COO Jonathan Schwartz krempelt das Geschäftsmodell um

Sun sucht Ausweg aus der Krise

11.06.2004
SHANGHAI (CW) - Sun Microsystems plant, seinen Kunden vorkonfigurierte Pakete aus Hardware, Software und Services im Abonnement-Modell anzubieten. Damit will der krisengeschüttelte Server-Spezialist die Abhängigkeit vom Hardwaregeschäft verringern. Um die Reichweite ihrer Plattformen im Markt zu erhöhen, denken die Sun-Verantwortlichen außerdem über Open-Source-Varianten von Java sowie des Betriebssystems Solaris nach.

"In fünf Jahren wird niemand mehr für Hardware bezahlen", prognostiziert Jonathan Schwartz, frisch gebackener President und Chief Operating Officer (COO) von Sun Microsystems, auf der Sun-Veranstaltung Network Computing 2004 im chinesischen Shanghai. Sollte sich diese Vorhersage bewahrheiten, muss sich der für Suns Tagesgeschäft zuständige Manager schnell etwas einfallen lassen. Denn nach wie vor hängt das Schicksal des kalifornischen Serverherstellers fast ausschließlich an der Hardware. Und die Geschäfte laufen schlecht: Seit nunmehr fast drei Jahren gehen die Umsätze laufend zurück.

Um diesen Negativtrend zu durchbrechen, will Schwartz das Geschäftsmodell von Sun radikal umkrempeln. Kontinuierliche Einnahmen für Software und Services sollen die Abhängigkeit vom Hardwaregeschäft verringern. Dazu will der COO den Kunden Abonnements für vorkonfigurierte Bundles offerieren. Anwender sollen die Hardware quasi kostenlos bekommen, aber jährliche Gebühren für die Nutzung von Software und Services zahlen. Schwartz hofft, langfristig rund zwei Drittel des Sun-Umsatzes aus regelmäßigen Abo-Gebühren zu bestreiten und damit das Geschäft zu stabilisieren. Zurzeit liegt der Anteil bei rund einem Drittel.

Testen wollen die Sun-Verantwortlichen das neue Modell im Speichergeschäft. Kunden sollen künftig Speicherplatz auf den "Storedge 9980"-Systemen mieten können, die Sun mit einer OEM-Lizenz von Hitachi Data Systems (HDS) vertreibt. Die Preise beginnen bei zwei Cent pro Megabyte und Jahr.

Auch die von Sun bereits im vergangenen Jahr vorgestellten Software-Bundles "Java Enterprise System" (JES) und "Java Desktop System" (JDS) sollen künftig für einen stetigen Einnahmefluss sorgen. Der Server-Software-Stack soll künftig auch unter Linux-Betriebssystemen laufen. Bislang unterstützt JES nur die Solaris-Varianten für die Sun-eigene Sparc-Architektur sowie für x86-Systeme.

Dem Anbieter zufolge wurden bislang etwa 175 000 Lizenzen des JES verkauft. Auch wenn diese Zahl auf den ersten Blick durchaus respektabel erscheint: Bei einem Preis von 100 Dollar pro Lizenz und Jahr kann das JES-Geschäft bisher nicht mehr als einen kleinen Bruchteil zum Sun-Umsatz beisteuern.

Als Anstoß für das Softwaregeschäft denken die Sun-Verantwortlichen offenbar auch über Open-Source-Modelle nach. Sun-Sprecher Russ Castranovo bestätigte, dass der Server-Spezialist daran arbeitet, den Quellcode seines Betriebssystems Solaris unter eine Open-Source-Lizenz zu stellen. Allerdings stecke man noch in der Entwicklungsphase, dämpft er vorschnelle Erwartungen. Es müssten noch jede Menge Details geklärt werden.

Auch Java könnte Sun-internen Spekulationen zufolge unter eine Open-Source-Lizenz gestellt werden. In den vergangenen Monaten hatte unter anderem Wettbewerber IBM vehement von Sun gefordert, Java zu öffnen. Die Sun-Verantwortlichen lehnten dies ab. Die Plattform sei durch den Java Community Process (JCP) offen genug. Außerdem sei zu befürchten, dass die Öffnung im schlimmsten Fall zu untereinander inkompatiblen Java-Versionen führen könnte. (ba)