Streit um Reform der Telefontarife entbrannt Telekom sucht das Kraeftemessen mit Postminister Wolfgang Boetsch

24.12.1993

MUENCHEN/BONN (CW) - Nach der Zustimmung des Telekom-Aufsichtsrates zu den vom Vorstand vorgelegten Plaenen fuer eine Reform der Telefontarife scheint sich zwischen dem Bonner Carrier und dem Bundesministerium fuer Post und Telekommunikation eine harte Auseinandersetzung anzubahnen.

Das "Tarifkonzept 96" des Postunternehmens sieht vor, ab 1996 guenstigere Konditionen fuer Geschaeftskunden sowie eine Verteuerung der Orts- und Nahtarife bei gleichzeitiger Tarifsenkung fuer Fern- und Auslandsgespraeche einzufuehren. So sollen vor allem die Ortsgespraeche um durchschnittlich zehn Prozent teurer werden.

Stein des Anstosses ist aber nach einem Bericht der "Sueddeutschen Zeitung" vor allem, dass vorsteuerabzugsberechtigte Firmenkunden aufgrund des im Konzept vorgesehenen Verzichts der Telekom, die im Zusammenhang mit Telefonumsaetzen abzufuehrende Mehrwertsteuer auf ihre Kundschaft abzuwaelzen, mit einer effektiven Tarifsenkung von 13 Prozent rechnen koennten, waehrend andererseits die Privatkunden unter dem Strich leer ausgehen wuerden.

Obwohl die Telekom im Zuge der Tarifreform mit gravierenden Einnahmeverlusten in Hoehe von rund 13 Prozent rechnet, geht Bundespostminister Wolfgang Boetsch die angestrebte Tarifsenkung angesichts der fuer 1998 geplanten europaweiten Freigabe der Telefontarife nicht weit genug. Diese sei, so der Minister in einer ersten Stellungnahme, "voellig inakzeptabel". Der CSU- Politiker haelt vielmehr an seiner Linie fest, wonach die Gebuehren ab 1996 vier Jahre lang jeweils um fuenf Prozent gesenkt werden sollen.

Boetsch wird nun, wie in Bonn spekuliert wird, den Aufsichtsratsbeschluss der Telekom nicht in Kraft setzen und statt dessen den sogenannten Infrastrukturrat einschalten. Sollte auch dieser den Beschluss des obersten Telekom-Gremiums absegnen, kann der Bundepostminister als quasi letzte Instanz sogar das Bundeskabinett fuer eine Entscheidung bemuehen.