Offensive für offene Systeme

Sun gibt den Sourcecode für die Entwicklungsumgebung frei

30.11.1990

MOUNTAIN VIEW/MÜNCHEN (CW) - Im Bemühen, ihre Position als Vertreter der "Offenen-Systeme-Strategie" in der Öffentlichkeit weiter zu verdeutlichen, hat Sun Microsystems die freie Verfügbarkeit des Sourcecodes für die Entwicklungsumgebung von Open Windows bekanntgegeben. Bislang vergab Sun Microsystems lediglich den Binärcode.

Mit aller Kraft scheint der kalifornische RISC-Workstation-Hersteller die Durchsetzung seiner Hard- und Softwareprodukte als Quasi-Standard in der Industrie betreiben zu wollen. Vor kurzem erst hatte Unternehmensgründer Andreas von Bechtolsheim mitgeteilt, daß man die Offenlegung des Sparc-Befehlssatzes als Industriestandard bei der IEEE-Organisation beantragt habe.

Nun möchte Sun wohl seiner News-Oberfläche zu mehr Geltung am Markt verhelfen. Aus diesem Grund gibt das Unternehmen aus Mountain View seine Open-Windows-Entwicklungssoftware über Distributoren an Hard- und Software-Entwickler für etwa 1000 Dollar frei. Im Preis für das Open Windows-Sourcecode-Paket sind das Band, eine Dokumentation und die Source-Lizenz enthalten. Ab Januar 1991 müssen keine Lizenzgebühren mehr an Sun abgeführt werden für die Vertreibung von Anwendungen, die in Binärform mit Open Windows entwickelt wurden.

Eine einzige grafische Schnittstelle

Damit will Sun nach eigenen Worten Entwicklern eine kostengünstige Möglichkeit bieten, Open Windows auf Software-Applikationen zu übertragen, die für unterschiedlichste Plattformen geschrieben wurden, womit andererseits auch die Option eröffnet sei, auf verschiedenen Grundlagen X11/News-Software zu benutzen. Zum Open-Windows-Paket gehören zum einen der Code für das X11/News-Window-System, daneben "Open-Look"-Werkzeuge (Toolkits) und die "Openfonts"-Software mit ihrer "Typescaler"-Technologie. X11/ News umfaßt eine X-Implementation, die auf Suns News-Technologie abgestimmt ist.

Von besonderer Bedeutung für die Portabilität von Open Windows sind die beiden "Open-Look"-Softwarewerkzeuge "Xview" und "Open Look Intrinsic Toolkit" (OLIT). Mit der X-basierten Software Xview kann ein Entwickler einerseits neue Applikationen für die Schnittstelle der Open-Look-Oberfläche schreiben. Andererseits offeriert Xview die Möglichkeit, die etwa 2800 existierenden Kernel-basierten "Sunview"-Applikationen auf Window-Umgebungen von Open Look und X zu übertragen.

Sun betonte ferner, daß es Entwicklern nun möglich sein werde, sich auf eine einzige grafische Schnittstelle zu konzentrieren, da Open-Look-Toolkits von verschiedenen Herstellern für unterschiedliche Plattformen verfügbar gemacht würden. So sei innerhalb der nächsten drei Monate von DEC, HP und IBM mit entsprechenden Toolkits für Unix-Workstations zu rechnen, auch für VAX/VMS-Systeme offeriere Digital in Zukunft ein Open-Look-Werkzeug, ebenso stünde es Macintosh-Anwendern, die A/UX "fahren", zukünftig zur Verfügung.