Sun feiert Java-Jubiläum

11.05.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Doch mit der Einigkeit im Java-Lager war es schnell wieder vorbei. 1997 bekamen sich vor allem Sun und Microsoft über die Standardisierung von Java in die Haare. Die Sun-Verantwortlichen hatten sich bei der International Organization for Standardization (ISO) damit durchgesetzt, in der Rolle eines "Publicly Available Specification Submitter" die Entwicklung von Java maßgeblich steuern zu können.

Branchengrößen wie Microsoft, Intel und Compaq appellierten an Sun, die Kontrolle über die Java-Spezifikationen an ein unabhängiges Standardisierungsgremium abzugeben. Die Sun-Verantwortlichen stellten sich jedoch stur und zementierten mit den eigenen Zertifizierungsprogrammen "100% pure Java" und "Java compatible" die Kontrolle über das System.

Microsoft, das sein Desktop-Monopol durch die Möglichkeit, Browser-basierende Anwendungen mit Java zu entwickeln, bedroht sah, schleuderte Sun daraufhin den Fehdehandschuh entgegen. Der Softwarehersteller kündigte an, mit seinem "Internet Explorer 4.0" nicht die "Java Foundation Classes" (JFCs) unterstützen zu wollen. Stattdessen sollte Java mit Microsoft-eigenen "Application Foundation Classes" (AFCs) ausgestattet werden.

"Microsoft wollte nie in das Lager von Sun einziehen", urteilte damals IDC-Analyst Jeff Kinz. Der einzige Grund für das Lizenzabkommen mit Sun war, die "Kontrolle über Java zu erlangen und es zu verunreinigen". Das wollten sich die Sun-Verantwortlichen nicht gefallen lassen. Im Oktober 1997 beschuldigten sie Microsoft des Verstoßes gegen die Lizenzverträge und zerrten den Konkurrenten vor Gericht.

Java versus .NET Analysten glauben, dass die Zukunft den beiden Programmiermodellen Java und .NET gehören wird. Während die Microsoft-Plattform laut Gartner vor allem in kleineren und mittleren Betrieben die Oberhand gewinnen wird, bilde Java die Grundlage für groß-kalibrige Enterprise-Applikationen. Auch Randy Heffner von Forrester rechnet damit, dass beide Plattformen langfristig überleben werden. Zwar favorisierte im vergangenen Jahr mit 56 Prozent die Mehrzahl der 322 befragten US-amerikanischen IT-Entscheider die .NET-Plattform. Jedoch komme Java, das 44 Prozent als bevorzugte Entwicklungsumgebung benannten, vor allem in größeren Unternehmen mit höheren IT-Budgets zum Zuge. Die Gerichtsverfahren zogen sich mit Unterbrechungen über Jahre hin. Sun-Chef Scott McNealy wurde nicht müde, den Konkurrenten aus Redmond als Ausgeburt des Bösen zu verteufeln. Die Microsoft-Verantwortlichen ließen sich von den Tiraden des Sun-CEO allerdings nicht beeindrucken und widersetzten sich allen Bemühungen, sich auf einen Sun-konformen Kurs bringen zu lassen. Die IT-Branche gewöhnte sich an den Dauerstreit. Klagen, Urteile und Revisionsverfahren sorgten kaum mehr für Aufsehen.

Bis Anfang April 2004: Völlig überraschend traten McNealy und Microsoft-CEO Steve Ballmer an die Öffentlichkeit und verkündeten das Ende aller Streitigkeiten. Knapp zwei Milliarden Dollar bekam Sun für die Beilegung aller laufenden Prozesse aus Redmond überwiesen. Feixend und scherzend versicherten sich die einstigen Erzfeinde ihrer gegenseitigen Hochachtung und gaben eine zehnjährige Technikpartnerschaft bekannt. So sollen Schnittstellen offen gelegt und Techniken gegenseitig lizenziert werden, um die Interoperabilität beider Welten zu verbessern.Microsoft bedient sich