Streit um Personalabbau bei Infineon

28.02.2002
Von Katja Müller
Deutschlandweit entlässt Infineon 1600 Mitarbeiter. Weitere 600 Kündigungen sollen folgen. Doch der zwischen Gesamtbetriebsrat und Unternehmen ausgehandelte Sozialplan und Interessenausgleich wird nach Meinung von Belegschaftsvertretern vor allem dazu genutzt, sich von "angeblich überflüssigen oder störenden Mitarbeitern zu befreien".

„Bereits die Entlassung der Mitarbeiter in der Probezeit fand unter unzumutbaren Umständen statt“, sagt Rudolf Steinberger, Infineon-Betriebsrat in München-Perlach. Unter den 400 Betroffenen befanden sich nicht nur Mitarbeiter aus den USA, die dort ihre Existenz aufgegeben hatten, sondern auch etwa 13 Green-Card-Inhaber, von denen einige wieder in ihre Heimat zurückkehren mussten.

Dabei inszenierte der Siemens-Halbleiterableger laut dem Verein der Belegschaftsaktionäre noch bis Mitte des vergangenen Jahres eine große Werbeaktion, um neues Personal zu rekrutieren; sogar Kopfprämien schrieb das Unternehmen für jeden neu gewonnenen Mitarbeiter aus. Vereinssprecher Bernd Heise warf dem Vorstand auf der Hauptversammlung am 22. Januar vor, nicht rechtzeitig auf die Krise in der Halbleiterindustrie reagiert zu haben: „Ein Großteil des Personalabbaus wäre aus unserer Sicht vermeidbar gewesen.“

Doch nicht nur diese unternehmenspolitischen Aktivitäten sind dem Perlacher Betriebsrat ein Dorn im Auge. Im Zuge weiterer Kündigungen trifft es laut Steinberger auch sozial schwache Mitarbeiter im Bezirk Perlach. So seien beispielsweise 14 der 18 Betroffenen über 15 Jahre bei Infineon, hätten mehr als zwei Kinder und wären alleinverdienend. „Wenn die vor das Arbeitsgericht ziehen, werden sie gewinnen“, prophezeit Steinberger.

Personal-Chef Busch: "Abwicklung läuft nach Plan"

Der Grund für seinen Optimismus: Im Interessenausgleich und dem Betriebsverfassungsgesetz ist festgeschrieben, dass zuerst die sozialstarken, beispielsweise kinderlose, sowie erst vor kurzem eingestellte Mitarbeiter entlassen werden müssen. Die aber stehen nicht auf der Kündigungsliste. Steinberger: „Infineon will junges, flexibles Personal, dem das Unternehmen niedrige Gehälter bezahlen kann.“