Streicheleinheiten für frustrierte DV-Mitarbeiter

07.10.1983

Softwerker fühlen sich oft nicht genügend gefordert. Mehr als die Hälfte ihrer Analyse- und Programmierarbeit empfinden sie als langweilig und wenig effektiv. Dies kam bei einer Studie heraus, die Wissenschaftler der Universität Colorado durchgeführt haben. Nicht viel anders scheint es in den DV-Abteilungen hierzulande auszusehen. So manchem Datenverarbeiter ist der Pioniergeist im Laufe der Jahre abhanden gekommen, seine Tätigkeit wurde zur Routine und obendrein erhält er zu wenig Feedback über die Auswirkungen seiner Arbeit. Kurzum: Er will motiviert werden. Jetzt liegt es am Vorgesetzten, die Zufriedenheit seiner Leute und damit auch ihre Produktivität ansteigen zu lassen. Dabei sollte der DV-Leiter nicht vergessen, meint Hans-Joachim Mährländer, daß Anerkennung und Lob auch in seinem Bereich von entscheidender Bedeutung sind. Streicheleinheiten bemessen sich nicht nach Mark und Pfennig. ih

Uwe Weiler

Dipl. rer. soc., Schmitten/Taunus

In vielen Unternehmen wird auch im Zusammenhang mit der weltweiten Technisierung von Arbeitsplätzen insbesondere im Verwaltungsbereich oft die Frage der Überforderung und der psychischen Belastbarkeit von Mitarbeitern diskutiert.

Überforderung wird dabei nicht nur unter dem Aspekt möglicher negativer Folgen für den einzelnen sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Motivations- und Produktivitätsverlustes gesehen.

Ein für die Produktivität ähnliches, aber in der Regel weniger diskutiertes Problem liegt in der Unterforderung, das heißt, daß einerseits das Qualifikationspotential der Mitarbeiter nicht ausgeschöpft wird oder die Qualifikationsentwicklung durch gezielte Forderung von Mitarbeitern "on the Job" nicht in ausreichendem Maße betrieben wird.

Das Gefühl der Unterforderung kann auch dadurch entstehen, daß Mitarbeiter die Benutzung ihrer Arbeit für die Gesamtzielerreichung nicht sehen oder falsch einschätzen. Empirische Untersuchungen zeigen, daß das Problem der objektiv empfundenen Unterforderung, die zur Frustration bis hin zur "inneren Kündigung" von Mitarbeitern auch schon in jungen Jahren führen kann, zur Beeinträchtigung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit von Organisationen führt, aber auch die individuelle Entwicklung behindern kann. Insofern hat die zitierte Studie der Universität Colorado unter dem Gesichtspunkt der Motivation sicherlich viel, bereits länger Bekanntes zu Tage gefördert und bestätigt.

Daß dies wohl auch in der Mehrzahl der Unternehmer bekennt ist, wird an den zum

Teil umfangreichen Trainingsprogrammen deutlich, die auf eine Verbesserung der Kommunikation und Kooperation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern zielen.

Eine zentrale Führungsaufgabe der Vorgesetzten liegt insbesondere bei komplexer werdenden Arbeitsaufgaben darin, dem Mitarbeiter nicht nur die Gesamtziele klarzulegen, sondern auch ihre Beiträge für die Erreichung des Gesamtzieles deutlich zu machen.

Mitarbeiter fördern heißt auch, sie in angemessener Weise zu fordern, die geleistete Arbeit entsprechend positiv anzuerkennen und damit das Erfolgserlebnis zu übermitteln, das zu weiterer Leistung motiviert. Gerade in der Zeit, wo vielerorts über Leistungsmangel und ungenutzte Mitarbeiterproduktivität gesprochen wird, sollte man sich wieder einmal auf die diesbezügliche Schlüsselrolle der Vorgesetzten besinnen.

