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Sun verstärkt Linux-Engagement

08.02.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems will im Rahmen einer neuen Initiative künftig das Open-Source-Unix Linux auf breiterer Front und öffentlicher als bisher unterstützen. Dazu wird der Konzern auch sein Portfolio von Intel-basierten Servern deutlich erweitern.

Sun ist damit der letzte große Server-Anbieter, der nun offiziell in Richtung Linux einschwenkt - auch wenn sich President und COO (Chief Operating Officer) Ed Zander gestern nach Kräften bemühte, den Strategiewechsel herunterzuspielen. Zander erklärte, die Ankündigungen dienten eher einer Klarstellung. "Letzten Endes müssen Anwender neue Services schnell entwickeln und in ihrem Firmennetz oder dem Internet anbieten können", so Zander. "Wir verstärken unsere Solaris-Entwickler nun durch die Linux-Community und die fast drei Millionen Java- und XML-Entwickler und bieten unseren Kunden damit Zugriff auf die größte Bandbreite an Innovationen in der ganzen Industrie."

Mitte dieses Jahres will Sun demnach neue Allzweck-Server mit einem und mehreren x86-Prozessoren auf den Markt bringen, die mit einer vollen Linux-Distribution - möglicherweise einer eigenen - als Betriebssystem arbeiten. Diese sollen die hauseigenen Sparc-basierten Midrange- und Highend-Server durch "Randdienste" ("Edge Services") für Arbeitsgruppen oder kleinere Außenstellen ergänzen.

Daneben sind eine ganze Reihe flankierender Maßnahmen geplant:

  • Das Angebot der schon immer Linux-basierten "Cobalt"-Appliances will der Hersteller "dramatisch" erweitern.

  • Die gesamte Infrastruktur für die ONE (Open Network Infrastructure), Suns Gegenentwurf zu Microsofts .NET, soll auch für Linux angeboten werden.

  • Das hauseigene Unix-Derivat Solaris soll verstärkt kompatibel zu Linux-Applikationen werden. Für Solaris 8 gibt es nun das LinCAT (Linux Compatibility Assurance Toolkit); Solaris 9 wird weitere eingebaute Linux-Befehle, Utilities und Schnittstellen beinhalten.

  • Sun will sich stärker an der Linux-Weiterentwicklung beteiligen und unter anderem neue Komponenten zum Kernel beitragen. Aktuell veröffentlichte das Unternehmen "ABIcheck", ein Tool, das Entwicklern dabei helfen soll, ihre Anwendungen mit unterschiedliche Linux-Releases kompatibel zu machen.

  • Im Rahmen des Authentifizierungs-Projekts "Liberty" von Sun entwickelte Schlüsseltechniken sollen unter Open-Source-Lizenz veröffentlicht werden.

  • Der GNOME-Desktop wird ab Version 2.0 bevorzugter Desktop für Solaris.

  • Linux soll für die "Storedge"-Speichersubsysteme und -software unterstützt werden.

  • Für den TK- und Embedded-Markt wird Sun Linux aktiv als Betriebssystem auf seinen Sparc-Servern supporten. Dabei sind unter anderem Marketing-Kooperationen mit Suse und Lineo geplant.

Zander widersprach daneben Vermutungen, Sun habe Solaris auf Intel zugunsten von Linux aufgegeben (Computerwoche online berichtete). "Wir haben einfach festgestellt, dass es dafür nicht genügend OEMs gab", erklärte der zweite Mann hinter Scott McNealy (der Konzernchef trat übrigens zeitgleich vor Finanzanalysten eigens im Tux-Kostüm auf). "Aber wenn uns Intel oder ein paar PC-Hersteller anrufen, dann machen wir es wieder."

Unabhängig von den Linux-Announcements stellte Suns CTO (Chief Technology Officer) Greg Papadopoulos im Rahmen einer Analystenkonferenz eine weitere strategische Initiative vor: "N1" dient der Virtualisierung von Servern und Storage, die sich künftig unabhängig von den einzelnen Systemen als großer Ressourcen-Pool verwalten lassen sollen. Dahinter steckt eine Weiterentwicklung des von Sun bereits aktiv unterstützten so genannten Grid-Computings. "N1 bietet für vernetzte Computer und Speicher das, was ein Betriebssystem in den vergangenen 20 Jahren für einen einzelnen Rechner erledigt hat", prophezeite der Sun-CTO.

IDC-Analyst Vernon Turner bezeichnete das Konzept als "Service-zentrische Infrastruktur". "Künftig verwalten Sie keine Kisten mehr, sondern Ressourcen", glaubt auch der Analyst. Turner gab allerdings zu bedenken, dass Sun mit N1 auch heterogene Umgebungen und damit Hard- und Software anderer Anbieter unterstützen müsse, wenn die Technik ein Erfolg werden solle. (tc)