwort auf Microsofts .NET heißt ONE

Suns neues Framework enthält nur Altbekanntes

09.02.2001
MÜNCHEN (fn) - Mit "Open Net Environment" (ONE) stellt Sun keine revolutionäre neue Technologie vor, sondern verklammert und ergänzt in erster Linie bestehende Produktlinien. Die Strategie der Kalifornier zielt - wie die der Konkurrenten - auf Web-Services ab.

Die Ankündigung erfolgte acht Monate, nachdem Erzrivale Microsoft sein .NET-Evangelium verkündete hatte. Auch Oracle, IBM und Hewlett-Packard hatten Pläne für Netzdienste lange vor dem Debüt des Nachzüglers präsentiert.

Suns ONE ist eine Sammlung von größtenteils bereits vorhandenen Produkten, die Service-Provider in die Lage versetzen sollen, Netzdienste anzubieten. Darunter versteht der Hersteller Anwendungen, die auf Servern im Web laufen, untereinander Daten austauschen und mit dem Endbenutzer am PC, Handy, PDA oder sonstigen Endgeräten kommunizieren, ohne dass dieser dazu Programme installieren muss. Der private Konsument oder Firmenkunde soll befähigt werden, Software in Verzeichnissen aufzustöbern, gegen eine Mietgebühr zu nutzen und nach seinen Bedürfnissen zu kombinieren.

In ONE fließen die Iplanet-Server, die Produkte der gekauften Softwareschmiede Forté sowie die der ebenfalls übernommenen Star Division ein. Mit diesen Tools sollen Diensteanbieter eigene Web-Services entwickeln, ihren Kunden zur Verfügung stellen und entsprechend tarifieren. Obwohl Sun viele Komponenten schon heute als Einzelprodukte vermarktet, wird das komplette Framework einschließlich neuer Produkte und Schnittstellen-Techniken nicht vor 2002 verfügbar sein. Brandneu ist auch der Name nicht: Bereits vor fünf Jahren hatte Sun-Partner Netscape seine InternetAnwendungen als "Open Network Environment" bezeichnet.

Wie bei anderen Ansätzen spielt die Extensible Markup Language (XML) auch in Suns ONE eine wichtige Rolle. Während das Microsoft-Management für sich in Anspruch nimmt, einen sprachunabhängigen Ansatz zu verfolgen, setzen die Kalifornier vor allem auf das hauseigene Java. Im Mittelpunkt des ONE-Konzepts steht unter anderem das Entwicklungswerkzeug "Forté for Java", das künftig ein Komponentenmodell auf Basis von Enterprise Javabeans (EJB) erhalten soll. Erstaunlicherweise erwähnt Sun in diesem Zusammenhang die "Java Intelligent Network Infrastructure" (Jini) nicht, die ursprünglich Geräte aller Art miteinander vernetzen soll, um die es aber mittlerweile sehr ruhig geworden ist.

Wohl um Kritiker zu beruhigen, sollen auch De-facto-Standards wie das Simple Object Access Protocol (Soap), Universal Description, Discovery and Integration (UDDI) sowie die Web Services Description Language (WSDL) in ONE einfließen. Darüber hinaus plant der Hersteller, innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Handvoll Server-Programme zum Einrichten von Web-Portalen und Web-Shops sowie zur Online-Transaktionsverarbeitung auf den Markt zu bringen.

Bekanntlich vergeht kein Sun-Event, ohne dass Firmenchef Scott McNealy gegen Microsoft schießt. So verballhornte er die Strategie des Rivalen als ".NOT" und warnte Entwickler davor, sich in die Abhängigkeit von der Windows-2000-Plattform zu begeben. Ebenso würden Programmierer durch Produkte wie "Active Directory" und "Biztalk Server" vollständig vom Softwarekonzern vereinnahmt.

Die Polemik ändert jedoch nichts daran, dass Sun an seinem Ruf als Softwarelieferant noch arbeiten muss. Bisher betrachtete das Unternehmen die weiche Ware lediglich als Dreingabe zur hauseigenen Hardware.