Hans-Joachim Mährländer

Leitung Unternehmensplanung, GMO Gesellschaft für moderne Organisationsverfahren mbH, Frankfurt

Die Motivationsmöglichkeiten von DV-Mitarbeitern unterscheidet sich natürlich in keiner Weise von denen anderer Mitarbeiter im Unternehmen. Wenn trotzdem die Verhältnisse häufig anders liegen, so liegt das an der Entwicklung der DV-Abteilung im Unternehmen selber. Die Pionierzeiten sind noch nicht so lange vorbei. Und Pioniergeist birgt in sich soviel Motivation, daß es überflüssig wäre, jemanden gesondert dafür zu bezahlen. Diese Pionierzeit war zusätzlich gepaart mit, einem absolut hohen Stellenwert der

DV-Abteilung im Unternehmen. Sie bestimmte die Richtlinien der Rationalisierungspolitik. Damit verbunden war ein entsprechend hohes Ansehen des DV-Cracks. Aber all dies ist Vergangenheit. Die DV ist eine normale Dienstleistungsabteilung und die Fachabteilungen sind mündig geworden. Sie bestimmen ihren eigenen Bedarf, fordern Leistungen an und sind nicht selten unzufrieden mit dem, was die DV ihnen bietet. Zurück bleibt häufig ein personalführungsmäßiges Vakuum, das es schleunigst auszufüllen gilt.

Da gibt es nichts Neues zu erfinden, schlimmstenfalls ist nachzuarbeiten. Das alles beginnt bei der Führungsstruktur. Nicht jeder ist zur Führung befähigt, und wenn er es ist, braucht er Zeit dazu. Personalführung kann man nicht nebenbei erledigen. Personalverantwortung ist die schwerste der Verantwortlichkeiten. Sind die Voraussetzungen nicht gegeben, sind die Führungsspannen zu groß, dann lohnt es nicht, über weitere Maßnahmen nachzudenken. Was motiviert nun einen Mitarbeiter? Was motiviert uns alle? Erstens: Die Arbeit muß Sinn machen. Dazu gehört ganz wesentlich, daß ihr Stellenwert im gesamtunternehmerischen Tun erkennbar ist. Eine offene Informationspolitik über Strategien und Absichten der Abteilung und des Gesamtunternehmens tut also not. Dazu gehört auch, daß keiner gerne unnütze Arbeit macht und insoweit auch gerne produktiv ist. Man muß Anerkennung finden. Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns muß auch von anderen speziell den Personalvorgesetzten bestätigt werden können. Lobhudelei ist dabei genauso wenig angebracht wie beißende Kritik. Wichtig ist, daß der Prozeß der Anerkennung und konstruktiven Kritik auf klar vereinbarten und akzeptierten Arbeitszielen quantitativer und qualitativer Art beruhen. Die Erreichung dieser Arbeitsziele muß abgesichert sein durch einen Ausbildungsplan. Das macht mehr Sinn und motiviert stärker als das "Mal-Wieder-auf-die-Schule-Schicken".

Drittens, man darf nicht überfordert werden, muß sich aber persönlich weiterentwickeln können. Führung und Motivation muß auf formale, etablierte Prinzipien, Programme und auch spontane informelle Interaktion verteilt sein. Die Programme sind das Korsett, das Sicherheit und Objektivität vermittelt. Dazu gehören schriftliche Arbeitsziele zu Jahresbeginn, ein schriftlicher Ausbildungs- und Entwicklungsplan ein formales Feedback-Gespräch mit Beurteilung am Ende der Beurteilungsperiode und ein transparentes Gehaltsfindungssystem zu festen Terminen.

Die rasante technologische Entwicklung im Hard-/Softwarebereich erfordert eine zusätzliche DV-spezifische Komponente, nämlich das Innovationsmanagement. Es ist nämlich völlig unmöglich und oft sogar gefährlich, alle Mitarbeiter auf dem gleichen technologischen Niveau halten zu wollen. Neuerungen rissen in Innovationsecken begonnen und langsam in die eigene Organisation getragen werden. Die erfordert ein sehr sensibles und kreatives Personalmanagement, um die Glockenkurve zwischen innovationsfreudigen und innovationshemmenden Mitarbeitern im Gleichgewicht zu halten.

