Kampfpreise sollen Konkurrenz unter Druck setzen

Sun plant Comeback mit Softwareoffensive

19.09.2003
SAN FRANZISKO (CW) - Sun Microsystems baut seine künftige Softwarestrategie auf fünf integrierten Java-Paketen auf. Mit einem Preismodell, das sich an der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen orientiert, sollen Kunden dazu bewegt werden, die Software auf möglichst breiter Front einzusetzen. Analysten zweifeln jedoch daran, dass viele Anwender ihre vorhandene Infrastruktur umkrempeln werden.

"Das neue Sun Java System bekräftigt unser Engagement, komplette Computersysteme auszuliefern - quasi das ganze Auto, nicht nur die Einzelteile", erläuterte Sun-Chef Scott McNealy auf der Sun Network 2003 in San Francisco die neue Softwarestrategie. Das bringe frischen Wind für die Kunden und sei Grundlage für Suns künftiges Wachstum.

Zentraler Bestandteil der neuen Marschroute ist das "Java Enterprise System", das McNealy bereits Anfang des Jahres unter dem Codenamen "Project Orion" angekündigt hatte. In diesem Paket fasst der Server-Spezialist Produkte wie den Sun One Application Server, den Directory- und Portal-Server sowie Cluster-Software und Messaging-Programme zusammen. Der Preis richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen. Pro Jahr und Mitarbeiter soll das Java Enterprise System 100 Dollar kosten. Dafür darf es unbegrenzt eingesetzt werden. Enthalten sind Installations-, Schulungs- und Support-Dienstleistungen.

Letztere sind jedoch nur während der allgemein üblichen Bürozeiten verfügbar. Rund-um-die Uhr-Support soll einen Aufschlag von zehn Dollar kosten. Das Paket ist vorerst nur für das Sun-eigene Unix-Derivat Solaris verfügbar - sowohl für die Sparc- als auch die Intel-Version. Eine Linux-Variante soll im Frühjahr 2004 folgen.

Das erste Release des Java Enterprise System kommt bereits im November auf den Markt. In der Folge plant Sun vierteljährliche Updates des Gesamtpakets. Der Vorteil für die Kunden sei dabei neben den vereinfachten Lizenzbedingungen die bereits durch den Hersteller erledigte Integration und Abstimmung der verschiedenen Produkte, erläutert Ingrid Van den Hoogen, Senior Director im Bereich Marketing bei Sun. Allerdings werde es nach wie vor auch die Möglichkeit geben, einzelne Softwarebestandteile separat zu erwerben, versichert sie.

Ähnliche Bedingungen gelten für das seit längerem unter dem Codenamen "Mad Hatter" angekündigte "Java Desktop System". Der Softwarestack, der 100 Dollar pro Desktop beziehungsweise 50 Dollar pro Jahr und Beschäftigtem als Erweiterung des Enterprise System kostet, enthält ein Linux-Betriebssystem, die "Gnome"-Desktop-Umgebung, den "Mozilla"-Webbrowser sowie das Büropaket "Star Office". Damit wolle man den Kunden eine Alternative zu den Microsoft-Produkten bieten, erklärt Van den Hoogen. Von den ursprünglichen Plänen, komplette Desktop-Systeme mit Hard- und Software anzubieten, hat sich Sun jedoch verabschiedet. Es gebe aber Gespräche mit verschiedenen PC-Herstellern über vorkonfigurierte Rechner mit der Sun-Software.

"Für Sun-Kunden wird es nun einfacher"

Neben dem Enterprise- und Desktop-System will Sun mit dem "Java Studio" ein integriertes Paket mit Entwicklungswerkzeugen herausbringen. Die Suite, die Konnektoren, Plug-Ins und Laufzeitumgebungen enthält, kostet 1895 Dollar je Einzellizenz, beziehungsweise einem Aufschlag von fünf Dollar auf die Enterprise-System-Lizenz. Geplant sind weitere Pakete. So sollen in rund sechs Monaten das "Java Mobility System" und das "Java Card System" folgen.

Ob es Sun gelingt, mit der neuen Softwarestrategie seine schwindenden Hardwareumsätze auszugleichen, bezweifeln die Analysten. Shawn Willett von Current Analysis Inc. etwa geht davon aus, dass in erster Linie bestehende Sun-Kunden die neuen Softwareangebote nutzen werden. "Für die wird es nun einfacher." Es sei dagegen nicht zu erwarten, dass Anwender nur wegen des Preises und der einfacheren Lizenzbedingungen bestehende Infrastrukturanwendungen mit Produkten der Konkurrenz beispielsweise von IBM oder Bea umkrempeln. Allerdings könnte das vereinfachte Softwaremodell Druck auf den Wettbewerb ausüben. Davon geht auch Suns Sofwarechef Jonathan Schwartz aus: "Sun schlägt eine Schneise in den Markt und stellt IBM, Microsoft und HP in den Schatten."

Kevin McIsaac, Research Director der Meta Group, sieht den Trend zu Open-Source-Produkten als größte Herausforderung für Sun. Der Kostenaspekt sei angesichts der nach wie vor fälligen Support-Aufwendungen nicht so relevant. Wichtiger seien die Vorteile im Bereich Entwicklung, die Open-Source-Tools brächten. Da außerdem viele Kunden zurzeit in Sachen Server-Hardware Standard-Plattformen wie Intel den Vorzug gegenüber proprietären Risc-Plattformen wie Suns Sparc-Architektur gäben, könne es eng für die McNealy-Company werden. McIsaac prophezeit Sun das gleiche Schicksal wie dem einstigen Server-Spezialisten DEC, der 1999 von Compaq geschluckt wurde. "Es ist nur eine Frage der Zeit, wann so etwas passiert." (ba)