Klaus Jürgen Kupka

Leiter Org.-/DV, Elida Gibbs GmbH, Hamburg

War zuerst die Henne da und dann das Ei oder umgekehrt? Die Frage, ob Produktivität Zufriedenheit erzeugt oder aus einer inneren Zufriedenheit eine erhöhte Produktivität folgt, ist meines Erachtens bisher wissenschaftlich nicht gelöst. Im Gegenteil, es ist doch auch tägliche Erfahrung, daß aus Streßsituationen besonders produktive Leistungen entstehen. Unabhängig von diesen Beobachtungen ist die Frage nach der Steuerung der Produktivität der Mitarbeiter bei aller Problematik der objektiven Meßbarkeit - für jeden Vorgesetzten eine dauernde Aufgabe. Aus meiner Sicht ist Produktivität jedoch individuell zu differenzieren. Es kommt dabei auf den Einsatz des Mitarbeiters entsprechend der spezifischen Fähigkeiten an und der Aufgaben an, die gelöst werden müssen. Produktivität mit der Anzahl geschriebener Programmvorgabeseiten oder kodierter Statements oder per Bildschirmmaske messen zu wollen, ist wohl ein zu einfaches und verfälschtes Mittel.

In der amerikanischen Studie geht es weniger um die Meßbarkeit der Produktivität als um die Faktoren und Maßnahmen, die die Produktivität der DV-Fachleute erhöhen könnten. Um die Kurve ansteigen zu lassen, "müssen, allerdings die Bedeutung der jeweils zugeteilten Arbeit erhöht werden". Dieser Forderung kann ich mich aus der Praxis heraus nicht anschließen. Natürlich ist es notwendig, einen sehr abstrahierenden "Softwork" den realen Bezug zum Firmengeschehen zu vermitteln. Dabei geht es aber nicht darum, den Teilaspekt der Softwarearbeit höher zu punkten, sondern die reale Bedeutung und Wertigkeit der Funktion innerhalb des Gesamtkonzeptes zu verdeutlichen.

In diesem Zusammenhang erscheint es mir wichtig, daß dem Mitarbeiter nicht nur die Wertigkeit seiner Arbeit vermittelt wird, sondern gleichzeitig darauf hingewiesen wird, daß er mit dieser Aufgabe auch Verantwortung übernimmt. Um dieser gerecht werden zu können, müssen dem Mitarbeiter aber auch entsprechende Freiheitsgrade für Entscheidungen innerhalb seines Arbeitsbereiches eingeräumt werden. In der Studie wurden fünf Faktoren aufgezeigt, die aus Mitarbeitersicht bei positivem Befund zu innerer Motivation, Zufriedenheit und Erfüllung führten und Unlust und Bummelei verminderten.

Unterstützend zu den aufgeführten Punkten ergeben sich für den DV-Alltag Erkenntnisse, die für den Kreislauf Motivation, Produktivität, Zufriedenheit für den DV-Chef von Bedeutung sein können. Informationen, die den Mitarbeitern gegeben werden, müssen stets klar, real und reflektierbar sein. Man kann über einen längeren Zeitraum seinen Softwerkern nichts vormachen. Dabei wird die Glaubwürdigkeit nur noch weiter unterstützt, wenn auch zugegeben wird, daß manche Aufgabe einfach erledigt werden muß, ohne daß eine besondere für den Mitarbeiter ersichtliche Qualität der Arbeit dahinter steht, für andere Bereiche der Company jedoch seine Mitwirkung sehr bedeutend sein kann. Auf der anderen Seite sind Hintergrundinformationen, sei es über Unternehmensaktivitäten, überhaupt oder über Projektfortschritte, wichtige flankierende Maßnahmen. Für besonders wichtig halte ich den Punkt soziale Kommunikation.

Durch bewußte Steuerung der Zusammensetzung des Projektteams kann häufig ein Klima geschaffen werden, das innere Motivation und Leistungswillen und letztlich dann auch Produktivität und Zufriedenheit fördert. Sehr kritisch sollten sich DV-Chefs die Frage stellen, ob den Mitarbeitern nicht öfter und auch manchmal spontan ein Feedback über ihre Arbeit gegeben werden sollte. Es reiche meines Erachtens nicht aus, sich auf das jährliche Beurteilungsgespräch zurückzuziehen.

Produktivität, Zufriedenheit, Motivation sind Stichworte der gegenwärtigen DV-Szene, über die es lohnt, sich Gedanken zu machen. Es sollte aber nicht verkannt werden, daß sich die Softwerker von heute berechtigt mehr Sorgen machen über ihr Arbeitsfeld von morgen. Immer mehr wird die Black box DV aufgeschnürt von Mitarbeitern in Fachabteilungen und sogar auf Managerebene. Der Bildschirm wächst immer näher zum Schreibtisch und damit auch das DV-Know-how in bisher DV-ferne Bereiche.

Die Sicherstellung oder Neueinordnung des Arbeitspotentials unserer DV-Mitarbeiter in der längerfristigen Zukunft scheinen mir deshalb so wichtig wie die Motivation zu einer Leistung, die in der Regel durch Eigenwollen oder Führungsunterstützung bereits erbracht wird. Durch Involvieren der Mitarbeiter in das Gesamtgeschehen, das Deutlichmachen der Position im Prozeß der technischen Entwicklung müßte es gelingen, für die tägliche Arbeit wie für die zukünftige Tätigkeit eine Basis motivierter produktiver Zufriedenheit zu erlangen.

Rolf Meyer

REFA-Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e. V., Darmstadt

An der Entwicklung der Informationsverarbeitung im Betrieb sind verschiedene Interessengruppen beteiligt.

Es sind dies in der Regel bei größeren Projekten: Benutzer oder Anwender der technischen Informationssysteme für Problemlösungen in den Fachbereichen, Mitarbeiter der Informations- und Datenverarbeitung (DV-Mitarbeiter), Führungskräfte der Betriebe, Betriebsräte und Vertrauensleute der Mitarbeiter, Hersteller der Geräte/Hardware, Hersteller der Programme/Software sowie wissenschaftliche und betriebliche Berater (Hochschulinstitute, Unternehmensberater und Verbände).

All diese Interessengruppen tragen zum Gelingen (oder auch nicht) eines Projektes zur Anwendung von Informationstechnik (DV-Anlagen) bei.

Informationstechnik soll hier neben der Datenverarbeitung auch die CAD/CAM-Systeme oder andere moderne Bürokommunikationssysteme umfassen.

Unserer Meinung nach finden die Mitarbeiter der Informations- und Datenverarbeitung (DV-Mitarbeiter) ihre Aufgaben nicht langweilig und wenig effektiv, sondern interessant und erfüllend, da die Datenverarbeitung auch heute noch einen Pionier- und Innovationsgeist erfordert wie kaum ein anderes Gebiet. Richtig ist, daß die Produktivität durch den Einsatz solcher Systeme höher sein kann, wenn die DV-Mitarbeiter die Problemstellungen der Fachbereiche besser kennen würden. Ihnen fehlt oft die Nähe zur Praxis. Zu häufig ist es das Ziel der DV-Mitarbeiter, irgendwelche technischen DV- Konzepte zu realisieren, statt bestimmte betriebliche Problemlösungen mit Hilfe Datenverarbeitung zu verfolgen.

Das Ergebnis der Studie "Ein DV-Leiter hat es in der Hand die Produktivität der Mitarbeiter zu erhöhen" kann von uns gestützt werden, wenn alle obengenannten Interessegruppen bei der Systemgestaltung partizipieren und der Handlungsspielraum (vor allem der Benutzer/Anwender) bei der Systemhandhabung groß ist.

Die Zufriedenheit der Benutzer wächst, und die Arbeitsproduktivität wird größer. Die Motivation des DV-Mitarbeiters wird sicherlich gefördert, wenn ihm die Bedeutung seiner Aufgabe am Gesamtprojekt, seine Aufgabe und Verantwortung bedeutsam für das Gelingen eines Projektes ist, es im abgestimmten Gesamtrahmen autonom handeln kann und vor allem der DV-Mitarbeiter ein Feedback über das Arbeitsergebnis erhält.

Sind die Mitarbeiter bereit und fähig, für komplexe betriebliche Aufgaben den Computer als Hilfsmittel sinnvoll einzusetzen, dann bleiben die persönlichen Erfolge nicht aus und es kann eine Produktivitätssteigerung wie in den früheren Jahren in den Produktionsbereichen auch in anderen Bereichen der Verwaltung erreicht werden.